Antrittsbesuch: Landesbischof Stäblein predigt in Rheinsberg

Für die Evangelische Gemeinde in Rheinsberg war dieser Sonntag ein besonderer Tag. Beim Gottesdienst hielt Christian Stäblein die Predigt – seit November ist er Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Es war sein Antrittsbesuch in Rheinsberg und die Kirche war für Coronazeiten gut gefüllt. Rund 50 Menschen saßen Abstand haltend und mit Mund-Nasen-Schutz in den Kirchenbänken. Schriftsteller als Schüsselfigur: Im Rahmen der Predigtreihe „Mystik“ wählte der Landesbischof den Laienprediger und Schriftsteller Gerhard Tersteegen zur Schlüsselperson seiner Predigt „Mystik, Macht, Musik“. Im Evangelischen Kirchengesangsbuch ist Tersteegen mit zehn Liedern vertreten. Im Gottesdienst erklangen drei seiner Lieder. Gerhard Terstegen war erst Kaufmann, dann Seidenbandwirker. „Zwölf Stunden saß er am Webstuhl – das muss man sich mal vorstellen“, sagte Christian Stäblein. „Dann erlebte er 1724 seine Bekehrung.“ Er wird gewissermaßen Berufsmystiker. „Es gibt viele Arten zu beschreiben, was Mystik ausmacht“, sagt der Bischof. Und er schlägt einen großen Bogen über Marc-André ter Stegen, den deutschen Fußballtorhüter, der beim FC Barcelona unter Vertrag steht, und über Marius Müller-Westernhagen. „Mystische Freude kann man auch beim Lesen eines guten Buches empfinden, in der Extase eines langen Tanzes oder beim Singen. Mystische Potenziale sind immer da, wenn es einen erfasst, wenn Freiheit einen erfasst“, sagt er und zitiert Marius Müller-Westernhagen mit seinem Text „Freiheit, Freiheit, ist die einzige, die fehlt“. Das Ich hinter sich lassen: Mystische Potenziale habe sicher auch der Fußballer Marc André ter Stegen, wenn er in das Stadion kommt, das Grün und den Elfmeterpunkt mustert und wenn er sein Ich hinter sich lässt und der Ball die Hauptrolle spielt. Doch zu sehr versenken in die Mystik will sich Landesbischof Christian Stäblein dann auch wieder nicht. „Wer zu lange redet, verteilt zu viele Aerosole im Raum“, sagt er. Auch das Singen der Gemeinde ist noch nicht wieder erlaubt und so singt im Anschluss der kleine Chor aus Mitgliedern der Rheinsberger Kantorei „Ich bete an die Macht der Liebe“. Ein Lied, das seit gut 180 Jahren zum Großen Zapfenstreich gehört. „Das kann man kriegsverherrlichend finden, oder man kann sagen, hier ist die Machtfrage geklärt“, sagt Christian Stäblein. „Die Liebe ist stärker.“ Und so heißt es in der ersten Strophe: „Ich will, anstatt an mich zu denken, ins Meer der Liebe mich versenken.“ Am Ende ein Dank an die Frauen: Es sind die starken Männer, um die sich Stäbleins Predigt um Mystik, Macht und Musik rankt. Und so gibt es am Ende dann auch ein großes Lob für die Frauen in der Stadt Rheinsberg und der Kirchengemeinde, die mit ihren Instrumenten und ihrer Stimme zum Gelingen des Gottesdienstes beitrugen. Die Cellistin Katharina Litschig und Rheinsbergs Kirchenmusikerin Juliane Felsch-Grunow spielten eine Sonate von Antonio Vivaldi, die Kirchenlieder von Gerhard Tersteegen wurden von der Rheinsberger Kantorei gesungen. Von Cornelia Felsch