So wird das Industriedenkmal Papierfabrik Hohenofen ab jetzt für die Nachwelt konserviert

Metallstäbe klimpern. Ein Gerüstbauer ruft seinem Kollegen etwas zu. Die Männer schaffen noch mehr Teile herbei. Nach und nach ist damit die riesige Papiermaschine in dieser Industrieruine in Hohenofen (Amt Neustadt) umstellt. Zudem wird sie jetzt von einer Folie geschützt, als hätte sie ein Aktionskünstler wie Christo höchstpersönlich eingewickelt. „Ja, ein bisschen sieht das wirklich so aus“, sagt Steinrestaurator Thomas Gdanitz. Er lacht und legt seinen Spachtel beiseite. Der ganze Staub, den er aufwirbelt, soll eben nicht an die Maschine gelangen. Die ist schon dreckig genug nach ihrem jahrzehntelangen Stillstand. Gdanitz ist nur einer von etlichen Leuten, die gerade in der ehemaligen Papierfabrik zugange sind zwischen Wänden, in denen noch der Schweiß von den Fabrikarbeitern von vor 100 Jahren zu stecken scheint. Mittlerweile übertüncht vom Geruch jahrzehntelangen Verfalls. Konservierung von Industriegeschichte in Hohenofen: „Es soll alles so authentisch wie möglich bleiben“, erklärt Irina Maslennikova vom Förderverein Patent-Papierfabrik Hohenhofen anlässlich des in diesem Oktober erfolgten Sanierungsstarts. Über fünf bis sieben Jahresscheiben soll sich alles erstrecken. „Stahlfenster werden jetzt ausgetauscht, wenn sie kaputt sind, alte zugemauerte Durchbrüche öffnen wir wieder. Eine Garage aus DDR-Zeiten ist schon abgerissen. Und alles wird später noch mehr von Licht durchflutet sein.“ Sanierung oder Restaurierung sei trotzdem nicht unbedingt der richtige Begriff. Denn hauptsächlich komme alles eher einer Konservierung gleich. Abstimmungen mit der Brandenburger Denkmalbehörde: Was dahingehend schon seit dem Ende der Fabrik in den 1990er Jahren nur als Flickwerk geschah, notdürftig vor allem rund um das Dach, soll nun in einer groß angelegten und lange vorbereiteten Aktion zu einer dauerhaften Lösung gebracht werden. Die Finanzierung all dessen ist über mehrere Förderprogramme vorgesehen. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ist ebenso involviert wie der Landkreis Ostprignitz-Ruppin. Und im Vorfeld wurde sich natürlich auch mit der Unteren wie auch der Oberen Brandenburger Denkmalschutzbehörde abgestimmt. „Thomas Drachenberg, der Landeskonservator, machte sich erst vor einigen Tagen ein persönliches Bild“, sagt die Berliner Architektin Barbara Mohren bedeutsam. Sie indes ist mittlerweile mindestens wöchentlich in Hohenofen, um die Arbeiten zu begleiten. Das Dach der Papierfabrik wird teilweise begrünt: Mit den Dachdeckern tauscht sie sich aktuell über die Oberlichter des großen Maschinenhauses aus. Welches muss als erstes repariert werden, welches taugt noch ein paar Tage? Neue Dachbahnen wurden von den Männern der Rathenower Firma Weber und Co. über dieser Halle schon aufgebracht. Darüber wird nun ein Gründach angelegt. Unten drunter bauen sich die Leute vom Wittstocker Gerüstbau Nikolowius um die große Papiermaschine herum. Damit Steinrestaurator Thomas Gdanitz am Ende auch überall herankommt. Der 31-Jährige von der Agentur „Steinfest“ aus Potsdam, seine Kollegin Alexandra Streich (29) und noch ein Helfer haben in den zurückliegenden Tagen schon allerhand Putz von den Wänden geholt. Das Gerüst bringt die Restauratoren nun an die nächsten Stellen. Es geht sechs Meter in die Höhe. „Steinfest“ ist neben Thomas Gdanitz auch sein Kompagnon Theo Schubert. Sie hatten sich erfolgreich auf die entsprechende Ausschreibung hin gemeldet. Die Referenzliste der noch junge Leute, die noch nicht lange aus ihrem Studium raus sind aber derweil jahrelang schon Erfahrungen sammelten, kann sich sehen lassen. Die Skulpturenausstellung in der Berliner Friedrichswerderschen Kirche gehört dazu. „Spachteln, Abbürsten, Nassreinigen, Fixieren“, zählt Thomas Gdanitz seine Arbeitsschritte an den Wänden auf. Die Kappendecken werden gänzlich beschichtet und auch die Metallträger. „Die werden entstaubt und mit Wachs konserviert“, sagt der Restaurator: „Es hat seinen Charme, diese Schichten aus den verschiedenen Zeiten sichtbar zu machen und zu erhalten.“ Als nächstes kommt der Metallrestaurator nach Hohenofen: Das Ziel? „Wir sichern im Prinzip die Raumschale“, sagt Gdanitz: „Das ist eine reine Konservierung. Es wird also der Status quo erhalten, auch die Verwahrlosung seit der Wende bleibt somit sichtbar“. Sichtbar bleiben sollen auch „Gimmicks aus der Arbeitswelt“, sagt Gdanitz mit Blick etwa auf kleine Aufkleber von damals hier oder Kritzeleien da. „Es ist ein wirklich schöner, interessanter Ort.“ Er werde jetzt vom „Staub der Jahrzehnte“ befreit. Bis Ende November wollen die Steinrestauratoren mit ihrem Teil der Arbeit fertig sein. Dann ist der Weg frei für den Metallrestaurator, der sich ab dem kommendem Frühjahr dann der Papiermaschine als dem Herzstück des Denkmals widmen soll – ohne dass ihm dann noch irgendetwas auf den Kopf rieseln kann, weder Putz noch Regen. Forschungsarbeit rund um die Papierfabrik geht weiter: Er wird nach einem Konzept vorgehen, das Florian Pohlmann erarbeitete. Es entstand als dessen Masterarbeit an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin. „Es beinhaltet die Materialuntersuchung und folglich eine Mengenschätzung“, erklärt Pohlmann. Auf dieser Grundlage basiere nun das Leistungsverzeichnis für die entsprechende Ausschreibung. Zuvor wurde über dieses Konzept auch die Frage geklärt, was überhaupt das Ziel sein soll. Dabei halfen Pohlmann die zahlreichen Zeitzeugengespräche mit früheren Beschäftigten. Am Ende wurde klar: Es entsteht keine Hochglanzanlage mehr. „Wir wollen, dass sich in allem das Schicksal der früheren Mitarbeiter widerspiegelt.“ Die Forschungsarbeit werde dahingehend auch noch fortgesetzt. Peu à peu. Wie die weiteren Schritte dieses Konservierungsprojektes. Dessen großes Ziel ist vor allem aber auch ein zeitgemäßer Brandschutz. Die Gebäude sollen damit bald auch so zugänglich werden, dass Veranstaltungen wieder denkbar sind, wie sie zuletzt immer beliebter wurden und sogar zu bundesweiter Aufmerksamkeit führten. Genannt seien etwa das hochkarätige Klassikkonzert des Deutschlandfunks, die „Türöffner-Tage“ der „Sendung mit der Maus“ des WDR bis hin zu den Aktionen mit Kindern und Jugendlichen aus der Region und die Weihnachtsmärkte. Von Matthias Anke