Corona-Krise: Bauern in Rädigke, Dahnsdorf und Mittelmark am Werk

Wenn die Sau abferkelt, muss sich jemand darum kümmern. 350 Schweine stehen im Stall der Agrargenossenschaft Hoher Fläming in Rädigke. Sie wollen zweimal am Tag gefüttert werden. Nicht anders ist es bei den insgesamt 500 Kühen. Zweimal täglich kommt das Milchvieh zudem auf den Melkstand. Wenn hinreichend Personal vorhanden ist, geht die Produktion ihren Gang. „Deshalb hoffen wir sehr, dass wir weiter von der Infektion verschont bleiben“, sagt Florian Schulze. Die Aufregung wegen des sich verbreitenden Corona-Virus ist schon erheblich, wie der Assistent der Geschäftsführung einräumt. Deshalb hat das Unternehmen seinen betroffenen Mitarbeitern, also ein Drittel der 42-köpfigen Belegschaft, fünf Tage bezahlten Urlaub gewährt. Um sich beispielsweise organisieren zu können, wenn die Kindernotbetreuung in einer Einrichtung nicht in Frage kommt. 13.000 Liter Milch täglich: Dabei wirken die Beschäftigten mit an der Sicherung der kritischen Infrastruktur, wie es oft und gern formuliert wird. Immerhin hat Bundesministerin Julia Klöckner versichert, die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sei gesichert. Agrarbetriebe und Ernährungsmittelhersteller würden vorrangig betrachtet. Im Griff von Weltmarkt und Weltklima versuchen die Bauern zu Füßen der Burg Rabenstein Jahr für Jahr regionalen Halt zu finden. Ihr Borstenvieh etwa wird bei der benachbarten Fläming-Farm Grubo im Mützdorfer Stall groß gezogen, ehe es bei Stefan Zimmermann in Görzke geschlachtet und verarbeitet wird. Aktuell gibt es auf der Linie keine Beeinträchtigungen,heißt es. Auch die Molkereien arbeiten regulär. 13.000 Liter werden allein in Rädigke pro Tag erzeugt. „ Da darf die Abnahme nicht ins Stocken geraten“, sagt Florian Schulze. Auf den Feldern grünt es: Sogar Gerald Herzog als Feldbauchef sieht eigentlich nach den zwei vergangenen Dürrejahren ausdrücklich positiv dem Frühling entgegen. 1300 Hektar Getreide, 500 Hektar Mais für die Kühe und die betriebseigene Biogas-Anlage, 400 Hektar Raps sowie auf 300 Hektar mit Öko-Getreide, -Raps, –Leinen und -Sonnenblumen sind bestellt. „Dank der Niederschläge von 170 Litern in den ersten drei Monaten lebt der Boden wieder“, sagt der Geschäftsführer. Die Nährstoffe konnten so auf natürlichem Wege mobilisiert werden. Stallmist und Gülle aus der Biogas-Anlage werden teilflächenspezifisch per GPS-Steuerung noch als Ergänzung eingepflügt. Dass Kraftstoff, Saatgut, Futtermittel oder Dünger ausgehen könnten, fürchten die Bauern nicht. Da gibt es meist eine Vielzahl an Herstellern und Anbietern, so dass – nach einer gewissen Anlaufphase –gewiss Ersatz-Kapazitäten zu finden wären. Die Einschätzung teilt auch Jens Schreinecke. Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Potsdam-Mittelmark sieht vielmehr ebenfalls die Gefahr, dass die Beschäftigten wegen Krankheit ausfallen könnten. „Ich beobachte auf den Dörfern, dass die Leute Abstand halten.“ Spargelbauern suchen noch Erntehelfer: Fehlendes Personal beklagen indes die Spargelbauern. Deren Saison steht unmittelbar vor der Tür. Allein die 14 Mitgliedsbetriebe des Vereins Beelitzer Spargel brauchen um die 2500 Erntehelfer, wie der Vorsitzende Jürgen Jakobs berichtet. Sie sind von den seit voriger Woche verschärften Einreisebestimmungen betroffen. „Wenn das Edelgemüse wegen der vorhergesagten Abkühlung noch nicht massenhaft durchbricht, sollte sich doch demnächst noch eine Lösung finden“, hofft Jens Schreinecke auf die Einreise vor allem für die in dem Metier erfahrenen Rumänen. Dass auf dem Spargelacker oder anderenorts in den Betrieben ungelernte einheimische Hilfskräfte, Schüler und Studenten etwa, zuhauf zum Einsatz kommen könnten, glaubt der Bauernchef aus Stücken nicht. Kaum Ansteckungsgefahr auf dem Acker: „Die Liefersaison ist zum Glück zu Ende und die Lager sind leer“, sagt Christian Hoffmann von der Neuen Mühle in Dahnsdorf. Auf seinen 30 Hektar wird er wieder Obst, Gemüse und Kartoffeln ökologisch anbauen. „Der meist einsame Arbeitsplatz auf dem Feld hat den Vorteil, dass die Ansteckungsgefahr dort zumindest gering ist“, sagt er. Dessen ungeachtet ist der 47-Jährige nicht etwa außen vor. „Ich gehöre zum Ortsbeirat, da werden gerade Informationsketten und Helferkreise gebildet“, berichtet der Familienvater. Ähnlich ist die Atmosphäre in Rädigke. Dort ist der Publikumsverkehr am Unternehmenssitz reduziert worden. Gleichwohl bleibt zumindest der im Vorjahr eröffnete Hofladen offen, wo unter anderem Konserven und Speiseöle aus eigener Produktion direkt verkauft werden. Von René Gaffron

Hoher Fläming - Die Bauern zittern, aber vorerst geht es weiter