Tierschutzmängel: viele Anzeigen in Ostprignitz-Ruppin

So viele Anzeigen wegen ungeschorener Schafe im Kreis Ostprignitz-Ruppin wie in diesem Jahr gab es noch nie. Die Tierärztin Christiane Bellin führte das am Mittwoch in Neuruppin auf die Corona-Pandemie zurück – weil deshalb die meisten Leute gezwungen waren, ihren Sommerurlaub in Deutschland zu verbringen. „Die Leute schauen genauer hin“, sagt Christiane Bellin. „Wollschafe sollten bis Ende Mai geschoren werden, damit sie bis zum Herbst und Winter wieder ein schützendes Vlies bilden können“, sagt die Tierärztin. Zwar drückt die Behörde noch ein Auge zu, wenn Schafhalter ihre Tiere erst bis Mitte Juni scheren, da Anfang Juni zumeist die sprichwörtliche Schafskälte einbricht und dann ein wärmendes Fell angenehm ist. Doch in diesem Jahr gab es selbst im Juli und August noch Hinweise auf ungeschorene Schafe. Hohes Bußgeld sorgte für Aufsehen: Das Veterinäramt verlangt in solchen Fällen unter Androhung eines Bußgeldes eine sofortige Schur, weil die Tiere im Sommer unter der Hitze leiden. Die Behörde kontrolliert auch, ob die Schafe geschoren wurden. Die Höhe des Ordnungsgeldes hängt von mehreren Faktoren ab, etwa wie viele Tiere betroffen sind und ob der Halter auch schon in der Vergangenheit die rechtzeitige Schafschur verpasst hat. Christiane Bellin mag deshalb nichts zur Höhe des möglichen Bußgeldes sagen. Für Aufsehen hatte allerdings vor einigen Jahren ein Bescheid in Rheinland-Pfalz gesorgt: Dort sollte ein Landwirt knapp 400 Euro zahlen, weil er zwei Schafe nicht bis zum 30. Juni geschoren hatte. Mitunter steckt ein Nachbarschaftsstreit hinter der Anzeige: Trotz des vermehrten Deutschlands-Aufenthalts ist die Zahl der Anzeigen wegen Tierschutzmängel beim Veterinäramt in Neuruppin aber nicht gestiegen. Bis Mittwoch, 21. Oktober, lagen 173 Anzeigen vor. Bis zum Jahresende rechnet die Tierärztin Bellin mit etwa 210 Anzeigen. Zum Vergleich: 2019 gab es 199 Anzeigen, ein Jahr davor waren es 213. Allerdings steckt längst nicht hinter jeder Anzeige wirklich eine Vernachlässigung von einem oder mehreren Tieren. Mitunter ist steckt auch ein Nachbarschaftsstreit hinter der Anzeige. „Es kostet viel Zeit und Personal herauszufinden, ob wirklich Nutz- oder Heimtiere vernachlässigt werden“, sagt Christiane Bellin. Geplante Tierschutzänderung sorgt für viele Anrufe: In der Regel sehen sich die Mitarbeiter vor Ort um, befragen Nachbarn und kontrollieren, wie die Tiere gehalten werden. In den vergangenen Jahren lag die Zahl der unberechtigten Tierschutzanzeigen im Landkreis bei zwölf bis 15 Prozent. In diesem Jahr liegt sie mit zehn Prozent etwas niedriger. „Es gab viele schwerwiegende Verstöße gegen den Tierschutz“, betont Christiane Bellin aber. Hinzu kam, dass der Bund im August angekündigt hat, dass die sogenannte Tierschutz-Hundeverordnung geändert wird. Demnach sollen Hunde künftig mindestens zweimal am Tag für mindestens eine Stunde Auslauf im Freien haben. Daraufhin gab es „massive Anrufe“ beim Veterinäramt mit Hinweisen, wo Hunde angeblich den ganzen Tag in ihrem Zwinger eingesperrt sind, sagt Christiane Bellin. Dagegen kann die Tierärztin kaum etwas unternehmen. Denn wann die Tierschutz-Hundeverordnung verschärft wird, das ist bisher unklar. Von Andreas Vogel