Einmal im Jahr kommen die Klein Haßlower ihren Störchen ganz nah. Dann beringt der Ornithologe Jürgen Kaatz nämlich die Jungvögel. Nun war es wieder soweit. „Eigentlich schon etwas spät, die Tiere sind bestimmt schon sechs Wochen alt“, sagte Jürgen Kaatz. Aber aus terminlichen Gründen habe es nicht anders funktioniert.
Mit einer Hebebühne, die wieder der Wittstocker Bauhof zur Verfügung gestellt hatte, ging es hinauf zum Nest, das auf einem gut acht Meter hohem Telefonmast steht. „Wir wollten damals einen Storch in Klein Haßlow ansiedeln“, blickte der Haßlower Ortsvorsteher, Wolfgang Ramin, zurück. Schon vor über elf Jahren hätte man die Tiere beispielsweise auf der Sirene des Feuerwehrhauses beobachten können. Deshalb sollten sie einen Platz zum Nisten erhalten.
2008 stellten die Klein Haßlower hinter dem Grundstück von Wolfgang Ramin den Mast auf. „Seitdem hatten wir immer ein Brutpaar, bis auf ein Jahr“, erinnert sich Margitta Ramin. Da habe es im Ort nur einen Problemstorch gegeben, der an die Haustüren und Fenster klopfte. „So ein Storch ist eben immer eine Attraktion für ein Dorf“, sagte Wolfgang Ramin.
In diesem Jahr werden im Nest zwei Jungstörche großgezogen. „Das ist das Minimum, um die Population zu erhalten“, erklärte Jürgen Kaatz. Sorgen machte ihm nur das vorangeschrittene Alter der Tiere. „Normalerweise fallen die Störche in eine Art Schockstarre, die Akinese“, so der Ornithologe. Das sei zu ihrem eigenen Schutz vor Angreifern aber auch vor heftigen Bewegungen im Nest.
„Ab einem gewissen Alter gibt es diesen Schutzmechanismus nicht mehr, die Tiere laufen rückwärts und fallen aus dem Nest bevor sie fliegen können“, erklärte Jürgen Kaatz. Das war glücklicherweise bei der Beringung in Klein Haßlow nicht der Fall. Beide Tiere erhielten einen Ring ans Bein. Darauf ist einen Nummer zu lesen sowie die Adresse der Vogelwarte. In dem Fall ist das „Hiddensee, Germany“. „Uns hat sogar mal jemand ein Storchenbein an Mr. Hiddensee in Germany geschickt. Die Sendung kam an“, berichtete der Ornithologe.
Bevor es für die Jungstörche wieder hoch in ihr Nest ging –Mama Storch flog schon ganz aufgeregt in der Gegend umher – durften die Klein Haßlower, die bei der Beringung zugeschaut hatten, die Tiere nochmal streicheln. Danach versuchte Jürgen Kaatz noch herauszubekommen, welche Nummer auf dem Ring des Elterntieres stand. „Vielleicht habe ich den Storch ja damals mal beringt“, sagte er.
Insgesamt hat die Storchenfamilie in Klein Haßlow einen guten Standort nach Einschätzung von Jürgen Kaatz. Wichtig sei, dass es im Umkreis von drei Kilometern genug Nahrung gibt und vor allem Nahrung, die der jeweiligen Größe des Nachwuchses entspricht. „Ein Nest mit drei Jungstörchen vertilgt am Tag gut zwei Kilo Nahrung“, erklärte Jürgen Kaatz. Die Storcheneltern seien quasi den ganzen Tag über nur unterwegs.
Von Christian Bark