Fontane Ellernklipp beim Theatersommer Netzeband

Es geht um Liebe – klar. Aber auch um tödliche Eifersucht. Um Schuld und Sühne. Vater und Sohn. Und nicht zuletzt um Geister, die keine Ruhe finden. In der Weber-Oper „Freischütz“ war es die Wolfsschlucht – bei Fontane heißt der Tatort „Ellernklipp“ – eine mit Erlen bewachsene Klippe. Die findet sich im Harz und ist der Stoff, aus dem Fontane seine Kriminal-Novelle schuf. Inspiriert wurde er dabei aus alten Kirchenbüchern der Region – wie so oft hat der märkische Dichter hier einen historischen Stoff aufgegriffen – wie auch schon in der Grete Minde oder seiner Effi Briest. Für Regisseur Frank Matthus war klar: 2019 – im Fontanejahr – muss es eine Fontanestück sein, das in Netzeband aufgeführt wird. Das war ohnehin endlich einmal dran – nach all dem Shakespeare, Ibsen, Goethe und Brecht. Frank Matthus, bekennender Fontane-Fan, hat sich „Ellernklipp“ herausgepickt. Ohne, dass er dem derzeitigen Fontane-Hype verfallen ist. „Ich wollte schon immer einen Fontane-Stoff dramatisieren.“ Frank Matthus schrieb das Textbuch für sein Theatersommerensemble selbst. Wie üblich werden die Dialoge vorher auf Band gesprochen und bekommen später von den Mimen ihre Körperlichkeit. Obschon: So viele Dialoge sind es nicht – stattdessen wird ruhig erzählt. Nicht nur von einem Erzähler: Abwechselnd schildern die Protagonisten ihre Sicht der Dinge. Das macht das Bühnengeschehen abwechslungsreich und überaus lebendig. Spannender Stoff und großartige Bilder: „Es gibt ein Novum dieses Jahr: Objekttheater“, macht es Matthus spannend. Denn die Gefühle, denen die Hauptakteure ausgeliefert sind, werden durch sogenannte Allegorien verkörpert. Es gibt deren sieben: Schicksal und Hoffnung, Eifersucht, Angst und Zorn, Liebe und schlussendlich Tod. All dies ist opulent und fantasievoll in Szene gesetzt und schafft es, den mimisch unbeweglichen Masken die Gefühle als separate Ebene entgegenzusetzen. Losgelöste Emotionen quasi. Jana Fahrbach, die Frau der 1001 Masken, zeichnet auch in diesem Jahr für die Kostüme und Requisiten, gemeinsam mit Franziska Kriebisch, einer Puppenspielerin aus der Region. Das wunderbar pittoreske Bühnenbild schufen Rob Vogel und Benny Schulte, beides Holzbildhauer aus Netzeband. Emotionen als zweite Bildebene – in Form von Allegorien: Frank Matthus hat vorher sämtliche Dialoge aus der Original-Novelle extrahiert. Und mit diversen Monologen aus eigener Feder angereichert. Was ihn am Stoff gereizt hat? „Die Liebe eines alten Mannes zu einem jungen Mädchen“, sagt Frank Matthus. „Das ist so hochemotional. Und so tragisch“, sagt er. Wird sich die Netzebander Ellernklipp-Inszenierung also dicht am Original bewegen oder doch ein wenig frei „durch die Mark wandern“? „Ein Happy-End gibt es mit Sicherheit nicht“, sagt Frank Matthus – insofern bleibe man schon am Fontane-Stoff. „Es wird fürs Theater aufbereitet aber original Fontane bleiben.“ Premiere ist am 2. August im Gutspark Netzeband. Weitere Vorführungen gibt es am 3., 9., 10., 16., 17., 30. und 31. August, immer um 20.30 Uhr. Von Regine Buddeke

Netzeband - Fontanes „Ellernklipp“ steht beim Theatersommer Netzeband vor der Premiere