Apollo-Optik in Bad Belzig: Einzelhändler und Einwohner sehen Filialeröffnung kritisch

„Reichen nicht drei Brillengeschäfte in Klein Belzig?“ versus „Endlich ein bezahlbarer Laden!“: Der angekündigte Einzug der Apollo-Optik-Kette in der Straße der Einheit spaltet schon vor Eröffnung die Gemüter in den sozialen Netzwerken. Abseits dessen kündet ein Versicherer eine neue Zweigstelle in Bad Belzigs einstiger Commerzbank an. Der Leerstand in der Innenstadt schmälert sich. Stellengesuche an der Ladentür und riesige Werbetafeln kündigen die neue Nutzung der leer stehenden Geschäftsräume in der Straße der Einheit 32 an. Zuletzt eine Parfümerie, gibt sich nun Apollo-Optik als künftiger Mieter zu erkennen. Informationen über konkrete Ladennutzung oder gar ein Startdatum sind bei der zuständigen Agentur in Hamburg noch unter Verschluss. In diesem Jahr passiert hier voraussichtlich nichts mehr. Wer in das Geschäft lugt, kann aber fleißige Maler bei der Arbeit beobachten. Kette trifft auf Einzelhändler: Die Optiker-Kette trifft auf drei in Bad Belzig ansässige private Einzelhändler der Branche. Und die haben ihre ganz eigenen Gedanken zum Konkurrenten. Nur ein paar Gehschritte entfernt der geplanten Filiale befindet sich Iris-Optik. Dort möchte man sich aktuell nicht zur möglichen Konkurrenz um die Ecke äußern. Die zwei andere Geschäften liegen räumlich gesehen etwas weiter weg. Hier ist der Redebedarf schon da. Freudensprünge machen beide Inhaberinnen nicht, aber man will schauen, wie es sich nach der tatsächlichen Filialeröffnung entwickelt. „Wo fängt teuer an und hört billig auf?“ fragt sich indes Augenoptikerin Juliane Dschurny, die ihr Geschäft am Markt hat, im Hinblick auf das Argument, dass eine Kette die besseren Brillenpreise hat. Natürlich seien Modelle im Einzelhandel nicht immer die Dumping-Angebote, nach denen einige Kunden suchen. Dafür setze man hier auf das personelle und individuelle. „Eine Brille ist ein Kleidungsstück, welches man 365 Tage im Jahr trägt“, sagt Dschurny. Bei Zahnersatz oder Hörgeräten würde doch auch genommen, was sich gut anfühlt und zum Gesamtbild passt. Zufriedenheit zahlt sich aus: Kunden die zufrieden seien, würden sich vielleicht auch einmal bei der Optikerkette umschauen, letztlich überzeuge aber grundsätzlich das Vertrauen. „Wie bei einem guten Friseur, der weiß, wie die Haare fallen oder gestylt werden sollen.“ Für Brillenträger, die bereits Kunden bei Apollo sind, sei es aber auch als eine positive Entwicklung zu sehen, findet Dschurny. Sparen sie doch so Fahrtwege nach Potsdam oder Brandenburg. Und: „Es schließt auch eine Lücke in der Einkaufsmeile, obwohl im Gesamtbild sicher auch ein schöner Einzelhandel gut in die Reihe gepasst hätte“, sagt Dschurny. In Bad Belzig laufe viel über Empfehlungsmarketing und wichtig ist doch letztlich nicht, ob man ein teures Markenmodell auf der Nase hat, sondern das es den Typ unterstreicht. Und der Weg dahin führt über eine umfassende Beratung und nicht über mögliche Sensationspreise. Konkurrent? Mal schauen! Auch Nicole Eschholz, Geschäftsführerin bei Optik Rieckhof in der Bahnhofstraße, ist die angekündigte Filialeröffnung nicht entgangen. „Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft, mal gucken“, sagt sie eher zaghaft und nicht ganz ohne Fragezeichen im Kopf über die Zukunft des eigenen Ladens. Allerdings konzentriert sie sich aktuell lieber auf ihr eigenes Geschäft, welches trotz Corona gut läuft. „Wir waren ja früher auch mal vier Optiker“, merkt Eschholz an. Da hätte es auch problemlos funktioniert. Warum Apollo gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten in Bad Belzig sesshaft werden will, kann sie sich nur mit der Vermutung erklären, dass große Shopping-Center zu Pandemiezeiten vielleicht mehr gemieden werden und ein dezentraler Standort in der Innenstadt einladender wirkt. Eine andere Beobachtung der Augenoptikermeisterin: „Oft zieht Fielmann als weitere Kette nach, das wäre dann wirklich ein Grund, sich um die Privaten Sorgen zu machen.“ Weniger Leerstand: Die Bad Belziger Innenstadt hat zudem fast unbemerkt zwei weitere Geschäftstreibende hinzubekommen. Zum einen wird in der Wiesenburger Straße am einstigen Standort der Commerzbank am 4. Januar 2021 eine Zweigstelle des Versicherers DEVK eröffnet. „Für mich war es schon immer ein Traum, in Bad Belzig eine eigene Geschäftsstelle zu eröffnen“, so der künftige Mieter und Berater Ronny Köhler. Ursprünglich hatte er auch die Räumlichkeiten in der Straße der Einheit ins Auge gefasst, aber eine Absage bekommen. Am Marktplatz ist in der ehemaligen Geschäftsstelle der Partei „Die Piraten“ eine Rechtsanwalts- und Meditationskanzlei untergekommen. Franziska Haitsch hat sich dort 2020 niedergelassen und vor gut einem Monat die Räumlichkeiten erweitert, so dass die Meditationskanzlei separat gestaltet werden konnte. Die Bad Belziger Innenstadt wächst so stetig, mit allem Freud und Leid, dass sie als wirtschaftlichen Standort für Einzelhändler ausmacht. Von Natalie Preißler