Neustadt-Neuruppin: Bahnlinie hat wieder Chancen

Fahren zwischen Neustadt und Neuruppin vielleicht doch wieder irgendwann Personenzüge? Die Chancen stehen gar nicht so schlecht, meint der Landtagsabgeordnete und ehemalige Brandenburger Finanzminister Christian Görke (Die Linke) aus Rathenow. Als verkehrspolitischer Sprecher seiner Fraktion besuchte er auf seiner Sommertour am Dienstag Dessow. Der Dessower Ortsbeirat hatte sich im März in der Sache zu Wort gemeldet und eine Wiederaufnahme des Personenverkehrs auf der Bahnstrecke gefordert. Görke: Bahn ist am umweltfreundlichsten: Görke nahm unter anderem dies zum Anlass, sich in der politischen Sommerpause dem Thema Streckenreaktivierung zu widmen. „Wer eine Verkehrswende will, der muss auf die Schiene setzen“, zeigt er sich überzeugt. „Das ist nach wie vor am umweltfreundlichsten.“ Auf seine entsprechende Anfrage habe die Landesregierung nun geantwortet. „Ich habe am Montag eine erfreuliche Nachricht bekommen und die will ich hier loswerden“, so Görke. Das Land wolle nach eigenen Angaben prüfen, ob die Neustadt-Neuruppiner Strecke ab 2023 nicht doch über den Güterverkehr hinaus in den Landesnahverkehrsplan aufgenommen werden könnte. Ländliche Regionen werden attraktiver: Ein Gesichtspunkt sei dabei sicherlich der wachsende Zuzug aus der Großstadt in die ländlichen Regionen. Von Bevölkerungsschwund könne in Brandenburg nicht länger die Rede sein. Und die Attraktivität einer Region hänge entscheidend von ihrer Verkehrsanbindung ab. Zudem wolle bekanntlich auch die Bundesregierung bei der Wiederbelebung stillgelegter Eisenbahntrassen aktiv werden. „Der Bund hat für die Revitalisierung in den nächsten fünf Jahren eine 90-prozentige Finanzierung in Aussicht gestellt. Man wäre doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn man die Chance nicht nutzen würde.“ Hohe Investitionen unumgänglich: Investiert werden müsste zwischen Neustadt und Neuruppin auf jeden Fall, bevor der erste Personenzug rollt. Der Streckenbetreiber habe auf Nachfrage eine Summe im oberen einstelligen Millionenbereich erwähnt, so Görke. „Da gelten ja deutlich höhere Sicherheitsanforderungen als beim Güterverkehr.“ Außerdem, das zeigte der Ortstermin, ist nach 14 Jahren Stilllegung zumindest in Dessow nicht viel übrig von Bahnsteig und Bahnhofsgebäude. „Aber hier ist ja der Vorteil, dass die Bahnlinie noch von Güterzügen genutzt wird. Da kenne ich ganz andere.“ 2006 wurde der Personenverkehr zwischen Neustadt und Neuruppin eingestellt. Die Deutsche Bahn verkaufte die Strecke. Nach einigen Jahren Pause rollen nun zumindest wieder dreimal pro Woche Gütertransporte in Richtung Gewerbegebiet Temnitzpark. Anliegergemeinden brauchen Verbündete: Dessows Ortsvorsteher Gerd Schütte erinnerte daran, dass die Stilllegung damals unter anderem mit den sinkenden Passagierzahlen begründet wurde. „Aber das Problem war 2006 ja, dass der Anschluss in Neuruppin nicht funktioniert hat.“ Dafür hätte es auch damals gewiss schon Lösungen gegeben, zeigte sich Christian Görke überzeugt. „Nach meinem Kenntnisstand wäre diese Querverbindung zwischen RE2 in Neustadt und RE6 in Neuruppin durchaus wirtschaftlich zu betreiben.“ Gerade auch angesichts des einsetzenden Umdenkens in Politik und Wirtschaft. „Da bleibe ich dran.“ „Ganz wichtig ist immer, dass man den Kreis mit im Boot hat“, ergänzte Görkes Landtagskollegin und kommunalpolitische Sprecherin der Linken Andrea Johlige aus Elstal. Das mache in Potsdam gleich einen ganz anderen Eindruck. Die Dessower und die ganze Gemeinde Wusterhausen sollten sich Verbündete suchen. Von Alexander Beckmann