Corona: Rheinsberg wartet auf finanzielle Rettung, Land schweigt

Den Hilferuf sandte der Rheinsberger Rathauschef schon vor Wochen gen Potsdam. In dem Brief an den Ministerpräsidenten Dietmar Woidke schrieb Frank-Rudi Schwochow, dass er die wegen Corona verhängten Sanktionen verstehen kann. Dass die Kommune aber – eine touristische Hochburg im Normalfall, nun eine stillstehende Stadt mit kaum nennenswerten Einnahmen – Unterstützung benötigt, damit die Konsequenzen der Krise sie nicht in die Knie zwingen. Dass er diese Hilfe von der Landesregierung erwartet. Ein Signal, dass sich Potsdam um das Problem kümmern will, habe es bis heute nicht gegeben, kritisiert Schwochow von BVB/Freien Wählern. Dabei sei die Stadt durch die Coronamaßnahmen besonders gebeutelt, da es dort neben dem Tourismus kaum nennenswerte Wirtschaft gibt. Nur die Region Spreewald ähnlich betroffen. 800.000 Euro Verlust für die Stadt: Rheinsberg entgehen rund 800.000 Euro alleine bei einem zweimonatigen Ausfall in der Tourismusbranche, hat die Kämmerei ausgerechnet. Die Kommune hat deshalb schon vor Wochen eine Haushaltssperre verhängt. Schwochow erwartet auch, dass die Steuereinnahmen aufgrund der Krise deutlich sinken werden. „Wir können nicht erwarten, dass wir alles ersetzt bekommen“, stellt Schwochow klar. Das Land sollte dennoch Rettungsschirme für Kommunen wie Rheinsberg sowie für die Tourismusbranche aufspannen, um zumindest einen Teil der Ausfälle aufzufangen. Und überlegen, wie es um Gäste für seine touristischen Hochburgen nach weiteren Lockerungen der Coronasanktionen mit Hochdruck werben kann. Der Bürgermeister glaubt zwar nicht, dass Hotels & Co. schnell wieder aufmachen dürfen. „Wenn es aber soweit ist, dann sollte das Land den Plan X in der Schublade haben.“ Verluste höher als Hilfen: Auch einige der Rheinsberger Fraktionschefs vermissen Signale aus Potsdam. „Ich würde mir deutlich mehr Hilfe vom Land und Bund wünschen, weil sie es ja waren, die die Untersagungen ausgesprochen haben“, sagt zum Beispiel Freke Over. „Und den Kommunen fehlt jetzt das flexible Kapital.“ Der Linkenvorsitzender kennt die Problematik aber auch als Betreiber des Ferienlands in Luhme. Er habe zwar Soforthilfen erhalten. „Die Verluste sind aber dreimal höher.“ Potsdam und Speckgürtel statt Provinz: Auch Tom-Morten Theiß wünscht sich, dass das Land Rheinsberg unter die Arme greift. „Damit wir als Stadt zumindest den Notbetrieb aufrechterhalten können“, sagt der FDP-Mann. „Ich habe das Gefühl, dass die Landesregierung in der Krise nur auf Potsdam und vielleicht noch den Speckgürtel schaut“, kritisiert Petra Pape. Die anderen Regionen fallen unterm Radar durch, so die Fraktionschefin von BVB/Freie Wähler. Sie verstehe, dass sich Potsdam in erster Linie auf den Medizinsektor konzentrieren musste. Nun habe sich die Lage aber etwas entspannt und sei es aber an der Zeit, sich dem Tourismusthema und den finanziell gebeutelten Kommunen zuzuwenden. Auch Ulrike Liedtke findet, dass Potsdam sich der Misere in der Prinzenstadt gesondert widmen sollte. Denn die Stadt mit ihrem Schwerpunkt auf dem Kulturtourismus habe auch besondere Probleme, so die Rheinsberger SPD-Fraktionsvorsitzende und brandenburgische Landtagspräsidentin. Sie wisse aber auch, dass sich die Landesregierung an diesem Punkt nicht aus der Verantwortung stehlen will. „In Potsdam liegen im Moment alle Themen auf einmal auf dem Tisch – man kann aber nicht alles gleichzeitig abarbeiten.“ Land hofft auf Bundeshilfe für Touristiker: Das Land antwortet auf die Frage zu eventuellen Hilfen für Kommunen auf MAZ-Anfrage nicht. Aussagen gibt es lediglich zur Unterstützung für touristische Betriebe. Im Gespräch seien derzeit weitere Hilfsmaßnahmen für die Tourismusbranche, sagt Claudia Lippert, Sprecherin im Brandenburgischen Wirtschaftsministerium. Die Debatten laufen allerdings auf Bundesebene. Wirtschaftsminister Jörg Steinbach stehe aber auch im Austausch mit den touristischen Spitzenverbänden- und -Organisationen, so die Sprecherin. Geplant sei auch eine spezielle Marketingkampagnie für die Zeit, wenn der Tourismus wieder hochgefahren wird. „Der Stadt Rheinsberg mit ihren attraktiven kultur- und wassertouristischen Angeboten wird dabei sicher eine besondere Bedeutung zukommen“, so Lippert. Von Celina Aniol

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