Dreharbeiten: Wie mehr Film nach Ostprignitz-Ruppin kommen soll

Studenten fragten an. Ein Team, das eine Fortsetzung der Fernsehserie „Landarzt“ drehen wollte, ebenfalls. Doch bislang hat Bernhard Koch seinen Hof in Lentzke nicht für Dreharbeiten vergeben können. Seit etwa fünf Jahren bietet Koch Scheune, Hof und Garten in einer Motivdatenbank als Filmkulisse an. Das Gebäudeensemble hat einiges zu bieten – unter anderem eine Schreinerei mit einem DDR-Interieur der 60er Jahre. Koch kann nur spekulieren, warum es bisher kein Filmteam bis nach Lentzke geschafft hat: „Zu weit weg von Babelsberg“. Mit seiner Vermutung könnte Koch Recht haben. Auch Christiane Krone-Raab, Leiterin der Berlin Brandenburg Film Commission, weiß, wie schwierig es ist, Landkreise zu vermarkten, die etwas weiter weg von Potsdam entfernt sind. „Die Produktionen gehen vor allem in den Speckgürtel – nach Potsdam, nach Potsdam-Mittelmark, nach Teltow-Fläming, nach Oberhavel“, sagt Krone-Raab. „Sie fahren relativ selten an einen entfernt liegenden See wie den Stechlinsee, nur weil sie einen schönen See brauchen.“ Für zwei Filme zog es Filmproduktionen im vergangenen Jahr dennoch nach Ostprignitz-Ruppin. So drehte das Team von „Für immer Sommer 90“, einer Improserie mit Charly Hübner, auf der A24 bei Neuruppin – in der Filmgeschichte wohnt der Freund der Hauptfigur in der Fontanestadt. Dreharbeiten am Gudelacksee: Bei „Liebe eines Lebens“, einem Film mit Corinna Kirchhoff und Henry Hübchen, arbeiten die Schauspieler im vergangenen Herbst vor allem in Dagow (Oberhavel) am Stechlinsee. Für einen Tag reiste die Crew aber auch zu einem Bootsschuppen am Lindower Gudelacksee. Die Entscheidung für Lindow sei vor allem aus pragmatischen Gründen gefallen, heißt es beim Westdeutschen Rundfunk – bis zum Gudelacksee ist es von Oberhavel aus nicht weit. Doch auch der Bootsschuppen passte zu den Vorstellungen der Filmemacher. Das Häuschen ist war so urig wie die Crew es wünschte und über den Campingplatz zugleich gut zu erreichen. Für das Jahr zuvor weist die von der Berlin Brandenburg Film Commission herausgegebene Filmlandkarte mehr Filme mit Drehtagen in Ostprignitz-Ruppin aus. Für die Til-Schweiger-Komödie „Die Hochzeit“ reiste ein großes Team bis nach Königshorst (Gemeinde Fehrbellin), für die Weihnachtsgeschichten von „Rabe Rudi“ wurde in Garz (Amt Temnitz) gedreht und für die Fernsehserie „Nitronauten“ ebenfalls in Fehrbellin. Service- und Dienstleister wie die Berlin Brandenburg Film Commission helfen dabei, dass Ostprignitz-Ruppin im Film auftaucht. Die Film Commission unterstützt Filmteams bei der Beschaffung von Drehgenehmigungen und bietet vor allem eine kostenlose Motivdatenbank an. Die Region ist dort unter anderem mit dem Kalksee in Binenwalde, der Fontane-Therme in Neuruppin, Lindows Stadtansicht und der alten Landstraße von Rheinsberg nach Braunsberg vertreten. Krone-Raab würde sich gleichwohl noch deutlich mehr Motive aus Ostprignitz-Ruppin wünschen. „Ehemalige Herrenhäuser, Schulgebäude, ehemalige Brauereien oder Vierseithöfe sind von großem Interesse für uns“, sagt sie. In der Motivdatenbank ist der Landkreis mit architektonisch spannenden Bauten bislang jedoch unterrepräsentiert. Im Landkreis Elbe-Elster ging die Film Commission gezielt auf Motivsuche – denn auch Elbe-Elster war im Film bislang wenig zu sehen. Gemeinsam mit dem Landrat, potenziellen Motivgebern und einem Locationscout berieten Vertreter der Film Commission über mögliche Drehorte. Eine ähnliche Veranstaltung wünscht sich Krone-Raab auch für Ostprignitz-Ruppin – „sehr wahrscheinlich noch in diesem Jahr“. Sei ein Motiv ungewöhnlich, würden Produktionsfirmen auch weite Wege auf sich nehmen, sagt Krone-Raab. Für den Netflix-Hit „Dark“ reisten die Schauspieler zu einer ehemaligen Brauerei in Bernau. Der 2009 in Cannes prämierte Film „Das weiße Band“ wurde im kleinen Dorf Netzow in der Prignitz gedreht. Mit seiner Kopfsteinpflasterstraße und seinen Backsteinhäusern sei Netzow „so einmalig“, schwärmt Krone-Raab. Gerade für historische Filme würden Straßenzüge gebraucht, „wo noch nicht alle Häuser saniert sind“. „Das wird ja leider immer rarer.“ Hilfe bei der Motivsuche: Ist die ideale Location gefunden, so braucht das Team eine Drehgenehmigung. Die Film Commission nennt in ihrer Motivdatenbank die richtigen Ansprechpartner und unterstützt die Filmschaffenden mit Weiterbildungen. Denn nur all zu leicht würden die bürokratischen Herausforderungen beim Beschaffen einer Drehgenehmigung unterschätzt, so Krone-Raab. Mitunter müssen mehrere Teile einer Behörde eingeschaltet werden – die Straßenverkehrsbehörde, das Grünflächenamt, der Denkmalschutz. Krone-Raab würde sich in den Landkreisen und Städten zentrale Ansprechpartner wünschen. Bislang sind Stellen, in denen das Genehmigungsverfahren gebündelt wird, selten. „Der Film bekommt in den Landkreisen keinen größeren Stellenwert“, sagt Krone-Raab. Von Frauke Herweg