Autohaus Wernicke in Alt Ruppin: Generationenwechsel als Erfolgsstory

Mit Ende 30 standen Marco Fedchenheuer und Daniel Hildebrand vor einer für sie wegweisenden Entscheidung: Will ich die nächsten Jahre weiter als Angestellter arbeiten, oder mache ich mich selbstständig? Ihr damaliger Chef hatte die beiden gelernten Kraftfahrzeugmeister angesprochen, ob sie Interesse hätten, seine Kfz-Werkstatt mitsamt Verkauf zu übernehmen. Nach reichlicher Überlegung und vielen Gesprächen mit der Familie und dem Bankberater des Vertrauens stand für die Neuruppiner fest: „Wir lassen uns zusammen auf die neue Herausforderung ein“, wie Daniel Hildebrand im Rückblick sagt. Bereut haben die beiden Männer ihre Entscheidung nicht. Erfolgreiche Geschäftsführer-Doppelspitze: Seit sieben Jahren führen sie nun schon gemeinsam als Geschäftsführer-Doppelspitze erfolgreich das Autohaus Wernicke in der Wuthenower Straße 12 in Alt Ruppin. Mit ihren 24 Mitarbeitern und aktuell fünf Auszubildenden bieten sie Auto-Werkstattdienst aller Art an. In dem angeschlossenen Autohof verkaufen die beiden innovativen Unternehmer Modelle der Marken Renault, Dacia und Suzuki. Den Firmennamen ihres alten Chefs haben Marco Fedchenheuer und Daniel Hildebrand nach der Übernahme am 1. Januar 2014 beibehalten. „Wir haben viele treue Stammkunden, die mit dem Namen Qualität und Service verbinden“, sagt Marco Fedchenheuer. Teamgeist und familiäres Ambiente als Erfolgsrezept: Insgesamt war es den beiden wichtig, das Unternehmen im Sinne seines Gründers weiterzuführen. „Den guten Teamspirit und das familiäre Ambiente war und ist Teil unserer Firmenphilosophie“, sagt Marco Fedchenheuer. Marco Fedchenheuer und Daniel Hildebrand sind schon seit Schulzeiten miteinander befreundet. Dass die Chemie zwischen dem 47-Jährigen und dem 48-Jährigen bis heute stimmt, merkt man ihnen an. Wohl auch deshalb hat Wolfgang Wernicke die beiden im Doppelpack für die Nachfolge seines Unternehmens auserkoren. Der Draht zum ehemaligen Chef ist da: „Wir waren zusammen die rechte und die linke Hand des Chefs, nach ihm kannten wir den Betrieb so gut wie niemand anderes“, sagt Daniel Hildebrand mit einem Schmunzeln. Die beiden Geschäftsführer haben weiterhin Kontakt mit ihrem früheren Chef. „Der Draht ist gut und freundschaftlich“, sagt Daniel Hildebrand. Insgesamt sei die Unternehmensübergabe als ein Prozess von rund vier Jahren reibungslos verlaufen. „Der ehemalige Chef war bereit, die Zügel wirklich loszulassen, und wir waren bereit, sie fest in die Hand zu nehmen“, sagt Daniel Hildebrand. Unternehmensnachfolge als Herausforderung: Für Gunhild Brandenburg ist die Unternehmensnachfolge im Autohaus Wernicke eine echte Erfolgsgeschichte in der Region. Die Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Ostprignitz-Ruppin weiß, dass die betriebliche Stabübergabe bei weitem nicht immer so reibungslos abläuft – wenn sie denn überhaupt stattfindet. „Immer mehr ältere Chefs von Unternehmen aus unseren Handwerkerinnungen können altersbedingt ihre Existenzgründung nicht weiterführen und suchen für dieses einen Unternehmensnachfolger“, sagt Gunhild Brandenburg. Verzweifelte Suche nach Nachfolgern: „Oftmals fällt die Suche nach einem geeigneten Nachfolger aber extrem schwer und das, obwohl das Handwerk boomt. “ Zu ihren Beratungssprechstunden kämen immer wieder verzweifelte Seniorenchefs, die niemanden für eine mögliche Übergabe im Blick hätten. „So gehen vermehrt eigentlich erfolgreiche Unternehmen vom Markt, weil es ihren Inhabern einfach nicht gelingt, einen passenden Nachfolger zu finden“, sagt die Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Ostprignitz-Ruppin. Babyboomer treten ab: Die Herausforderung Unternehmensnachfolge ist für kleine und mittelständische Unternehmen in den vergangenen Jahren deutschlandweit zu einem großen Thema geworden. „Die Ursache dafür liegt in erster Linie in der Demographie“, sagt Gunhild Brandenburg. Die Generation der Babyboomer zieht sich allmählich aus Altersgründen aus dem Geschäftsbetrieb zurück. Die Nachfolgersuche fällt besonders schwer, da die nachfolgende Generation wesentlich kleiner ist als die ihrer Vorgänger. Dadurch gibt es insgesamt vergleichsweise wenig potenzielle Kandidaten für eine Nachfolge. Geringes Gründungsinteresse: „Hinzu kommt, dass viele das Risiko einer unternehmerischen Selbstständigkeit mit der einhergehenden Verantwortung fürchten und dem eine gut dotierte Angestelltenposition vorziehen“, erläutert Gunhild Brandenburg. Aktuelle Zahlen verdeutlichen den Ernst der Lage. Laut einer vom Verband Deutscher Bürgschaftsbanken, Creditreform Rating und der FOM Hochschule für Ökonomie & Management erstellten Untersuchung zum Nachfolgegeschehen in Deutschland sind mehr als ein Viertel der aktuell tätigen Unternehmer bereits 60 Jahre und älter. Bis 2023 stünden etwa 500 000 Unternehmen vor einem altersbedingten Eigentümerwechsel, wie die Studie prognostiziert. Nachfolgersuche rechtzeitig einleiten: „Ich kann den Chefs nur raten, frühzeitig zu unseren Sprechstunden in der Kreishandwerkerschaft zu kommen, damit wir sie bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger beraten können“, sagt Gunhild Brandenburg. Denn auch wenn sich weder aus der eigenen Familie noch aus dem eigenen Unternehmen jemand für die Nachfolge des Unternehmens finden lässt, gibt es immer noch die Möglichkeit, externe Kandidaten zu vermitteln. „Wir schauen dann, was zusammenpasst.“ Im Autohaus Wernicke ist man froh, dass die Nachfolge aus den eigenen Reihen erfolgen konnte. „Das positive Feedback unserer Kunde bestärkt uns“, sagt der Geschäftsführer Marco Fedchenheuer. Wenn sich nun auch noch dank der Impfungen die Corona-Pandemie eindämmen lässt, ist man bei den Kraftfahrzeugmeistern in Alt-Ruppin für das soeben gestartete Jahr voller Zuversicht. Von Jérôme Lombard