75 Jahre danach: Todesmarsch-Gedenken in Sommerfeld muss verschoben werden

Eigentlich sollte es am 17. April in Sommerfeld eine Gedenkfeier geben. Vor 75 Jahren führte der Todesmarsch, der im damaligen Konzentrationslager Sachsenhausen begonnen hat, auch durch Hohenbruch, Sommerfeld und Beetz. Wegen der Sicherheitsmaßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus, ist die Veranstaltung aber abgesagt worden. Das teilte Kremmens Pfarrer Thomas Triebler mit. „Wir wollen zu einem späteren Zeitpunkt die Veranstaltung nachholen“, so der Pfarrer weiter. Die Idee war, dass an der Gedenktafel, die sich an der Sommerfelder Dorfstraße, direkt neben der Kirche befindet, eine Andacht stattfindet, eine kurze Gedenkfeier. Danach sollte es in die Kirche gehen, wo noch Gespräche und Vorträge zum Todesmarsch stattgefunden hätten. Reiner Tietz, der für die Linken im Kremmener Stadtparlament sitzt, sagt, warum er das Thema so wichtig findet: „Es geht uns darum, dass die öffentliche Aufmerksamkeit erhalten bleibt.“ Die Frage sei, was die Menschen 75 Jahre nach der Befreiung von der Naziherrschaft aus der Geschichte des Nationalsozialismus für die Gegenwart und Zukunft lernen können. Der Todesmarsch müsse im Gedächtnis bleiben, so Reiner Tietz weiter. Der Todesmarsch von Sachsenhausen aus begann am 21. April 1945. Etwa 30.000 Häftlinge mussten in Richtung Nordwesten laufen, um an der Ostsee auf Schiffe verladen zu werden. „Die gesamte Dorfstraße entlang gingen Hundertschaften von Menschen in gestreifter KZ-Kleidung“, erinnerte sich die Sommerfelderin Charlotte Wendicke im Jahr 2000. Man habe die ausgemergelten Gestalten gesehen, „jeweils von Wachposten vorangetrieben.“ Viele der Häftlinge seien barfuß und spärlich bekleidet gewesen – im kalten April. Seit 2000 finden in Sommerfeld alle fünf Jahre kleine Gedenkfeiern statt. „Wir müssen das Ereignis wachhalten“, sagt Pfarrer Thomas Triebler. Nicht nur als geschichtliches Ereignis, auch in Zeiten, in denen rechtsextreme Auffassungen immer mehr Verbreitung finden würden, so Triebler weiter. Zur Gedenkfeier in diesem Jahr sei Günter Morsch eingeladen gewesen. Der Oranienburger Historiker war von 1993 bis 2018 Leiter der Gedenkstätte Sachsenhausen. Pfarrer Triebler sei von einer Begebenheit, die Morsch zu berichten habe, sehr bewegt gewesen. So habe die Oranienburger Stadtverordnetenversammlung damals einen Brief an den Führer Adolf Hitler verfasst, in dem es geheißen habe, er möge das KZ Sachsenhausen weiter betreiben. Aus Sicht des Pfarrers liege da eine große Last auf der Stadt. Wirkliches Lernen geschehe durch Erfahrung, und obwohl in der DDR immer wieder der Satz „Nie wieder Faschismus“ propagiert worden sei, hätten sich gerade auch im Osten starke rechtsradikale Bewegungen entwickelt. Die Frage, so Triebler, sei: Welche Lehre könne man auch den damaligen Ereignissen ziehen? Auch biblisch gesehen seien Katastrophen immer ein großes Thema gewesen. „Wieso trifft uns das Schicksal? Was haben wir falsch gemacht?“, das seien Fragen, die die Menschen immer wieder beschäftigen, auch jetzt, während der Corona-Krise. Auch wenn es am 17. April nun keine offizielle Gedenkfeier geben wird, werde es ein stilles Gedenken geben, aber jeder für sich, so Thomas Triebler. „Es gibt keine öffentliche oder organisierte Veranstaltung, aber sicher einen Blumenstrauß.“ Auch ein spezielles Glockenläuten ist geplant. Von Robert Tiesler

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