Hans Machowiak beglückte 90 Open-Air-Zuhörer in Neuruppin mit „Schach von Wuthenow“

Ein Mann zwischen zwei Frauen – es ist eine alte Geschichte. Bei Fontane entspinnt sie sich zwischen dem Rittmeister Schach von Wuthenow, der der schönen Frau von Carayon den Hof macht, sich aber auch von ihrer heiratsfähigen – leider von Blattern entstellten – Tochter geliebt sieht. Schach verspinnt sich in seinen Gefühlen zwischen Liebe, Mitleid, Stolz und Verantwortung derart, dass ihm am Ende nur die Rolle als tragischer Held bleibt. Die Anstandsregeln seiner Zeit setzen ihn so unter Druck, dass er am Ende den Freitod wählt. Knapp 90 Gäste kamen: Schauspieler Hans Machowiak, der in Neuruppin im Fontanefestjahr 2019 so einige Male bleibenden Eindruck hinterließ – als Satan in „Effi in der Unterwelt“ sowie bei literarischen Spaziergängen – lieh dem Dichter ein weiteres Mal seine Stimme und las die Novelle am Sonntag bei der zweiten Sonntagslesung, die die Fontanefestspiel-Macher statt der in den Herbst verschobenen Festspiele als Überbrückung anbieten. „Der richtige Ort und die richtige Zeit, um sich mit Fontane zu verwöhnen“, sagt Uta Bartsch vom Festspielkomitee. Knapp 90 Gäste kamen und lagerten auf der Wiese hinter der Klosterkirche, um dem Schauspieler zu lauschen. Dunkle Wolken ließen das Schlimmste der angekündigten Gewitterwarnung ahnen – schlussendlich blieb das Ende mit Schrecken aber lediglich dem tragischen Titelhelden vorbehalten. „Mit diesem tragischen Ende kann ich sie jetzt nicht in den Sonntag entlassen“, sagt Machowiak am Ende und erzählt noch rasch die Anekdote über die Herren des Märkischen Geschichtsvereins Berlin, die sich 1882, nach Vorabdruck des Werkes, nach Wuthenow begaben, um das von Fontane so plastisch beschriebene Schloss zu besuchen – das allerdings in Gänze Fontanes Fantasie entsprang. „Eine frühe Form des Kulturtourismus“, sagt er und erhält viel wohlwollenden Applaus. Ein „Danke, gut gelesen“, darf er sich am Ende von etlichen der Zuhörer sagen lassen. Fontanes Sprache ist „eine Herausforderung“: Er habe, so Machowiak, Fontane tatsächlich bei den Fontanefestspielen für sich entdeckt. „Er hat eine tolle Schreibe – die auch heute noch fasziniert“, sagt er. Die von vielen Lesern heute als sperrig empfundenen Sprache findet er „eine Herausforderung. Fontane sprachlich zu gestalten macht schon Spaß.“ Er lese die Romane gern und, ja, auch der Schach sei heute noch aktuell. „Konventionen und Zwängen verhaftet zu sein, sich dem Druck der Gesellschaft beugen zu müssen – das gibt es ja heute genauso“, sagt er. Wenn auch vielleicht nicht mehr unbedingt in Sachen Hochzeit. „Der Schach ist schon eine spannende Figur“, so Machowiak, der vor einer Woche erstmals in Wuthenow war – aus Versehen, weil die Ersatzbusse des RE 6 dort halten. Auch eine Form von Kulturtourismus. Nächste Sonntagslesung am 5. Juli – eine Buchpremiere: Die dritte Sonntagslesung findet am 5. Juli, 15 Uhr, auf dem Neuruppiner Kirchplatz statt – Autorin Gritt Poppe, 2018 Stadtschreiberin in Rheinsberg, wird dort erstmals ihr neues Jugendbuch präsentieren. Von Regine Buddeke