Wittstocker Landschaftspflegeverband will Anbau von Nutzhanf fördern

Hanf ist im Gespräch – über die alte Kulturpflanze wird heiß diskutiert. Auch in Deutschland steigt das Interesse am Nutzhanf, aber damit auch das Konfliktpotential. Es bleibt spannend. Ob hiesige Landwirte an der Entwicklung teilhaben können, entscheidet letztendlich die Politik. Denn obwohl das Interesse groß ist, sehen sich immer noch viele Landwirte nicht in der Lage die hohen rechtlichen Hürden zu nehmen. Auf Grund der geringen Anbaufläche von 2148 Hektar wurden rund zwei Drittel des benötigten Nutzhanfs 2018 importiert. Das Prignitz-Ruppiner Land und die Müritzregion sind mit 800 ha und einem knappen Dutzend Anbauern dabei. Hanf-Projektgruppe bemüht sich um Nutzhanf-Anbau: Um den Hanfanbau in der Region weiter zu fördern und zu vernetzen, gründete der Landschaftspflegeverband Prignitz-Ruppiner Land im Jahr 2018 eine Hanf-Projektgruppe. Seitdem macht diese durch verschiedene Veranstaltungen auf die ökologischen Vorteile von Nutzhanf aufmerksam. So fanden Fachgespräche auf der Grünen Woche statt, ein Hanfbauerntag in Kuhlmühle sowie eine Informationsveranstaltung zu Anbau und Verarbeitung in Wittstock. In einer Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Brandenburger Landtags wurde im vergangenen Monat öffentlich über Chancen und Probleme des Hanfanbaus in Brandenburg diskutiert. Unter den Referenten waren auch die Verbandsmitglieder Wilhelm Schäkel und Jan Paki. Wittstocker Region soll Zentrum des Hanfanbaus werden: Momentan arbeiten die Akteure am Aufbau eines „Kompetenznetzwerks Nutzhanf“. „Unser Ziel ist es, Wittstock und die umgebende Region zu einem Zentrum des Hanfanbaus werden zu lassen“, sagt Andreas Bergmann, Vorsitzender des Landschaftspflegeverbands Prignitz-Ruppiner Land. „Dabei geht es vor allem darum, die Akteure zu vernetzen, die Kontakte suchen und ihr Wissen in Sachen Sortenwahl, Anbau, Ernte, Verarbeitung und Verkaufsstrategien erweitern wollen.“ Interessenten haben sich bereits zahlreiche gemeldet – unter anderem aus dem Lausitzer Braunkohlegebieten, aus Hamburg und selbst aus England haben den Verband Anfragen erreicht. Ein Zeichen, dass das Interesse groß ist und der Nutzhanf künftig in der nachhaltigen Landwirtschaft eine wichtige Rolle spielen kann – Grund genug, sich dafür einzusetzen, bestehende Hürden zu überwinden. Schirmfrau Kirsten Tackmann: Bereits im März vergangenen Jahres lud der Landschaftspflegeverband zu einem Nutzhanf-Fachgespräch in den Bundestag ein. Unter den rund 50 Teilnehmern waren Vertreter aus verschiedenen Bereichen wie Anbau, Verarbeitung und Vermarktung von Nutzhanf. Schirmfrau der Veranstaltung war die Bundestagsabgeordnete der Linken, Kirsten Tackmann. Ihre Fraktion hat gemeinsam mit dem Landschaftspflegeverband noch einmal viel Arbeit in einen Antrag gesteckt, um die Auflagen für den Nutzhanfanbau zu entschärfen. „Wir konnten auch die Grünen mit ins Boot holen“, sagt sie zufrieden. Mit dem gemeinsamen Antrag fordern die Abgeordneten jetzt die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der der alten Kulturpflanze wieder ihren wohl verdienten Platz in der Landwirtschaft zukommen lässt. Vor allem soll sie aus dem Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes entfernt werden. Große Hürden für Nutzhanf-Anbau: Seit der Aufhebung des Anbauverbots von Nutzhanf im Jahr 1996 ist der Anbau zwar erlaubt, unterliegt