Wittstocker Künstlerin hat die Kratztechnik für sich entdeckt

Am ersten Maiwochenende wollen zehn Künstler auf Burg Goldbeck ihre Ateliers öffnen oder sich beim Schaffen über die Schulter schauen lassen. Die Veranstaltung, sofern sie denn unter Corona-Auflagen möglich sein wird, soll unter dem Motto „Hommage an die Renaissance“ stattfinden, wie Jörg Schürer, einer der Initiatoren erklärt. Und zwar mit Blick auf die „Wiedergeburt“ der Kunst nach der Pandemie, wie seinerzeit in Europa des 15. Jahrhunderts nach der Pest. Alle teilnehmenden Künstler stehen mit der Burg in Verbindung oder wohnen sogar auf ihr. Die Künstlerin Rita Thiele ist vor rund 25 Jahren zu ihr gelangt, damals durch Kontakte zum Künstler Zoyt. Damals befand sich die heute 55-Jährige gerade in der Ausbildung zum Steinmetz. „Vorher hatte ich industrielle Formgestaltung in Halle studiert. Dabei habe ich meine Liebe für das Material Stein entdeckt“, berichtet Rita Thiele. Stein sei der Widerstand gewesen, denn sie gebraucht habe. Späte folgte dann noch eine betriebswirtschaftliche und berufspädagogische Fortbildung im Handwerk in Dresden sowie eine Multimediafortbildung. Heute lebt und wirkt Rita Thiele hauptsächlich in Dresden, kommt aber immer mal wieder nach Wittstock. Entweder, um hier ihre Mutter zu besuchen oder um in ihrer Atelierwohnung auf Burg Goldbeck zu leben und kreativ zu werden. „Ich versuche, Restaurierung, Gestaltung und freies Arbeiten in Einklang zu bringen“, sagt die Künstlerin. In Dresden aber auch bundesweit ist sie oft an Restaurierungsprojekten beteiligt. Gerade etwa an der Aufwertung des Mozartbrunnens in der sächsischen Landeshauptstadt. Mehr als nur Bildhauerei: Das Spektrum ist groß und reicht von alten Grabsteinen bis hin zu altägyptischen Löwenköpfen, die die Künstlerin in Eritrea abgezeichnet und aus den Skizzen dann in Form gebracht hat. Bildhauerei allein ist bei Rita Thiele zu kurz gegriffen, denn sie malt, zeichnet, fotografiert und bearbeitet Bilder. Aus ihrer Ausbildungszeit stammt zudem noch das Logo der Wittstocker St. Marien-Gemeinde in Form der Marienkirche. Der Stil reicht von naturalistischen bis hin zu abstrakten Formen. Gerade hat die Künstlerin ihr Herz aber an eine ganz andere Kunsttechnologie verschenkt, das Kratzen. Mit einem Kratzdorn entstehen auf Platten aus verschiedenen Materialien Formen, die mit Farbe ausgeschmückt werden können. „So ein Bild kann manchmal bis zu einer Woche in Anspruch nehmen“, berichtet die Künstlerin. Wesentlich schneller gehen ihr Skizzen, etwa von heimischen Singvögeln, von der Hand. „Schon morgens vor dem Frühstück zeichne ich sie“, sagt Rita Thiele. Auch im Garten ihrer Mutter nutzt sie Geräusche, Eindrücke und Emotionen, um zu kratzen, zu zeichnen oder zu malen. Einer von Rita Thieles Lieblingsplätzen ist aber mitten in der Natur auf einem Feldweg Richtung Siebmannshorst. Dem Tag des offenen Ateliers am 1. und 2. Mai auf Burg Goldbeck blickt Rita Thiele optimistisch entgegen. Ihr ist es wichtig, nicht nur Werke und einen Raum zu zeigen, sondern Besucher aktiv mit einzubeziehen und Wissenswertes weiterzugeben. „Und vielleicht gibt es auch noch eine kleine Überraschung“, kündigt die Künstlerin an. Von Christian Bark