Kunstkurs am Gymnasium Wittstock setzt Corona-Krise kreativ in Szene

Sitzen, lüften, frieren. Und nebenbei dem Unterrichtsstoff folgen. So sieht in Zeiten der Corona-Krise der Präsenzunterricht für die Abschlussklassen aus. Auch die Abiturienten im Städtischen Gymnasium in Wittstock härten sich nebenbei unfreiwillig ab. Zwei Gruppen der 12. Klasse zeigten am Mittwoch den Spagat zwischen Kunst und Corona. Die acht Schüler setzten sich im Kunstkurs mit der aktuellen Lage auseinander. Dabei treiben es Johanna Bartz, Ruth Lübke, Tamina Pawelek und Lucy Seedorf auf die Spitze. Sie verlegen mit Tischen und Stühlen einfach den Unterricht auf den Schulhof. Diese Performance trägt den passenden Titel „Das frierende Klassenzimmer“ und leitet sich vom Buchklassiker „Das fliegende Klassenzimmer“ von Erich Kästner ab. So sieht die Schule der Zukunft in Wittstock aus: „So kann Schule in der Zukunft aussehen. Es gibt keinen Unterschied mehr, ob man draußen unterrichtet oder drin sitzt – und es wird ständig gelüftet“, sagt Ruth Lübke am Ende der Aufführung. Sie schlüpft bei dieser skurrilen Szene in die Rolle der Lehrerin. Doch wegen der Maske können die Schüler ihren Anweisungen nicht folgen - sie verstehen nur Bahnhof. Schüler des Gymnasiums Wittstock übersetzen eigene Betroffenheit in Kunst: „Ursprünglich wollten wir uns mit Kunst und Plastik auseinandersetzen, aber Corona ist ausdrucksstärker, und wir zeigen damit unsere eigene Betroffenheit“, sagt Ruth Lübke. „Wegen der Maske ist die Verständigung häufig schwierig, das wollten wir hier zeigen“, sagt Tamina Pawelek. Gegen das Frieren in den Räumen gehen die Schülerinnen kreativ vor: Handwärmer, Tee und dicke Jacken sollen helfen. „Ich friere einfach“, sagt Johanna Bartz. Sport frei hilft gegen Kälte im Unterricht: Gerade erst kommen die Schüler aus der Corona-Quarantäne und bereiten sich in der Schule weiter auf das Abitur vor. „Homeschooling ist wegen der technischen Probleme schwierig“, sagt Lucy Seedorf. Bei ihrer Vorführung „Das frierende Klassenzimmer“ darf natürlich die Sportminute nicht fehlen. Damit nehmen die Schülerinnen die Empfehlungen der Bundeskanzlerin Angela Merkel für Unterricht in kalten Räumen aufs Korn. Merkel punktete im Dezember mit einem Rat: „Vielleicht macht man auch mal `ne kleine Kniebeuge oder so oder klatscht in die Hände, damit man ein bisschen warm wird“, ist dem Handzettel zum Projekt zu entnehmen. Corona ist zu Ende: Die Vorstellung endet unerwartet und scheint Lichtjahre von der aktuellen Lage entfernt zu sein: Bei der Lehrerin klingelt das Mobiltelefon, nach einer Weile strahlen ihre Gesichtszüge trotz Maske: „Corona ist aus, wir können wieder drinnen unterrichten“, verkündet Ruth Lübke. 800 Meter Flatterband auf dem Schulhof verlegt: Carsten Gehrke, Noel Melke, Lenny Teske und Luca Tönse setzen mit ihrer Installation „Corona-Chaos“ ebenfalls ein Achtungszeichen. Auf dem Schulhof ziehen sich dabei 800 Meter Flatterband entlang. „Das war meine Idee“, sagt Noel Melke. Damit nimmt die Gruppe die Corona-Krise als Denkanstoß. „Wir wissen schon gar nicht mehr, was erlaubt ist und was nicht. Die weißroten Bänder sind ein gutes Stilmittel, um dieses Chaos auszudrücken“, sagt er. Lenni Teske entschied, dass auch ein Fahrrad mitten auf dem Schulhof eingewickelt wird: „Das ist ein Angelpunkt in der Mitte unserer Installation.“ Kunstlehrerin ist begeistert von ihren Schülern: Die Kunstlehrerin Ellen Thonack verfolgt alles genau und zeigt sich begeistert: „Die Gruppen haben ihre Betroffenheit total gut umgesetzt. Neben Unterricht und Prüfungen auch noch Gedanken für die Kunst haben, ist bemerkenswert.“ Von Christamaria Ruch