Friedenshort Heiligengrabe geht transparent mit Corona-Krise um

An den 17. Oktober im vergangenen Jahr erinnert sich Stephan Drüen ganz genau. Damals erhielt der Einrichtungsleiter der Stiftung Diakonissenhaus Friedenshort in Heiligengrabe einen Anruf: Erstmals waren zwei Kinder aus dem „Haus Sonnenland“ positiv auf das Coronavirus getestet. „Die Ansteckung erfolgte in der Christophorusschule in Hoppenrade (Prignitz)“, sagt Stephan Drüen. Daraufhin brach er sofort seinen Urlaub ab, kehrte an seinen Arbeitsplatz zurück und holte die Hygienekonzepte für diesen Notfall aus der Schublade. Stephan Drüen trägt für gut 120 Mitarbeiter, 90 Menschen mit Behinderung aller Altersklassen sowie 20 Senioren Verantwortung. Friedenshort in Heiligengrabe geht in der Corona-Krise den Weg an die Öffentlichkeit: Mitarbeiter des „Sonnenland“-Teams gingen damals sofort in häusliche Quarantäne. Zwei Tage später, am 19. Oktober, suchte Stephan Drüen den Weg an die Öffentlichkeit. „Es musste Klarheit und Transparenz geschaffen werden, ich hatte die Kirchengemeinde und die Gemeinde Heiligengrabe informiert“, sagt der 46-Jährige. Bürgermeister Holger Kippenhahn bot der Einrichtung seine Hilfe an. Bis heute hält Drüen an einem transparenten Umgang mit Corona-Fällen in seiner Einrichtung fest: „Nur wenn ich diese Situation transparent kommuniziere, behalte ich auch das Vertrauen.“ Mitarbeiter des Friedenshortes kommen aus zwei Landkreisen: Glücklicherweise steckten sich damals nur drei weitere Kinder im „Haus Sonnenland“ an. „Ruhe ausstrahlen, das war das Wichtigste bei allen weiteren Entscheidungen. Denn die Kollegen waren wegen der Infektionen sehr beunruhigt“, erinnert sich Stephan Drüen. Weil die Mitarbeiter im Friedenshort aus der Prignitz und Ostprignitz-Ruppin kommen, muss die Kommunikation auch immer mit den Amtsärzten beider Landkreise erfolgen. Zwei Landkreise bedeuten auch unterschiedliche Herangehensweisen. Corona-Infektion im „Haus Friede“ verlief glimpflich: Ende Oktober hatte das Seniorenheim Haus Friede zwei positiv getestete Mitarbeiter – unabhängig vom „Haus Sonnenland.“ Daraufhin wurde die Einrichtung zwei Wochen geschlossen. „Unser Hygienekonzept ging auf, es gab keine weiteren Infektionen“, sagt Stephan Drüen. Und: „Als das Coronavirus im „Haus Friede“ auftauchte, sind wir schon etwas strukturierter herangegangen.“ Dennoch schwang immer die Sorge um den Ausgang mit, vor allem, weil die betagten Senioren zur Risikogruppe gehören. Ambulanter Wohnbereich des Friedenshortes ebenfalls von Corona-Infektionen betroffen: Damit nicht genug. Auch in den ambulanten Wohnbereich des Friedenshortes wurde das Corona-Virus hineingetragen. Denn die Wittstocker Betriebsstätte der Stephanus-Werkstätten Ostprignitz-Ruppin musste sich im November ebenfalls mit dem Coronavirus auseinandersetzen. Drei dieser positiv getesteten Mitarbeiter mit Behinderung wohnen im ambulanten Wohnbereich in Heiligengrabe. „Die Einkäufe und das Essen wurden vor ihre Türen gestellt, es gab viele Telefonkontakte, damit sich die Menschen nicht allein fühlen“, so Drüen. Denn eines ist genauso wichtig wie die Bekämpfung des Coronavirus: Die soziale Zuwendung, um gegen Ängste und Unruhe anzugehen. Impftermine für die Senioren im Haus Friede stehen fest: Nun richtet Stephan Drüen sein Augenmerk auf die nächste Corona-Phase – die Impfung der Bewohner. Auch er beklagt, dass die Telefone für die Buchungen von Impfterminen überlastet sind. Doch Drüen wählte dann einen anderen Weg. „Am Dienstag, 5. Januar, um 0.08 Uhr habe ich online Termine beim mobilen Impfteam des Deutschen Roten Kreuzes gebucht. Am 26. Januar findet die erste Impfung im Haus Friede und am 16. Februar die zweite statt“, sagt Stephan Drüen. Zunächst hofft er, dass die Zeit bis zum Impftermin im Haus Friede glimpflich verläuft. Ein Schnelltest unter den Mitarbeitern fiel jetzt positiv aus: Zweimal wöchentlich werden alle Mitarbeiter im Friedenshort verbindlich mit einem Schnelltest untersucht. 36 Mitarbeiter sind für die Schnelltests geschult. Am vergangenen Freitag fiel der Schnelltest eines Mitarbeiters positiv aus. „Es handelt sich um einen Einzelarbeitsplatz. Ich hoffe, dass keine weitere Ansteckung erfolgt ist“, so Stephan Drüen. Diese Zeit grenzt an ein Wunder: „Die Mitarbeiter sind immer mehr für diese Lage sensibilisiert und die Kollegen achten untereinander sehr auf sich“, sagt Drüen. Auch wenn er froh ist, dass die Einrichtung bisher gut durch diese Zeit gekommen ist, grenzt das für ihn fast an ein Wunder. „Ich habe großes Mitgefühl für die Mitarbeiter und Bewohner der Seniorenheime, in denen das Coronavirus sich ausbreitet. Das ist mit einer enormen Belastung für die Menschen verbunden, die dort leben und arbeiten.“ Von Christamaria Ruch