Einsam während Corona: Gespräche für Senioren in Ostprignitz-Ruppin

Die Begegnungsstätten geschlossen, die Sportgruppen in der Corona-Pause – in der Pandemie sind alleinstehende Senioren von Isolation bedroht. Die Mitglieder des Kreisseniorenbeirates bieten deshalb Gespräche an. „Wenn jemand niemanden zum Reden hat, versuchen wir ihn aufzubauen“, sagt die Vorsitzende des Kreisseniorenbeirates Sigrid Schumacher. „Ruf einfach an“, so heißt ihr bereits in der ersten Corona-Welle gemachtes Angebot. Es wurde ganz unterschiedlich genutzt. In einigen Regionen gar nicht. Bei Sigrid Schumacher jedoch, die sich schon lange in der Seniorenarbeit engagiert, meldeten sich gerade in der Oster- und der Weihnachtszeit Senioren, die ihr Herz ausschütten wollten. Weihnachten ohne Kinder und Enkelkinder: „Einige Gespräche waren sehr persönlich und sehr traurig“, sagt Schumacher. Etwa wenn ein Anrufer verzweifelt war, dass er im Lockdown sich nicht auf einer Beerdigung verabschieden konnte. Oder als ein Weihnachten ohne Kinder und Enkelkinder bevorstand. „Ich bin so eine absolute Optimistin“, sagt Sigrid Schumacher über sich. Natürlich weiß auch sie, dass sie eigentlich nur zuhören kann. Doch eben darum geht es. Und um ein wenig Ablenkung. „Manchmal haben wir auch über alte Zeiten gequatscht“, sagt Schumacher. Dafür reicht mitunter die Frage, ob der Anrufer aus der Region stammt – und schon war das Gespräch über Kindheit, Jugend und vielleicht die Flucht eröffnet. Auch praktische Hilfe: Doch riefen Senioren auch mit ganz praktischen Fragen an. Eine Dame aus Kyritz etwa war verunsichert, weil sie in der Pandemie ihr Ticket für die Stadtlinie nicht mehr beim Fahrer kaufen konnte. „Schwarz fahren wollte sie nicht.“ Sigrid Schumacher half der Dame weiter. Wirklich viele Anrufe bekamen Sigrid Schumacher und ihre Kollegen, als Senioren bei der Hotline keinen Impftermin bekamen. Die Beiratsmitglieder mussten viel Frustration und Ärger aushalten. Dabei seien die Telefonnummern eigentlich gar nicht dazu da, „um seinen Frust auf die Politik abzuladen“, sagt Sigrid Schumacher. „Ruf einfach an“ sei ein Angebot für die, die sich einsam fühlen. Nur wenige Anrufe: Nachdem die Stadt Neuruppin einen Brief zu den Impfungen verschickt hatten, hatte auch bei Hannelore Gußmann vom Neuruppiner Seniorenbeirat hat das Telefon „sehr oft“ geklingelt. Senioren riefen an, weil sie sich verunsichert fühlten. Einen Gesprächspartner in Stunden der Einsamkeit suchten jedoch nur wenige. Im vergangenen Jahr meldeten sich bei Gußmann, die auch Mitglied im Kreisseniorenbeirat ist, acht Senioren, in diesem Jahr zwei. Hannelore Gußmann hat auch eine Erklärung dafür. Neuruppin habe sehr engagierte Seniorengruppen – die Jahresringe etwa. Selbst wenn Kaffeerunden nicht möglich wären, stünden die Gruppenmitglieder dennoch in Kontakt – am Telefon. Engagierte Helfer in Neuruppin: Schon in der ersten Welle hätten viele Jüngere ihre Hilfe angeboten. „Es kümmern sich doch recht viele Menschen“, sagt Hannelore Gussmann. Ein schönes Zeichen eigentlich. Hannelore Gußmann hätte bei „Ruf einfach an“ mit „einem größeren Ansturm gerechnet“. Bei Kränzlins Ortsvorsteherin Regina Bäker klingelte das Telefon kein einziges Mal. Auch sie hatte als Mitglied der Kreisseniorenbeirates ihre Telefonnummer für „Ruf einfach an“ angeboten. Doch Regina Bäker versteht es als gutes Zeichen, dass es offenbar keinen Bedarf an der Notrufnummer gab. „Auf den Dörfern ist es anders als in der Stadt“, sagt sie. Die meisten Senioren hätten Kinder, die durchaus in der Nähe wohnten. Wer doch mal die Hilfe von „Ruf einfach an“ braucht, kann unter 15 verschiedenen Nummern wählen. Die Mitglieder des Kreisseniorenbeirates stellen sich als Ansprechpartner zur Verfügung. Die Telefonnummern für „Ruf einfach an“ sind unter www.opr.de zu finden – bei den Corona-Infos. Von Frauke Herweg