Leegebruch: Wegen der Coronapolitik: Leegebruchs Bürgermeister Martin Rother will aus der CDU austreten

Leegebruchs Bürgermeister Martin Rother will aus seiner Partei, der CDU, austreten. Das machte er ein einer E-Mail an die Bundespartei klar, die auch die MAZ-Redaktion erreichte. Trotz (und nicht etwa „wegen“, Anm. der Red.) seiner langjährigen CDU-Mitgliedschaft und drei weiterer Bewerber sei er im Jahr 2019 im ersten Wahlgang mit 56 Prozent ins Amt gewählt worden. „Ich empfinde die Aussage von Frau Merkel, es ist keinem Bürgermeister verwehrt, das zu tun, was in Tübingen gemacht wird’ als bodenlose Frechheit und Ausdruck der Entrücktheit der Entscheidungsträger in unserem Land - mit Frau Merkel an der Spitze“, schreibt Rother in der E-Mail. Er spielt damit auf die dort praktizierte Modellprojekt „Öffnen mit Sicherheit“, mit dem es seit Mitte März möglich ist, etwa Theater, Geschäfte oder Restaurants wieder öffnen zu können. Voraussetzung hierfür sind Corona-Tests, die den Bürgern „Tagestickets“ ins normale Leben ermöglichen. Leegebruchs Bürgermeister führt in seiner E-Mail fort, dass er seine aktuellen Empfindungen nur in einer ,Fäkaliensprache’ richtig zu Ausdruck bringen könne. „Da Sie dann aber Ihre Bestätigung über den ,niveaulosen Pöbel’ haben, verzichte ich an dieser Stelle, meine wahren Empfindungen über das totale Staatsversagen zum Ausdruck zu bringen“, so Rother weiter. Er sei aktuell dabei, seine seit mehr als 25 Jahren andauernde CDU-Mitgliedschaft zu kündigen. „Sie sind mit Ihrem Verhalten alle daran beteiligt, unsere Demokratie nicht nur zu beschädigen sondern unumkehrbar kaputt zu machen. Leider erkennen Sie es in Ihrer ,Blase’ nicht“, schreibt Leegebruchs Bürgermeister an seine Parteifreunde. Eine Ohrfeige für seine Parteifreunde: Auch an CDU-Vertreter von der Kommunal- bis zur Bundesebene richtete Martin Rother seine E-Mail – garniert mit den scharfen Worten, die als schallende Ohrfeige an seine Parteifreunde verstanden werden dürften. „Da ich davon ausgehe, dass entsprechend der bisher praktizierten ,Nibelungentreue’ in unserer Partei zu Frau Merkel von Ihnen keine Worte über das aktuelle Geschehen zu erwarten sind, anbei meine Worte dazu an die Bundes-CDU.“ Auch an die CDU-Kreistagsabgeordnete Birgit Tornow-Wendland ging die E-Mail. „Wer Martin Rother kennt, der weiß, dass ihm das, was er schreibt, schon lange auf der Seele brennt“, erklärt sie. Der auslösende Moment, jenes Merkel-Zitat, mache nicht nur ihn „fast ohnmächtig“, sondern andere Bürgermeister auch, und zwar unterschiedlicher Couleur. „Ich bin kein Bürgermeister, aber ich kann die Reaktion nachvollziehen.“ Bei der Sitzung des CDU-Kreisvorstandes am Montag habe man genau diese Themen besprochen, man wolle sich in dieser Sache auch an die Bundes-CDU wenden. Martin Hinze, CDU-Fraktionschef in der Leegebrucher Gemeindevertreterversammlung indes wollte die Sache am Donnerstag nicht kommentieren. Von Marco Paetzel