Landwirte suchen Acker, Rheinsberg kauft Ackerflächen, um sie zu unterstützen

Bernd Lück atmet schwer ein, wenn man nach Ackerflächen fragt. Man merkt ihm sofort die Anspannung an. Sogar am Telefon. „Ich bin gerade am Wirbeln, um etwas zu finden“, sagt der Landwirt aus Repente. Mehr als 60 Pferde stehen bei ihm. Lück braucht Land, um Futter für sie anbauen zu können. Noch sieht es gut aus. Und auch Corona hat den Reiterhof Lück weitgehend verschont: Die Pferdebesitzer und auch Besucher sind trotz der Pandemie gekommen. Zu wenig Geld, um mitzuhalten: Im Oktober läuft aber sein Vertrag für die Flächen ab, die er von der Bodenverwertungs- und verwaltungs GmbH (BVVG) gepachtet hat. Die Gesellschaft verkauft seit 1992 im Auftrag des Bundes dann ehemals volkseigenes Land – an die Meistbietenden. „Ich kann mich an der Ausschreibung aber nicht beteiligen, weil die ich das Geld nicht habe“, sagt Lück. Dazu seien die Mitbieter im Normalfall finanziell zu stark: Konzerne oder große Betriebe seien es, oft ohne landwirtschaftliche Absichten und oft von weit her. „Die waren noch nie da, wissen nicht einmal, wie es hier aussieht – zahlen aber horrende Preise“, beschreibt Lück, wie es oftmals ablaufe. Die BVVG wehrt zwar ab. Die meisten Flächen gehen an ortsansässige Betriebe. Und auch der Preisboom sei gebremst, heißt es. Stadt Rheinsberg will Ackerflächen kaufen: Bernd Lück verliert trotzdem über 20 Hektar. Er ist längst dabei, für Ersatz zu sorgen. So einfach ist das aber nicht. Und er weiß, dass er nicht der einzige ist, der Probleme hat. Die BVVG sei gerade dabei, ringsum alles zu Geld zu machen. „Sie lässt die Pachtverträge auslaufen und greift dann zu.“ Im Angebot gibt es im Internet derzeit zwei Ackerflächen in Heimland. In weiterer Umgebung dann auch noch welche in Zermützel, in Manker oder in Rüthnick. Preise für Agrarflächen steigen seit Jahren. Der Bund stellt die Vergleichsdaten dazu zur Verfügung, zuletzt aus dem Jahr 2019. Laut diesen sind die Preise in Brandenburg im Vergleich zum Vorjahr um 7,3 Prozent gestiegen. Es war die zweitgrößte Anstiegsquote in Deutschland. Bei der Größe der insgesamt veräußerten Agrarflächen lag Brandenburg 2019 auf dem dritten Platz nach Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Die BVVGhat in dem Zeitraum 1992 bis 2019 insgesamt 876.900 Hektar der ehemals volkseigenen Ackerflächen verkauft; davon 248.200 Hektar in Brandenburg. Rund 109.000 Hektar waren noch Anfang 2020 in ihrem Besitz. In der Mark betrug da der Rest, der noch veräußert werden sollte, 33.900 Hektar. Die BVVG verweist darauf, dass beim Verkauf der Großteil der Flächen an ortsansässige Betriebe geht. Die ostdeutschen Agrarminister haben 2020 vom Bundesfinanzminister gefordert, dass der Bund diese 109.000 Hektar landwirtschaftliche Flächen (davon 33.900 Hektar in Brandenburg) unentgeltlich an die früheren Ost-Länder überträgt. Diese sollen für den Klima-, Wasser- und Naturschutz genutzt und auch Bauern zur Verfügung gestellt werden, auch um eine starke Konzentration vom Land in den Händen von außerlandwirtschaftlichen Investoren zu vermeiden. Der Bund hat kürzlich auch der Stadt Rheinsberg vergleichsweise günstig eine Ackerfläche in Luhme angetragen – und die Kommune hat zugeschlagen. Sie will diese nach dem Kauf an Landwirte verpachten. Das Stück Land ist zwar nicht riesengroß. Es geht aber auch um die Geste. Rheinsberg will Landwirte unterstützen: „Die Bauern müssen sonst unglaubliche Summen bezahlen, wenn sie Land brauchen“, sagt Bürgermeister Frank-Rudi Schwochow. Die Kommune, die auch schon einige andere Flächen besitzt, wolle sie durch den Erwerb unterstützen. „So können wir aber auch besser steuern, was bei uns passiert.“ Er sieht es als Tafelsilber der Menschen in der Region. Bernd Lück findet die Idee gut. Und auch der Chef der Agrar Rheinsberg gefällt sie. Auch wenn der Betrieb von Reiner Dielitzsch im Moment keine großen Sorgen mit Flächen hat. „Wir haben unser Land von der BVVG beizeiten erworben“, sagt der Geschäftsführer. Anfang der 2000er Jahre die erste Charge, um 2008 die letzte. Das reicht: „Man muss den Betrieb nach den Flächen ausrichten, die man zur Verfügung hat. Und das haben wir.“ Wunsch nach einem breiten Angebot: Aber sein Unternehmen könnte ebenfalls neues Land verkraften – um wachsen zu können, um mehr Leuten Arbeit zu geben. Das sei aber nicht so einfach. „Der Markt ist ziemlich leer gefegt, außer es verkauft mal eine Erbengemeinschaft ihre Flächen.“ Wobei: Er fände es besser, wenn sie die behalten und verpachten würde. „Damit das Angebot bunt gemischt ist.“ Und bezahlbar bleibt. Auch Bernd Lück schaut sich bei kleinen Privateigentümern um. Die haben aber meistens nur Mini-Flächen. Und oft liegen diese weit voneinander entfernt. Diesen negativen Kosten- und Zeitfaktor will der Landwirt gerne vermeiden. Zu wenig Hilfe für eine hohe Pacht: Bei den Großaufkäufern brauche er aber kaum anzufragen. Die neuen Besitzer zwar oft ihre Flächen verpachten. Meistens aber sehr teuer. „Die meinen: ,Ihr kriegt einen Haufen Fördergeld, ihr könnt es euch leisten.’“ Wenn man die Hilfen aber umlegt, bleibe kaum etwas übrig. „Die Getreidepreise sind im Keller.“ Und auch sonst verdient man sich mit Landwirtschaft selten eine goldene Nase. Zumal der Boden in der Region quasi eine Diva ist. „Wenn ich da zu wenig mache, dann wächst da gar nichts.“ Ihn ärgert es trotzdem, dass manche Landbesitzer Flächen lieber brachliegen lassen, als sie zu niedrigen Preisen zu verpachten. Auch in Mecklenburg-Vorpommern hat Lück sich schon umgetan. Es ist ja nicht weit: Die Ländergrenze liegt einen Kilometer weit entfernt. Dort seien die Preise aber noch höher. „Und ich kann nicht mehr bieten, weil ich mir nicht mehr leisten kann.“ Lesen Sie mehr unter: Verkaufsstopp für Ackerland gefordert BVVG bietet Weideland für Bau eines Solarparks im Luch an, Land lehnt ab Von Celina Aniol