Neuruppiner Amtsgericht verhängte Bewährungsstrafe für Familienvater

Er verwand die Trennung von seiner Lebensgefährtin nicht – sie hatte ihm nach 18 Jahren den Laufpass gegeben. Außerdem hatte er Angst, seine Kinder zu verlieren. So kam es zu den Taten, für die sich ein 44-jährige Familienvater aus Wittstock am Donnerstag vor dem Neuruppiner Amtsgericht verantworten musste. Reumütiger und einsichtiger Angeklagter: Raub, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Sachbeschädigung und unerlaubten Besitz von Amphetamin warf die Staatsanwaltschaft dem gelernten Kfz-Schlosser vor. Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, die es zur Bewährung aussetzte. Der gebürtige Neuruppiner berichtete, wie es zu den Vorfällen, für die er nun vor Gericht stand, gekommen war. Kurz zuvor hatte er seinen Führerschein verloren, weil er unter Alkohol Auto gefahren war. Er hatte sich selbst für drei Wochen in eine Klinik begeben, in der Hoffnung, damit seine Beziehung retten zu können. Es war ein vergeblicher Versuch. Seine Lebensgefährtin beendete die langjährige Beziehung kurz darauf. Angeklagter war in Rage und geriet außer Kontrolle: Dann kam es am 3. Juli 2016 zu den Taten, für die er nun auf der Anklagebank saß. „Was damals passiert ist, geschah unter Alkohol. Ich war damals in Rage und geriet außer Kontrolle“, sagte er reumütig und legte ein umfassendes Geständnis ab. An jenem Julimorgen wollte seine Ex-Partnerin die gemeinsame Tochter bei ihm abholen. Es kam zum Streit. Er wollte seinen Schlüssel und ihr Handy. „Ich wollte gucken, was da drin steht“. Mutmaßend, dass sie bereits einen anderen hat. Er brachte Schlüssel und Handy gewaltsam an sich. Dabei zerriss er ihre Oberbekleidung und verletzte sie leicht am Arm. Anschließend setzte er sich ans Steuer und fuhr schnurstracks zur nächsten Kneipe, in der ihn die von seiner Ex-Freundin alarmierte Polizei antraf. Im Polizeiwagen fuhren ihn die Beamten zurück zum Bungalow. Als er dort seine ehemalige Partnerin sah, war er nicht mehr zu halten, trat gegen die Autotür und sprang aus dem Fahrzeug. Nur mit Mühe erinnerte sich eine Beamtin, gelang es ihnen, ihn zu überwältigen. Eine schwachsinnige Aktion: In der darauffolgenden Nacht stieg er in das Haus ein, in dem die Frau damals lebte, nachdem er ein Fenster eingeworfen hatte. „Das war Schwachsinn“, sah er ein. Erklären konnte er die Aktion nicht, er habe wohl irgendwelche Papiere suchen wollen. Nach diesen Geschehnissen, denen Anzeigen seiner Ex-Frau unter anderem wegen Beleidigung und Nachstellung vorangegangen waren, hat er sich Hilfe gesucht und sich für drei Monate in eine medizinische Rehabilitation begeben. „Alleine wäre ich nicht klar gekommen“, sagte er. Trennung warf ihn aus der Bahn: Bis vor vier Jahren führte er nach eigenen Angaben ein normales Leben. Nach der Ausbildung arbeitete er zehn Jahre lang im Betrieb seines Vaters, ging dann für ein paar Jahre nach Dänemark. „Ich habe bis zu der Trennung immer gearbeitet.“ Seitdem ist er arbeitslos, hat keine Fahrerlaubnis mehr. Zum Alkohol kamen dann noch Drogen. Die habe er durch Zufall probiert und gemerkt, dass sie ihm in seiner damaligen Situation geholfen hätten. Wie der 44-Jährige sagte, konsumiert er beides heute nur noch selten. Drogen im Internet per Post bestellt: Im Oktober 2017 hatte er sich im Internet, vermutlich dem Darknet, Amphetamin bestellt. Die Drogen kamen jedoch bei ihm nie an. Die Postsendung wurde vorher abgefangen und der Polizei übergeben. Im Februar vergangenen Jahres durchsuchte die Polizei seine Wohnung und fand dort unter anderem Feinwaagen, Verpackungsmaterial und Amphetamin. Wie eine Beamtin vor Gericht aussagte, war der Angeklagte bei der Durchsuchung kooperativ und habe die Maßnahme nicht behindert. Einsichtig und reumütig: So zeigte sich der 44-Jährige auch vor Gericht. Sein Geständnis wirkte strafmildernd. Ebenso die lange Verfahrensdauer. „Das Verfahren hat vier Jahre vor sich hin geschlummert und wie ein Damoklesschwert über meinem Mandanten geschwebt“, sagte Verteidiger Uwe Meyer. Er beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, die Staatsanwältin hielt ein Jahr und acht Monate für angemessen. Auf ein Jahr und vier Monate entschieden die Richter. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Innerhalb von sechs Monaten muss der Mann 60 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und regelmäßig eine Suchtberatung aufsuchen. Von Dagmar Simons