jedoch großen Hürden. Sorte und Menge der Aussaat und Anbaufläche müssen der Bundesanstalt für Landwirtschaft gemeldet werden und der vorgeschriebene Tetrahydrocannabinol-Gehalt (THC) der Pflanzen darf nicht mehr als 0,2 Prozent betragen. In anderen Staaten wie zum Beispiel der Schweiz und Italien gelten teilweise deutlich höhere Grenzwerte. Problematisch ist für Landwirte auch der natürlich schwankende THC- Gehalt. „Auf Grund trockener Sommer kann dieser steigen und bei der Kontrolle dann höher liegen als erlaubt“ – ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Mehr Rechtssicherheit für Hanf-Bauern: Da es momentan noch keine standardisierten Prüfverfahren gibt, fordern die Abgeordneten mehr Rechtssicherheit auch für den Handel mit unverarbeiteten Pflanzenteilen des Hanfs, wie zum Beispiel Tee. Um künftig eine umfassende Nutzung der Pflanze zu ermöglichen, müsse der Nutzhanf aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen werden. Außerdem soll die Kultur der gängigen Sortenzulassung unterworfen werden. Aus den Fasern des Nutzhanfs lassen sich Dämmmaterial und Kleidung produzieren, aus den Samen wird Öl und aus den Blättern Tee hergestellt. Auch für Klima- und Umweltschutz kann der Nutzhanfanbau zahlreiche Vorteile nachweisen und auch aus ackerbaulicher Sicht bietet er eine gute Ergänzung für mehr Vielfalt. Er kann für die Auflockerung der Fruchtfolgen, eine gute Durchwurzelung der Böden und Erosionsschutz sorgen. Die Kulturen benötigen wenig bis keine Pestizide und sind ein Refugium für Insekten und Wildtiere. Einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte in den letzten Jahren der in den weiblichen Blüten enthaltene Wirkstoff Cannabidiol. CBD-haltige Lebensmittel wurden der Renner unter den Lifestileprodukten. Chinesische Armee in Hanf-Uniformen: Durch das jahrzehntelange Nutzhanfverbot und die bis heute andauernden Einschränkungen konnten Forschung, Entwicklung und verarbeitende Industrie innerhalb der Europäischen Union kaum Fortschritte machen, kritisieren die Abgeordneten in ihrem Schreiben. „Anders als zum Beispiel in China“, sagt Andreas Bergmann. „Dort wird jetzt die ganze Armee mit Hanf-Textilien eingekleidet, weil das Material umweltfreundlicher als Baumwolle ist.“ Der Chef des Landschaftspflegeverbands. hofft, dass Deutschland nicht den Anschluss verliert. Zumindest für die nordbrandenburgische Region ist er zuversichtlich, da die Zahl der Interessenten steigt und bereits mehrere Landwirte den Anbau von Nutzhanf in Erwägung ziehen. Der Landschaftspflegeverband wird auch in diesem Jahr wieder aktiv dazu beitragen. Ein Feldtag sowie eine Infoveranstaltung in Wittstock sind bereits geplant. Der Landschaftspflegeverband Prignitz-Ruppiner Land startete 2017 in Wittstock mit 17 Mitgliedern. Derzeit sind es 50 Mitglieder. Zu den Mitgliedern gehören auch Neuruppin, Lindow, Heiligengrabe und Wittstock. Die Größe des Verbandsgebiets beträgt rund 250 000 Hektar. Ein Großteil der Arbeit des Landschaftspflegeverbands wird durch Projektgruppen geleistet. Der Landschaftspflegeverband Prignitz-Ruppiner Land in Wittstock, am Kirchplatz 12, ist über die Nummer 03394/4 19 97 47 zu erreichen. Lesen Sie auch: Wie Landwirte und das Klima von Nutzhanf profitieren Brandenburger Alleinunternehmer baut Hanf an Ideen für die regionale Wirtschaft geschmiedet Polizei räumt Hanfplantage bei Rentnern in Gottbergv Von Cornelia Felsch