Fast täglich verunglückt in Ostprignitz-Ruppin ein Radfahrer

So hatte sich Jirko Lehmann den Einstieg als Chef der Neuruppiner Polizei nicht vorgestellt. Der 43-jährige Neuruppiner wollte sich im März persönlich bei jedem Amtsdirektor und jedem Bürgermeister in der Region vorstellen, um im direkten Gespräch zu erfahren, wo die Zusammenarbeit zwischen der Polizei und der jeweiligen Kommune noch besser werden könnte. Die ersten Termine waren schon verabredet, aber dann brachte die Corona-Pandemie auch bei der Polizei fast sämtliche Pläne durcheinander. Lehmann musste wegen der nun geltenden Abstandsregeln Dienstpläne entzerren und dafür sorgen, dass jeder Streifenwagen mit einem Infektionsset samt Schutzmasken ausgerüstet wird. Zudem musste geklärt werden, wie trotz der Abstandsregeln Alkohol-, Verkehrs- und andere Delikte von der Polizei geahndet werden können. „In vielen Fällen geht es ja darum, den Atem zu riechen, die Pupillen genau anzuschauen und auch Schweißausbrüche von Kontrollierten zu registrieren“, sagt Lehmann. Mit einem Abstand von eineinhalb Metern ist das schon eine Herausforderung. Schon zwei tödliche Unfälle: Darauf haben sich die Beamten inzwischen eingestellt. Sorgen bereitet dem Polizeioberrat die deutliche Zunahme der Fahrradunfälle, bei denen in diesem Jahr schon zwei Senioren ums Leben kamen. „Fast jeden Tag kracht es“, sagt Lehmann. Zwar gilt das nicht allein für Ostprignitz-Ruppin, sondern für den gesamten Bereich der Polizeidirektion Nord, also auch für die Prignitz und für Oberhavel. Aber eine rechte Erklärung für den Anstieg der Fahrradunfälle hat Lehmann nicht. Liegt es daran, dass auf den Straßen weniger Autos als sonst unterwegs sind und es dadurch ein größeres Sicherheitsgefühl gibt? Oder sind viele Radler einfach zu unachtsam? Neuruppins Polizeichef kündigte am Montag weitere Fahrradkontrollen in dieser Woche an, sowohl in der Fontanestadt als auch in Rheinsberg. „Wir müssen die Menschen sensibilisieren und auf die Gefahren aufmerksam machen.“ Im Wiederholungsfall auch mit Geldbußen. Revierpolizisten haben ihr Büro in Treskow: Die verschobenen Antrittsbesuche bei den Amtsdirektoren und Bürgermeistern will Lehmann noch vor der Sommerpause nachholen. Den Anfang macht am Dienstag Fehrbellin. Gesprächsbedarf hat Neuruppins Polizeichef auch mit dem Bürgermeister der Fontanestadt. Denn die zehn Revierpolizisten hätten zwar „sehr gute Arbeitsbedingungen“, allerdings befinden sich ihre Büros nicht in der Stadt, sondern im Gewerbegebiet in Treskow. Dorthin kommt kaum ein Neuruppiner, den eine Sorge drückt. Jirko Lehmann hofft deshalb mit Hilfe des Rathauses auf Anlaufstellen in der Stadt, die zu regelmäßigen Zeiten besetzt sind – ähnlich wie in den Verwaltungen von Fehrbellin oder im Amt Temnitz. Dort halten die Revierpolizisten seit Jahren Sprechstunden ab. Von Andreas Vogel

Neuruppin - Fast täglich verunglückt in Ostprignitz-Ruppin ein Radler