Weihnachtsmann holt Stricksachen für Berliner Kinder aus Wittstock ab

Ist er das wirklich? Die Kinder an der Diesterweg-Grundschule in Wittstock sind am Mittwochnachmittag völlig überrascht. Weißer Bart, roter Mantel, schwarze Schuhe – er muss es sein! Und tatsächlich – der Weihnachtsmann und sein Weihnachtsengel machten eine Stippvisite an der Dosse, fast genau einen Monat zu früh. Ein kurzes Hallo, ein Winken an der Schule, dann stiefelt er auch schon weiter. Denn es ist noch nicht die Zeit, um Geschenke zu verteilen. Schwere Säcke in den Kofferraum: Stattdessen macht er Halt an seinem vierrädrigen Gefährt (Opel Astra) und lädt einen schweren Sack in den Kofferraum. Soeben hat er ihn aus dem nahen Torbogenhaus geholt. Weitere folgen. Was ist hier los? Die Antwort ist einfach: Der Weihnachtsmann holte am Mittwoch viele selbst gestrickte Dinge aus Wittstock ab, um sie zum Fest an bedürftige Familien in Berlin zu verteilen. 292 warme Wintersachen und 110 Spielsachen, meist liebevoll und detailreich hergestellte Püppchen, füllten mehrere Säcke. Hergestellt haben die kuscheligen Spielzeugpuppen Viola Karras, Silvia Kähler, Manuela Vogel und Luba Wagner von der Textilwerkstatt der Wittstocker Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (WBQG). Viele fleißige Zulieferer: Außerdem haben viele fleißige Hände aus Wittstock und der Region warme Sachen zugeliefert. Wollspenden kamen zudem aus Eichwalde und Bernau bei Berlin sowie aus Putlitz. So konnten am 23. November auch 51 warme Stricksachen zur Obdachloseneinrichtung nach Groß Pankow gebracht werden. All diese Dinge sind das Ergebnis der diesjährigen Strickaktion für Bedürftige. Diese Aktionen rief Doris Sperling aus Wernikow im Jahr 2013 ins Leben. Sie finden seitdem regelmäßig statt. Dabei konnten schon tausende warme Wintersachen an Bedürftige verteilt werden. Das geschieht traditionell beim Obdachlosenfest im Estrel-Center in Berlin. Dorthin lädt der Schlagersänger Frank Zander jedes Jahr kurz vor Weihnachten Menschen ohne feste Bleibe ein. Prominente bewirten die Gäste mit Gänsekeulen, Klößen und Rotkohl. Strickaktion auch ohne Obdachlosenfest: Diesmal muss das Fest Corona-bedingt ausfallen. Die Strickaktion fand aber trotzdem statt. Doch wie die Sachen dann an die Bedürftigen bringen? Viola Karras ist neben Doris Sperling in die Vorbereitung der Strickaktionen involviert. Sie kontaktierte Bernd König. Er schlüpft auf den Obdachlosenfesten von Frank Zander regelmäßig ins Weihnachtsmann-Kostüm und hat so schon viele Prominente kennengelernt. Gute Verbindungen zu Schulen: Der ehemalige Lehrer besitzt gute Verbindungen zu Schulen. So lassen sich mit seiner Hilfe bedürftige Familien mit Kindern herausfinden, die die Stricksachen besonders gut gebrauchen können. Vor diesem Hintergrund wurde in Wittstock in diesem Jahr vor allem für Kinder gestrickt. „Einfach, weil wir wussten, dass wir diese Sachen dann auch gut verteilt bekommen“, sagt Viola Karras. Mit einem Weihnachtsmann an der Seite funktioniert das wunderbar. Mit Engel und Esel unterwegs: Etwa 30 Einsätze absolvieren der Bärtige und sein Engel – seine Ehefrau Gudrun - jährlich rund um die Festtage. Mit ihren eindrucksvollen Kostümen und einem lustigen Plüsch-Esel in Form einer Handpuppe erreichen sie jedes Kinderherz. „Ein guter Weihnachtsmann muss das Dritte Auge haben, das Kinderauge“, sagt Bernd König. Man müsse sich mitunter von einer Sekunde auf die andere neu auf die Kinder einstellen. „Man sollte auf sie eingehen, sie etwas vortragen lassen, wenn sie das möchten.“ Der Esel hilft, das Eis zu brechen, wenn Kinder skeptisch oder ängstlich sind. „Sie sehen dann nur die Figur, nicht den Menschen dahinter.“ Das richtige Gespür für Kinder hat Bernd König aber nicht nur, wenn er sein speziell angefertigtes Weihnachtsmann-Kostüm trägt. Bernd König ist auch Moderator und DJ: Seit 1973 sorgt er als Moderator und DJ mit „Fridolins Disco“ auch für Stimmung auf Kinderfesten. Besonders berührte Bernd und Gudrun König das Schicksal der krebskranken, heute neun Jahre alten Pia. Für sie organisierten sie kostenlos eine Party und konnten auch einen Tanzverein dafür gewinnen. Der Kontakt zu dem Mädchen besteht bis heute. Speziell für Pia wurde in Wittstock ein Äffchen gestrickt, das am Mittwoch ebenfalls auf die Reise ging. Von Björn Wagener