Sieverdorfer und Hohenofener sind seit Jahrhunderten Nachbarn – und in gewissem Sinne auch Rivalen. Während das mindestens 300 Jahre ältere Sieversdorf landwirtschaftlich geprägt war, entstand Hohenofen im 17. Jahrhundert als Industriesiedlung. Seit 1997 bilden beide Orte eine Gemeinde. Die Unterschiede sind nach wie vor deutlich sichtbar.
Während das Sieversdorfer Ortsbild von Bauerngehöften und der recht stolzen Kirche geprägt ist, zeigt Hohenofen vorwiegend kleine Wohnhäuser rund um die alten Gebäude der Papierfabrik, die über viele Jahrzehnte das Leben im Dorf bestimmte.
Beiden Gemeindeteilen gemein sind die Auswirkungen der seit den 1990er Jahren anhaltenden Landflucht. Vor allem die Einwohnerzahlen sanken rapide. Aktuell sind 693 Bürger in der Gemeinde gemeldet. Vor zehn Jahren waren es noch um die 840.
Hohenofen verlor mit der Papierfabrik 1992 seinen wirtschaftlichen Kern und den zentralen Arbeitgeber. Heute versucht ein Verein das vom Verfall bedrohte, weitläufige Industriedenkmal zu erhalten und mit Leben zu füllen. Es gibt dort einige kleinere Gewerbeansiedlungen und regelmäßige kulturelle Veranstaltungen, die sich zunehmender Beliebtheit erfreuen.
Auch Sieversdorf bekam einen gewissen Niedergang zu spüren. Bis auf eine Bäckerei zog sich der Einzelhandel nahezu vollständig aus dem Dorf zurück. Die Gastronomie verschwand gänzlich. Die Grundschule schloss 1999. Die Kindertagesstätte folgte im Jahr darauf. 2003 passierte der letzte Triebwagen die Bahnhöfe in den beiden Gemeindeteilen. 2010 begann die Demontage der Bahnstrecke.
Eine eigene Einheit der freiwilligen Feuerwehr besitzt Sieversdorf nicht mehr. Die wenigen verbliebenen Aktiven verrichten ihren Dienst nun bei den Neustädtern. Damit ging dem Dorf ein wichtiger Aktivposten des gesellschaftlichen Lebens verloren.
Trotzdem blieb vor allem Sieversdorf ein lebendiger Ort. Im Dorf sind zahlreiche Unternehmen beheimatet – von der Agrargenossenschaft über den Landmaschinenhandel bis hin zu diversen Handwerksbetrieben und Dienstleistern.
Filmtierschule mit Vogelspinnen und Löwen
Im einstigen Sieversdorfer Kita-Gebäude ließ sich 2001 Familie Harsch mit ihrer Filmtierschule nieder, die Scharen von Besuchern anzieht. Auf dem Gelände werden Tiere der verschiedensten Art gehalten – von der Vogelspinne bis hin zum Löwen –und für ihren Auftritt vor Kameras und bei Showveranstaltungen vorbereitet. Viele Nebendarsteller und auch mancher Hauptdarsteller in Film und Fernsehen haben ihre Karriere in Sieversdorf begonnen.
Seit Jahren bemüht sich ein Förderverein darum, an der sanierten Kirche eine Art neues Ortszentrum zu schaffen. Stück für Stück kamen Spielgeräte zusammen. Das Scheunenfest der Kirchengemeinde am Pfarrhaus ist einer der jährlichen Höhepunkte im Dorf.
Bekannt für starke Fußballfrauen
Die Sportgemeinschaft Sieversdorf 1950 verfügt seit 2014 über ein runderneuertes Sporthaus. Bekannt ist der Verein vor allem für seine starken Fußballfrauen.
Das Schulgebäude aus den späten 1960er Jahren diente der Gemeinde 20 Jahre lang als Bürger- und Vereinshaus. Seit dem vergangenen Jahr lässt die Kommune es zur Senioreneinrichtung umbauen, um es dann an den Betreiber solch eines Hauses zu verpachten. Im Sommer sollen die ersten Bewohner einziehen.
Seit 16 Jahren Bürgermeister
Seit 16 Jahren ist Hermann Haacke Bürgermeister von Sieversdorf-Hohenofen. Der 70-Jährige tritt nicht noch einmal zur Kommunalwahl an. Die Situation seiner Gemeinde schätzt er als vorwiegend positiv ein. „Wir haben zwar etwas Einwohnerschwund, aber wir verjüngen uns auch.“ Vor allem der Zuzug junger Familien sei erfreulich. Die Kommune profitiere von ihrer Nähe zu Neustadt mit seiner guten Verkehrsanbindung.
Zu den großen Erfolgen der vergangenen Jahre zählt Haacke die Erneuerung des Sporthauses. „Aus einem maroden Haus haben wir ein modernes Objekt gemacht.“ Auch mit der ehemaligen Schule schlage die Gemeinde nun nach jahrelangen Bemühungen ein neues Kapitel auf. In das Angebot von betreuten Wohnen und Tagespflege setzt der Bürgermeister große Hoffnungen. „Dass wir das jetzt kurz vor der Vollendung haben, ist sehr schön.“
„Auf meinen Nachfolger kommt viel Arbeit zu“, ist Hermann Haacke überzeugt. Es gehe darum, die Gemeinde finanziell handlungsfähig zu erhalten und zugleich für ein attraktives Dorfleben zu sorgen. Vielleicht müsse man auch darüber nachdenken wieder eine Kinderbetreuung anzubieten. „Unsere Bürger sollen weiter gern in Sieversdorf-Hohenofen leben.“
Zwar will sich der scheidende Bürgermeister nicht mehr in die Kommunalpolitik einmischen, doch zugleich stellt er klar, dass er weiter für seine Gemeinde da sein will: „Ich werde mich nicht zurücklehnen. Da wir mir schon was einfallen.“
Zwei Wählergruppen stehen zur Wahl
Sieversdorf-Hohenofen ist eine Gemeinde im Amt Neustadt im Landkreis Ostprignitz-Ruppin
Einwohner: 693
Fläche: 19,8 Quadratkilometer
Gemeindeteile: Sieversdorf und Hohenofen
Wer regiert jetzt?
Bürgermeister: Hermann Haacke (Wählergruppe Sieversdorf-Hohenofen)
Gemeindevertretung: Wählergruppe Sieversdorf-Hohenofen: 8 Sitze
Wer tritt an?
für das Bürgermeisteramt: Thilo Christ (Wählergruppe Sieversdorf-Hohenofen) Thomas Leitert (Wählergruppe FÜR Sieversdorf-Hohenofen)
für die Gemeindevertretung:
Thilo Christ, Manuela Mandel, Bernd Hennersdorf, Christian Gohlke, Sandra Siegert, Ramona Bennesch, Michael Siegert (Wählergruppe Sieversdorf-Hohenofen) Uwe Rutter, Thomas Leitert, Bodo Knaak, Dirk Geisler, Ralf Müller, Janette Seeliger, Ulrike Grollmuß, Andrea Hitzke (Wählergruppe FÜR Sieversdorf-Hohenofen) Volker Brenig (Einzelberwerber)
Von Alexander Beckmann