Thema mit Zündstoff: Ist ein generelles Tempo-30-Limit auch in Oberhavels Städten vorstellbar?

Lange wurde übers Dieselfahrverbot diskutiert, nun gibt es ein neues Straßenverkehrs-Thema, das für Zündstoff sorgt. In vielen europäischen Metropolen, wie Paris, wird der Straßenverkehr immer mehr aus der Innenstadt verbannt. Auch einige deutsche Städte, wie Mainz, haben eine großflächige Tempo-30-Zone in der Stadt eingerichtet. In Berlin wird gerade getestet, wie sich eine autofreie Zone in der Friedrichstraße auf das Verkehrsgeschehen auswirkt. Bei der von den Organisationen Fridays for Future und Parents for Future Oberhavel organisierten Fahrrad-Demo, die vergangenes Wochenende von Hohen Neuendorf bis nach Oranienburg führte, wurde auch für diese Region die Forderung laut, eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde innerorts einzuführen. Die neue Straßenverkehrsordnung von 2019 würde dies auf Hauptstraßen zumindest erst einmal testweise zulassen. Radfahrer Henning Schluß aus Oranienburg würde diesen Vorschlag sehr begrüßen. „Es sprechen einfach sehr viele Argumente dafür und nur wenige dagegen“, sagt der 52-Jährige. Da wäre natürlich die bessere Luft und die geringere Gefahr von tödlichen Unfällen. Ganz entscheidend ist für ihn aber, dass alle Verkehrsteilnehmer weniger Druck verspüren würden. Henning Schluß, der nicht nur Rad, sondern auch Auto fährt, kennt den Stress, der gerade zu Stoßzeiten aufkommt. „Häufig kann man ja gar nicht schneller als 30 km/h fahren, weil der Verkehr zu dicht ist. Im Hinterkopf hat man aber immer die 50 und ärgert sich dann, dass man nicht beschleunigen kann. Also, warum macht man es dann nicht gleich offiziell und nimmt so den Druck raus?“, fragt sich der Oranienburger. In vielen Bereichen, zum Beispiel vor Schulen oder Seniorenheimen, gilt bereits 30 Km/h. „Da muss man ja schon sehr aufpassen, kein Schild zu übersehen. Und freie Fahrt hat man oft nur spät abends oder nachts. Da greift dann aber wieder der Lärmschutz. Bei diesen Schildern muss man dann auch immer überlegen, ob es schon 22 Uhr ist oder noch nicht. All das ist auch ein Stressfaktor“, sagt Henning Schluß. Außerdem, so denkt er, würde ein generelles Tempolimit die Attraktivität des Radfahrens steigern, weil sich die Menschen, vor allem Kinder und Senioren, sicherer fühlen. Das würde letztlich auch den motorisierten Verkehr reduzieren und entlasten. Weniger Stress für alle Verkehrsteilnehmer: Nachdem ein Bericht über die besagte Fahrrad-Demo in den sozialen Netzwerken bereits viel diskutiert wurde, meldeten sich viele Leser auch auf unsere Meinungsumfrage in der Facebook-Gruppe „Leute aus Hohen Neuendorf“. So sagt Claudia Lustig, sie würde ein generelles Tempo 30 befürworten „für mehr Sicherheit unserer Kinder“. Thomas Kuhles schreibt: „Ich bin zwar der Einzige hier, aber ich wäre dafür, um die Sicherheit und den Lärmschutz voranzubringen.“ Der Einzige mit dieser Meinung blieb er allerdings nicht. Allerdings gab es viele kritische Stimmen zu diesem Thema. So schreibt Andreas Kemnitz: „Mal ganz ehrlich, was soll das mit dem Tempo 30? Vor Schulen usw. ist das ja okay, aber in der ganzen Stadt? Echt Blödsinn.“ Jeremy Doebert erklärt: „Nein. An Schulen, Kitas oder Pflegeheimen vollkommen ok. Zudem gibt es ja genug 30er-Zonen in Wohngebieten, was auch ok ist, aber generell nein. Hauptstraße sollte Tempo 50 bleiben!“ Leahcim Trebuhcs setzt keine großen Hoffnungen auf diese Idee: „Hält sich doch eh niemand dran. Wir wohnen in einer 30er-Zone mit „Kopfstein“-Pflaster – und? Nur fliegen ist schöner. Wenn es nicht kontrolliert werden kann, dann bringt es auch nichts! Selbst vor Schulen haben viele ein Problem damit, mal langsamer zu fahren!“ Geteilte Meinungen in den sozialen Medien: Sonja Hansen dagegen findet: „Für die Stolper Straße wäre es perfekt. Die meisten Autofahrer fahren hier gern mal um die 60 bis 70 km/h. Das ist so gefährlich hier für unsere Kinder.“ Micaela Zwanziger ist für Tempo 30 auf der gesamten Schönfließer Straße „und nicht so abwechselnd, wie es jetzt ist. Vor dem Amarita 30 , dann wieder Gas geben auf Tempo 50 über die S-Bahn-Brücke rüber und kurz danach bis Kaufland wieder zurück auf 30. Das finde ich nicht sehr sinnvoll.“ Genau das ist es auch, was Henning Schluß kritisiert. Anstelle eines ständigen Wechsels von Tempo 30 und Tempo 50, sei durchgehend ein Geschwindigkeitslimit von 30 km/h besser. Von Wiebke Wollek