Mann aus Fehrbellin funkt zum Mond: Funkamateur Bernd Wilde sammelt weltweit Kontakte

Wenn Bernd Wilde an seinem schwarzen Funkgerät mit dem kleinen Rädchen die Frequenz ändert, rauscht, quietscht und raschelt es gewaltig. Man fühlt sich unweigerlich an die Mondlandung erinnert. Oder man stellt sich vor, auf der Kommandobrücke eines Hochseeschiffes neben dem Kapitän zu stehen, der gerade versucht, seinen Standort zu übermitteln. Maritim geht es auch zu, wenn Bernd Wilde erklärt, was er hier eigentlich treibt: „Es ist wie beim Angeln“, sagt er. „Nur statt der Angel werfe ich meine Funkwellen aus und statt zu fischen hoffe ich darauf, dass ein neuer Kontakt anbeißt.“ Interesse am Funken schon seit der Kindheit: Der 61-jährige Bernd Wilde ist Ingenieur im Vorruhestand und seit seiner Kindheit leidenschaftlicher Amateurfunker. In seinem Haus in Nordhof, einem Ortsteil von Königshorst, hat er sich in seinem Hobbyzimmer eine voll ausgestattete Funkerkammer eingerichtet. Die vielen Gerätschaften, Mess-Sender und Computer, die der Technikfreund hier zusammengetragen hat, sind beeindruckend. Noch viel beeindruckender wird es aber draußen im Garten. Dort türmt sich schon von Weitem sichtbar eine riesige Antennenanlage vor dem Betrachter auf. Hat die NASA hier etwa einen geheimen Standort errichtet? Bernd Wilde kommt aus dem Schmunzeln gar nicht mehr raus. „Das ist meine private Funkantenne. Mit der funke ich über die Frequenz 432 Megaherz auf UKW in die ganze Welt“, erklärt er. Größte private Funkantenne im Garten: Ganze neun mal 18 Meter misst Bernd Wildes Antenne – die wahrscheinlich größte private Funkantenne der Welt. „Das ist alles in jahrelanger Handarbeit gemeinsam mit Freunden und Nachbarn selbst gebaut“, sagt er. Nur die NASA hätte für ihre Zwecke noch größere Antennen im Angebot. Um mit seiner Antenne auch in die entlegensten Winkel dieser Welt Signale senden zu können, bedient sich Funkamateur Bernd Wilde der sogenannten Erde-Mond-Erde-Verbindung. Dabei peilen Funker den Mond vorzugsweise mit mehreren verbundenen Antennen an. Die Erde-Mond-Erde-Verbindung macht’s möglich: Die Funksignale werden dann von der steinigen Oberfläche des Mondes über rund 800.000 Kilometer Entfernung hin und zurück reflektiert und brauchen etwas mehr als zwei Sekunden, um wieder auf die Erde zu fallen. Mit dieser Technik hat Bernd Wilde unter seinem Funkerrufzeichen dl7apv bereits Kontakte in über 150 Ländern und 700 Quadraten, in die die kartographierte Funkwelt aufgeteilt ist, erreicht. Das ist eine erstaunliche Leistung und weltweit derzeit Spitze. Bis zu den Falkland-Inseln hat er sich gefunkt: „Da ist schon auch eine Menge sportlicher Ehrgeiz mit dabei, so viele Kontakte wie möglich auf der Welt zu erreichen“, sagt er. Erst Anfang dieser Woche konnte Bernd Wilde einen weiteren neuen Funker-Kontakt zu seiner Liste hinzufügen: einen britischen Rentner, der es sich auf den Falkland-Inseln im Süd-Atlantik vor der Küste Argentiniens gemütlich gemacht hat. „Man tauscht sich dann schriftlich kurz aus – über die Technik, die man vor Ort hat, oder auch mal, wie das Wetter so ist“, erzählt Bernd Wilde. Die Funker-Gemeinschaft, die wie er über die Erde-Mond-Erde-Verbindung sende, sei überschaubar. Die Community tauscht sich aus: Rund 2000 Funker dieser Art gebe es auf der ganzen Welt. „Normalerweise kommen wir alle zwei Jahre zu Treffen zusammen“, sagt Bernd Wilde, der Mitglied im Deutschen Amateur-Radio Club (DARC) ist. Er hofft, dass es die Corona-Pandemie auch in diesem Jahr zulässt. Bereits seit 1975 baut Bernd Wilde weltweit seine Funkverbindungen auf. Damals erwarb er seine erste Funkerlizenz von der Deutschen Bundespost. Bereits sein Vater war von Ultrakurzwellen fasziniert. Das Interesse fürs Funken und Morsen lag also schon in Bernd Wildes Familie. Nordhof ist sein Funker-Paradies: Richtig ausleben kann der Amateurfunker seine Leidenschaft, seit er in Nordhof zwischen Fehrbellin und Nauen lebt. Nach der Wende hat sich der gebürtige West-Berliner zusammen mit Freunden und seiner Frau das Anwesen gekauft. „Es war schon seit Langem mein Traum, auf dem Land zu leben“, sagt Bernd Wilde. Wegen der frischen Luft, dem sozialen Miteinander im Dorf, aber auch und vor allem wegen des vielen Platzes. Denn anders als in Berlin, wo er sich mit kleinen Antennen auf dem Dach seines Mietshauses beholfen hat, kann Bernd Wilde hier ungestört mit seiner riesigen Antennenkonstruktion funken. „Die Nachbarn unterstützen mich und finden gut, was ich mache.“ Von Jérôme Lombard