Fahnen an den Rathäusern in Oberhavel: Nein zu Gewalt an Mädchen und Frauen

Oranienburg, Hennigsdorf, Velten, Oberkrämer und Hohen Neuendorf – in zahlreichen Kommunen des Landkreises Oberhavel sind am Mittwochvormittag Fahnen vor den Rathäusern gehisst worden. Die klare Botschaft lautet: „Nein zu Gewalt an Mädchen und Frauen“. Unter diesem Titel steht auch der Gedenktag am 25. November, der an die drei Schwestern Mirabal aus der Dominikanischen Republik erinnert. Wegen ihres politischen Widerstandes gegen das dortige System wurden sie am 25. November 1960 vom dortigen Geheimdienst gefoltert und schließlich ermordet. Die Oberhavel-Kommunen unterstützen mit der Fahnenaktion zugleich die Kampagne der Organisation UN-Women „16 Tage zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen“ – färb die Welt orange. Daran beteiligt sich auch das nationale Komitee UN-Women Deutschland. Vor dem Landratsamt in Oranienburg trafen sich der Kreistagsvorsitzende Wolfgang Krüger, Landrat Ludger Weskamp und Oberhavels Gleichstellungsbeauftragte Birgit Lipsky zur Hissung der Fahne. „Die Flagge symbolisiert zugleich Trauer und Wut, aber auch Hoffnung und Freude und überbringt eine wichtige Botschaft: Jeder Tag muss ein Tag ohne Gewalt an Frauen und Mädchen sein! Denn körperliche oder sexuelle Gewalt gehören noch immer viel zu oft und an viel zu vielen Orten zur alltäglichen Erfahrung von Mädchen und Frauen“, sagte Landrat Ludger Weskamp. Nachdem Oranienburgs Bürgermeister Alexander Laesicke (parteilos) mit der Gleichstellungsbeauftragten Christiane Bonk und Anne Kaftan vom Personalrat am Dienstag die Selbstverpflichtung „Gegen häusliche Gewalt – Mut zum Gespräch am Arbeitsplatz“ der Stadtverwaltung, welche den Mitarbeitenden der Stadt Hilfe, Unterstützung und Schulung zu diesem sensiblen Thema garantiert, erneuert hat, ist am Mittwochmorgen vor dem Schloss die Fahne gehisst worden. Laut Christiane Bonk gab es 2019 in Oranienburg 186 Fälle von häuslicher Gewalt, in 131 Fällen waren Frauen betroffen. „Der Handlungsbedarf ist dringend da.“ Sie geht davon aus, dass die Zahl 2020 angesichts der Coronakrise und Homeoffice höher liegen werde. Auch die Hennigsdorfer hissten am Mittwoch die Flagge vor dem Rathaus. „Der Tag soll daran erinnern, wie wichtig dieses Thema ist, das sich oft zuhause im Verborgenen abspielt“, erklärte Bürgermeister Thomas Günther. Gerade in Coronazeiten sei häusliche Gewalt auf dem Vormarsch, Frauenhäuser stark frequentiert. „Wichtig ist, dass es im Vorfeld Möglichkeiten der Beratung und Unterstützungen gibt“, so der Bürgermeister. Dafür seien in Hennigsdorf die Pur-Gesellschaft und die Gemeinwesenbeauftragte Kerstin Gröbe als Anlaufstellen da. Annette Koegst als Vertreterin des Aktionsbündnisses „HALT“ erklärte, dass mehr als 80 Prozent der Gewaltopfer Frauen seien. Auch vor dem Veltener Rathaus wurde die Flagge gehisst. „Es ist mir sehr wichtig, deutlich zu zeigen, dass sich die Stadt Velten vehement gegen jegliche Art physischer und psychischer Gewalt ausspricht. Das betrifft in unserer Gesellschaft zwar noch immer vor allem Frauen, aber eben nicht nur“, erklärte Bürgermeisterin Ines Hübner. In Hohen Neuendorf wurde die Fahne von der Gleichstellungsbeauftragten Ramona Lopitz gemeinsam mit der Verwaltungsspitze sowie Vertretern der Stadtverordnetenversammlung gehisst. „Mit der Aktion wollen wir dieses Ansinnen unterstützen, einen Beitrag für eine bessere Zukunft für Mädchen und Frauen leisten und helfen, sie in ihren Menschenrechten zu stärken“, sagte Ramona Lopitz. Das solle helfen, Unrecht zu erkennen, Frieden zu fördern, Gewalt anzuprangern und das Miteinander zu stärken. Vor den Rathäusern in Fürstenberg und Zehdenick sind am Mittwoch die Fahnen, mit denen Flagge gegen gewaltsame Übergriffe auf Frauen gezeigt werden soll, ebenfalls gehisst worden. Dirk Wendland, der stellvertretende Bürgermeister in Zehdenick, sagte, es sei der Verwaltung ein Bedürfnis, auf diese Weise zu bekunden, dass jegliche Gewalt gegen Frauen abgelehnt werde. Ganz gleich, wo auf dieser Welt Frauen derartigen Misshandlungen ausgesetzt seien. Auch vor dem Rathaus in Fürstenberg ist die Fahne aufgezogen worden. Die Gemeinde Löwenberger Land hat keine Extraflagge gehisst. Aber nicht, wie es aus der Verwaltung hieß, weil man sich mit dem Anliegen dieser Aktion nicht solidarisch zeigen wolle, sondern weil es im Löwenberger Land kein klassisches Rathaus gibt. Dort gibt es in einigen Kommunen separate Orte, an denen zu bestimmten Feiertagen geflaggt wird. Selbstverständlich unterstütze die Kommune die Absicht, darauf aufmerksam machen zu wollen, dass Gewalt gegen Mädchen und Frauen noch längst nicht überall in der Welt ein Tabu ist. Von Robert Tiesler, Marco Paetzel, Helge Treichel und Bert Wittke