Stadtmauer Kyritz verweist auf mittelalterliche Burganlage

Die Jahrhunderte haben die Stadtmauer am Kyritzer Klosterviertel mürbe gemacht. Nicht umsonst laufen aktuell aufwändige Sanierungsarbeiten, um das Bauwerk vorm endgültigen Verfall zu retten. Direkt am Klausurflügel des einstigen Klosters unterbricht auf vier, fünf Metern Länge Feldsteinmauerwerk die Ziegelwand des Verteidigungsbauwerkes. Wurde da etwa mal ein Loch geflickt? Wenn ja: Warum wirkt der Flicken dann altertümlicher als das umgebende Mauerwerk? Auf Nachfrage zuckten Experten lange mit den Schultern: Die Forschung sei im Gange, hieß es. Inzwischen liegen Ergebnisse vor. Der „Flicken“ ist gar keiner. Denkmalreport listet „Entdeckungen“ auf: Der jetzt veröffentlichte Denkmalreport Brandenburg 2020/2021 vermeldet im Abschnitt „Entdeckungen“: „Ein bisher eher unscheinbarer Abschnitt der Stadtmauer von Kyritz hat sich als eine der ältesten baulichen Strukturen der Stadt herausgestellt.“ Demnach ergaben die Untersuchungen, dass es sich bei dem Mauerteil um die Reste eines aus Feldsteinen erbauten Tores handelt. Es entstand vermutlich im 13. Jahrhundert und gehörte damals wohl zur Kyritzer Burg des Adelsgeschlechts von Plotho. Das waren die Leute, die Kyritz 1237 zum Stadtrecht verhalfen. Die Burg, von der heute ansonsten keine Überreste mehr sichtbar sind, gilt als Ausgangspunkt für die Besiedlung des Ortes. Palisaden um das Feste Haus: Laut Denkmalreport stammt das Tor aus eben jener Zeit und war damals Teil einer Wallanlage mit Palisaden. Später wurde diese hölzerne Befestigung offenbar durch eine gemauerte ersetzt, in die man das schon bestehende Tor integrierte. Der Denkmalreport erklärt zudem: „Im Weiteren verdichten sich sogar die Hinweise, dass der Klausurflügel des mittelalterlichen Klosters der Franziskaner auf den Überresten des Festen Hauses der Burg errichtet wurde.“ Als „Festes Haus“ werden die spätestens ab dem 10. Jahrhundert aufkommenden Hauptgebäude mittelalterlicher Burganlagen bezeichnet. Sie dienten sowohl Wohn- als auch Verteidigungszwecken, hatten einen meist rechteckigen Grundriss und bestanden oft aus einem besonders wehrhaften Erdgeschoss mit dem Eingangsbereich sowie Obergeschossen – beispielsweise aus Fachwerk oder Holz. Wie auch in Kyritz bleib von all dem in der Regel wenig erhalten, weil über die Jahrhunderte zahlreiche Um- und Neubauten oder Erweiterungen erfolgten. Zeugnis der über 800-jährigen Stadtgeschichte: Die Untersuchungen im Kyritzer Klosterviertel sind Teil seiner Entwicklung zum Kultur- und Bildungszentrum. Zum Planungskonzept gehört es, die über Jahrhunderte gewachsene Struktur der Anlage in eine museale Präsentation einzubeziehen. Im Denkmalreport heißt es dazu: „Das Denkmal wird so zur authentischen Quelle für über 800 Jahre städtischer und brandenburgischer Geschichte, die auf diesem Wege den Besucher*innen eindrücklich vermittelt werden kann.“ Der Denkmalreport 2020/2021 ist eine Veröffentlichung der Abteilung Bau- und Kunstdenkmalpflege des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums (BLDAM). Er berichtet regelmäßig über Erfolge, Bedrohungen, Verluste und Entdeckungen in der Denkmallandschaft. Von Alexander Beckmann