Einmalig: S-Bahn rollt im April in den Hohen Fläming

Das gab es noch nie: Eine rot-gelbe S-Bahn rollt in den Hohen Fläming. Vom Unternehmen schon länger ausrangiert musste sich jetzt auch der Verein „Historische S-Bahn“ von dem 1927 in Görlitz gebauten Steuerwagen trennen. Er braucht Platz im Depot in Berlin-Schöneweide. Dessen ungeachtet soll das später zum Beiwagen umgebaute und bis 1994 genutzte Fahrzeug nicht nur seinen 100. Geburtstag am Fuß des Hagelberges erleben, sondern mehr denn je Botschafter für die Zukunft sein. Nächster Halt für den Schienen-Oldtimer ist der Gutshof Klein Glien. Denn das Coconat-Domizil hat ihn für den eher symbolischen Preis von 4000 Euro erworben. Blickfang und Arbeitsstätte: Er wird Herzstück des 120 Quadratmeter großen neuen Co-Working-Spaces sein, der wegen steigender Nachfrage gerade auf dem Gelände geschaffen wird. „Die S-Bahn symbolisiert dann das Arbeiten ohne Pendeln; bietet Raum für Menschen mit Schreibtischtätigkeiten. Dazu gehören Selbstständige aus unterschiedlichen Branchen, aber auch Angestellte aus der Region sowie Pendler, die flexibel arbeiten können“, freut sich Gründer Janosch Dietrich. Er preist die gleichermaßen inspirierende wie produktive Atmosphäre. Seit fünf Jahren hat sie sich am und im einstigen Herrenhaus etabliert. Digitalisierung auf dem Lande geht voran: „Am Beispiel des Coconat sehen wir deutlich, dass Digitalisierung nicht nur im Silicon Valley oder in Metropolen stattfindet, sondern auch Einzug hält auf dem Lande und hier ein zukunftsfähiger Wirtschaftsfaktor werden kann”, erklärt Bad Belzigs Roland Leisegang. Der Aufbau weiterer Coworking-Angebote wird in der Initiative „Home @Office“ des Vereins Neuland 21 – gefördert aus dem Europäischen Sozialfonds und vom Land Brandenburg – Bestandteil des Smart-City-Projekts sein, heißt es in einer Mitteilung der beteiligten Kommunen Bad Belzig und Wiesenburg/Mark. Ein weiteres Büro wird demnach im Gebäude des Bahnhofs am Park Wiesenburg, dessen Eigentümerin die Bahnhofsgenossenschaft ist, etabliert. 20 Quadratmeter groß bietet es bis zu drei Arbeitsplätze und ergänzt die Entwicklung des Bahnhofsquartiers mit direktem Anschluss an den Regionalexpress 7 nach Berlin und Dessau. Büro im Bahnhof am Park: „Der Raum ist offen für alle, die konzentriertes Arbeiten außerhalb der eigenen vier Wände suchen“, so Anna Momburg. Sie hat gerade den Bedarf dafür in einer Umfrage analysiert. Gleich nebenan befindet sich das gemütliches Café, betrieben durch die Countrygolf GmbH, für die wohlverdiente Pause dazwischen. „Die Möglichkeit ortsunabhängig zu arbeiten ist zunehmend von Bedeutung für Rückkehrende und Zuziehende“, schätzt Marco Beckendorf, Bürgermeister von Wiesenburg/Mark, ein. Das Ko-Dorf am Bahnhof mit etwa 40 Häusern soll ein Anker werden. Transport für April in Vorbereitung : Auf dem Gutshof Klein Glien wird voraussichtlich ab April der S-Bahn-Wagen als Blickfang postiert und mit Einzelarbeitsplätzen ausgestattet. Gespräche mit der Denkmal- und Bauaufsichtsbehörde wurden schon einmal geführt, so Janosch Dietrich auf MAZ-Anfrage. Erst einmal muss die Überführung in den Hohen Fläming organisiert werden. Sie erfolgt per Sonderschwertransport per Tieflader auf der Straße. Zunächst einmal sind er und Mitstreiter froh, dass sie sich gegen eine Vielzahl von Mitbewerbern durchsetzen konnten. „Der gemeinwohlorientierte Ansatz von Coconat/Heim@Office und die Einbettung in die Strukturen von Smart Village/Smart City dürften entscheidend dafür gewesen sein, dass wir zu dritt ins S-Bahn-Instandhaltungswerk Schöneweide eingeladen wurden, einige Vereinsmitglieder und die S-Bahn kennengelernt haben“, so Janosch Dietrich. Im Januar folgte das entscheidende Votum des Vorstandes. Von René Gaffron