Neuruppin: Ein Abschied nach 21 Jahren

Für die Schüler von Jörg Lettow ist der Mittwoch ein besonderer Tag, weil es dann in die Sommerferien geht. Aber auch für Lettow selbst ist es kein normaler Tag: 21 Jahre war der Neuruppiner als stellvertretender Leiter der Karl-Liebknecht-Schule für den Stunden- und Vertretungsplan an der Schule zuständig, die derzeit rund 500 Mädchen und Jungen besuchen. Am Mittwoch hat der 64-Jährige, der Mathematik, Naturwissenschaften, das Fach Wirtschaft, Arbeit, Technik (WAT) sowie Sport unterrichtete, seinen letzten Arbeitstag. „Die neugierigen Kinderfragen und die leuchtenden Kinderaugen werden mir wohl am meisten fehlen“, sagt Jörg Lettow. Erst nach Magdeburg, dann nach Potsdam: Es ist nicht selbstverständlich, dass Lettow Lehrer wurde. Denn zunächst wollte der leidenschaftliche Läufer, dessen Vater Arzt und die Mutter Krankengymnastin war, Maschinenbau studieren. Doch als er sich beim Studentensommer bei der Technischen Hochschule in Magdeburg umschaute, merkte er: „Nee, das ist nicht meins.“ Der Neuruppiner wollte auch mit Kindern arbeiten. Also studierte er von 1975 bis 1979 an der Pädagogischen Hochschule in Potsdam Mathematik und Physik. „Da hatte ich den technischen Touch und die Arbeit mit Kindern.“ In Neuruppin störte der Fluglärm: Seine erste Lehrerstelle führte ihn nach Königs Wusterhausen. „Nach Neuruppin wollte ich nicht zurück, wegen des Lärms der Düsenjäger und Hubschrauber vom Flugplatz“, sagt Lettow. Er lernte „die wald- und wasserreiche Umgebung von KW“ kennen und kehrte erst nach der Wende in die alte Heimat zurück. 1992 wurde er für sieben Jahre Leiter der Schule in Protzen. „Da gab es jahrgangsgemischten Unterricht.“ Die Grundlagen dafür hatte sich das Kollegium bei einer Fahrt in den Niederlanden vor Ort angeschaut. Dann wurde ein Konzept geschrieben und beim Schulamt eingereicht. „Wir waren eine der ersten Schulen im Ruppiner Land, die so etwas angeboten haben“, sagt Lettow mit Stolz in der Stimme. Doch 1999 schloss Fehrbellin die Schule in Protzen, weil die Schülerzahl in der Region immer weiter zurückgegangen war. Marathons in Rom, Paris, Kopenhagen und in Berlin: Jörg Lettow bewarb sich für die Stelle des stellvertretenden Leiters der Neuruppiner Karl-Liebknecht-Schule – und hat das bis heute nicht bereut. „Unsere Schüler nehmen seit 15 Jahren an den Drachenbootrennen auf dem Ruppiner See teil.“ Auch beim Mini-Marathon in Berlin machten Grundschüler von ihm mit. Darauf ist der Sportler Lettow, der Marathons in Rom, Paris, Kopenhagen und natürlich auch in Berlin absolviert und jahrelang den Burgwall-Lauf in Neuruppin organisiert hat, besonders stolz. „Wir sind eine sehr bunte Schule, die auch einen tollen Chor hat.“ Lettow, der geschieden ist, will jetzt erst einmal für einige Tage an die Ostsee fahren und sich später vielleicht im sozialen Bereich einbringen. „Die Lebendigkeit und Natürlichkeit von Kindern ist einfach toll.“ Von Andreas Vogel