Neuruppin: Wegen der Coronakrise ist Traumdrache Drago auf neuer Mission

Ungewöhnliche Situationen brauchen ungewöhnliche Ideen – diese hat Jens Müller (53). Der Neuruppiner, der seit 2008 in seinem Betrieb in Gildenhall Feuerkörbe herstellt und monatlich normalerweise bis zu 800 Sendungen verschickt, ist nämlich auch Erfinder des Traumdrachens Drago, der jede Nacht feuerspeiend in den nächtlichen Himmel steigt und für Kinder schlechte Träume vertreibt. Für jede Arztpraxis einige Bücher: Nun ist Drago jedoch auf neuer Mission. Er kämpft gemeinsam mit den Mädchen und Jungen gegen das Coronavirus. Wie das geht? Ganz einfach. „Weil das Virus keine Seife mag, müssen sich die Kinder oft die Hände mit viel Seife waschen“, sagt Jens Müller. Das Gute sei, dass die Kinder dabei sogar trödeln können. „Denn viel Seife findet das Virus doof“, so Müller. Der Neuruppiner, der eigentlich mal Maurer gelernt hat und mehr als 20 Jahre lang als Bauleiter beim Landesbauamt gearbeitet hat, will die Geschichte vom Traumdrachen Drago und der kleinen Fortsetzung jetzt selbst verteilen – und vor allem Arztpraxen, aber auch Supermärkte in Alt Ruppin mit jeweils einigen Exemplaren beliefern, die man dann dort einfach mitgnehmen kann. Denn wegen der Coronakrise sind derzeit größere Ansammlungen verboten. Auch die Kindersprechstunde bei Drago in Gildenhall musste schließen. Autorin ist von der Idee begeistert: „Die Idee, die Geschichte von Drago fortzuschreiben, finde ich super“, sagt Mari März. Die gebürtige Berlinerin hatte vor rund zwei Jahren bei einem Weihnachtsmarkt auf Schloss Liebenberg zum ersten Mal erlebt, wie Jens Müller dort vom Traumdrachen Drago erzählte. Die Autorin März und der Drachenmeister Müller kamen ins Gespräch – und so entstand das gut 100 Seiten starke und liebevoll bebilderte Buch vom Traumdrachen. Als gelernte Sekretärin habe sie schon immer eine besondere Affinität zur deutschen Sprache gehabt, sagt Mari März, die 23 Jahre lang im öffentlichen Dienst arbeitete, bevor sie sich 2013 als Lektorin selbstständig machte und dann anfing, selbst Bücher zu schreiben. Geschichten über das Anderssein, über gesellschaftskritische Themen. „Allein könnte ich so ein Kinderbuch nicht herausbringen“, sagt Mari März, auch weil ihr Sohn schon 17 ist. Die Drachenfans sind zwischen vier und 70 Jahre alt: Mari März hat für die Geschichte von Drago bewusst nicht die Kindersprache gewählt. „Mein Credo ist, die Kinder nicht zu unterfordern“, sagt sie. Das kommt offenbar recht gut an. „Viele Eltern sind begeistert von Drago“, sagt die Autorin. Demnach ist der jüngste Fan des Traumdrachens vier Jahre und der älteste etwa 70. Möglicherweise wächst die Fangemeinschaft von Drago in den nächsten Tagen. Denn Jens Müller will rund 200 Bücher, die es nicht im Handel gibt, kostenlos für Kinder und ihre Eltern an geeigneten Stellen verteilen. „Das ist mein Beitrag dafür, um zu zeigen, dass man in solchen Situationen nicht in Egoismus verfallen sollte.“ Diese Sicht ist keinesfalls selbstverständlich. Jens Müller hat allein im März durch die Absage der meisten Messen einen sechsstelligen Betrag verloren und muss sich mit vielen Veranstaltern derzeit über die Rückzahlung der im Voraus bezahlten Beträge streiten. Weniger dramatische Auswirkungen hat die Coronakrise auch auf die Kunden von Jens Müllers Gartenfackeln: Denen geht wegen der Hamsterkäufe beim Toilettenpapier nun wohl bald der Brennstoff aus. Denn die meisten Gartenfackeln verbrennen als Docht eine Rolle Klopapier. Von Andreas Vogel

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