Wittstocker Galerie der verlorenen Heimat zieht nach Berlin

Während der Zeit der Landesgartenschau (Laga) in Wittstock stand auch die „Galerie der verlorenen Heimat“ einem breiten Publikum in der Dossestadt offen. Seit April waren die Tafeln mit Geschichten über Migration von und nach Wittstock in den Räumen der Gröperstraße 9 zu sehen. Betreut hatten sie ehrenamtliche Helfer, darunter Migranten aus Wittstock, wie Galerie-Initiator Gerhard Richter informiert. Finanziert wurde die Ausstellung unter anderem vom Bundesfamilienministerium sowie der Landeszentrale für politische Bildung. „Die Galerie der verlorenen Heimat hat mittlerweile ihre Tür in der Gröperstraße geschlossen“, sagt er. Nach rund sechs Monaten konnten an den Wochenenden insgesamt 172 Besucher gezählt werden, die sich die „Krassen Stories" der Migration von und nach Wittstock angesehen haben. „Auf Facebook und in den Medien waren wir auch hinreichend vertreten, so dass die Einwohner unserer Stadt vermehrt mit dieser Einrichtung in Kontakt gekommen sind“, so Gerhard Richter. Immer wieder habe er Geschichten auf der Facebookseite „In Wittstock aufgewachsen und stolz darauf“ gepostet und zur Diskussion angeregt. Und nicht zuletzt sei die Galerie der verlorenen Heimat ein Teil des Internationalen Frühstücks im Juli auf dem Wittstocker Marktplatz gewesen. Gerhard Richter sammelt seit über vier Jahren „Mobilitätsgeschichten“ von Wittstockern oder Menschen, die mit der Stadt zu tun haben. Diese oder Ausschnitte davon verewigt er in der „Galerie der verlorenen Heimat“. Das Projekt war 2015 aus dem Ansporn des Bürgerbündnisses „Wittstock bekennt Farbe“, dem Richter angehört, entstanden, nicht immer nur auf rechte Gewalt und Aktionen zu reagieren, sondern selbst die Initiative zu ergreifen – gerade mit Blick auf Vorurteile gegenüber Migranten. „Irgendwie kommt doch jeder mal von irgendwoher irgendwohin“, sagt der Initiator. Diese Geschichten schreibe er auf, auch um der Stadt Wittstock damit ein „kollektives Gedächtnis“ zu schaffen. Geschichten sind digital zu lesen: Zahlreiche Geschichten hat Gerhard Richter bereits gesammelt. 33 von ihnen sind auf Tafeln der „Galerie“ veröffentlicht und in Ausstellungen gezeigt worden. Alle Tafeln sind mittlerweile auf der Homepage des Projekts zu lesen. Es gibt laut dem Initiator auch Menschen darunter, die aus Überzeugung ihre Heimat nie verlassen haben. Andere wiederum wären durch Krieg und Vertreibung dazu gezwungen worden. Das Bündnis „Wittstock bekennt Farbe“ hat das Projekt initiiert. Es wurde auch von der Kirche unterstützt. Der Autor Gerhard Richter wollte damit zeigen, dass Migration und Mobilität in fast jeder Familie ein Thema ist und war. 33 Geschichten von Wittstockern oder Menschen, die mit der Stadt zu tun hatten, auf Tafeln abgebildet. Während der Landesgartenschau war die Galerie in der Gröperstraße 9 untergebracht. 172 Besucher hatten sich die Ausstellung angeschaut. Im Internet ist die Galerie auch zu finden. Zudem ist Gerhard Richter weiterhin auf der Suche nach Menschen und ihren Geschichten. Kontakt: Tel. 0170/2377428, E-Mail: post@gdvh.eu Nicht nur ältere Menschen, die die Gräuel des Zweiten Weltkriegs miterlebt hatten, kommen in der Galerie zu Wort, auch junge syrische Flüchtlinge wie Amer aus Damaskus. Der Koch war 2012 aus seiner Heimat geflohen, sein Haus wurde zerstört, seine Brüder wurden getötet. „Ich möchte hier in Wittstock bleiben, meine drei Kinder und meine Frau hierherholen. Ich suche nach einer Arbeit in einem Restaurant oder in einem Hotel“, sagt er in seiner Geschichte. „Bei der Geschichte musste ich auch kurz weinen“, sagt Richter. Es seien eben nicht alle Protagonisten der Galerie Helden, im Gegenteil. Bei größeren Veranstaltungen trifft man den Autoren regelmäßig an. Mit einer alten Schreibmaschine, mal einer „Erica Nr. 5“ oder einer „Groma“ tippt er die Erlebnisse, die ihm die Menschen im lockeren Gespräch mitteilen, ab. „Das schafft Vertrauen und macht die Sache glaubwürdiger“, erklärt Gerhard Richter. Denn das Getippte könne man so nur schwer ändern oder manipulieren. Außerdem sei so eine Schreibmaschine ein Hingucker, über das man gut ins Gespräch finden würde. Aufgrund eines Artikels in der Wochenzeitschrift „Die Kirche" wird die Galerie im kommenden Jahr nach Berlin eingeladen und dort in einer Einrichtung gezeigt, wie Gerhard Richter informiert. Die Ausstellung beginne Ende März, ein Ende sei noch nicht vereinbart. „Danach steht es aber interessierten Institutionen frei, die Galerie bei sich auszustellen“, sagt der Initiator. Er sei offen für alles und jeden. Von Christian Bark

Galerie der verlorenen Heimat - Wittstocker Geschichten bald in Berlin zu lesen