In Wiesenburg entsteht eine neue Schule für 120 Kinder

Das Lernen in der Freien Schule Fläming muss in Zukunft nicht mehr nach der sechsten Klasse enden. Die Jungen und Mädchen werden darüber hinaus unterrichtet, müssen dazu aber nicht extra nach Potsdam fahren. Vielmehr soll nach dem Sommer erstmals eine siebte Klasse in der Schmerwitzer Ortsmitte die Pionierarbeit übernehmen. Währenddessen wird neben der Wiesenburger Grundschule „Am Schlosspark“ ein Freies Lernzentrum entstehen. 120 Schüler von der Klasse eins bis zehn, womöglich sogar bis zur zwölften Jahrgangsstufe, könnten dort Platz finden. Das Gebäude will die Gemeinde Wiesenburg/Mark bis 2024 errichten und danach langfristig an den Trägerverein vermieten. Zuspruch im Sozialausschuss: Dieses Angebot unterbreitet Bürgermeister Marco Beckendorf (Linke) nunmehr mit Zustimmung des Sozialausschusses. Das Gremium hat das Vorhaben am Dienstagabend erörtert. „So muss das Gefühl der Weltumsegler sein“, glaubt Thomas Wernicke. „Sie sind lange auf der Reise und langsam kommt Land in Sicht“, sagt der pensionierte Lehrer. Seit vier Jahren lebt er im Hohen Fläming und berichtet von der fast ewig dauernden vergebliche Standortsuche. Gemeinsam mit seinem Sohn Paul, Betreiber der Wildnisschule in Grützdorf, und Schauspielerin Julia Strehler aus Hagelberg, engagiert sich der Pädagoge seit geraumer Zeit für die Erweiterung des alternativen Schulangebotes. Viele Gebäude betrachtet: Vier Jahre lang haben die Protagonisten schon viele Domizile in Brück, Bad Belzig und Umgebung in Augenschein genommen. Weder in bestehenden Bildungsstätten noch in anderen Gebäuden war die Etablierung ihrer Einrichtung denkbar. Doch die Freie Schule mit ihren besonderen ökologischen und reformpädagogischen Konzept nach Maria Montessori verzeichnet große Nachfrage. Vor 15 Jahren wurde sie in Lübnitz gegründet. Seit 2010 ist sie in der Ernst-Thälmann-Straße Bad Belzig ansässig und mit 50 Kindern in der Primarstufe ausgebucht. Vorbildbau am Bodensee: Für die Fortsetzung in der Oberstufe gibt es ein vom Bildungsministerium genehmigtes Konzept, wie die Aktivisten berichten. Nun scheint doch klar, wo es umgesetzt werden kann. „Das gesamte Gelände ist im Flächennutzungsplan als Schulstandort gesichert. Insofern gibt es gute Chancen, zügig Baurecht zu erhalten“, schätzt Marco Beckendorf ein. Wahrscheinlich wird ein Zweigeschosser gebraucht. Bestenfalls lässt sich ein Bau in Radolfzell am Bodensee kopieren, heißt es. Die Kosten werden auf zwei bis vier Millionen Euro beziffert, wobei die Kommune wohl bessere Kredit- und Abschreibungsbedingungen hat. Deshalb würde sich die Gemeinde Wiesenburg/Mark ungeachtet ihrer schon zahlreichen anderen Vorhaben dieser Aufgabe widmen, begründet der Verwaltungschef seinen Einsatz. Während sich die Lokalpolitiker mit der Idee wohl anfreunden können, schüttet Ilona Zehnsdorf Wasser in den Wein. Kritik von der Schulleiterin: Abgesehen von der energetischen Sanierung in der jüngeren Vergangenheit hätte die Kommune für die eigene Grundschule „Am Schlosspark“ lange Zeit wenig übrig gehabt, beklagt die Direktorin angesichts der im Raum stehenden Summe.Auch war die Leiterin vor längerer Zeit zwar schon mit den Anliegen befasst, ist von der jetzt sehr konkreten Idee überrascht. „Betrachten Sie bitte, welche Fläche hinter dem Hortpavillon bereit gestellt werden soll!“, mahnt Ilona Zehnsdorf die Abgeordneten. Unter anderem betrifft es den Schulgarten. „Das ist in dem Fall schade“, sagt Ute Paulmann-Boll (SPD) aus Reetz, die ihn einst mit angelegt hat. „Doch ich stelle mir auch eine lebendige Schullandschaft vor, wobei beide Angebote profitieren.“ Kooperationen werden angestrebt: „Kooperationen auf Augenhöhe sollte ein elementarer Ansatz sein“, bekräftigt Julia Strehler. Immerhin könnten Turnhalle, Flämingstadion und weitere Einrichtungen durchaus häufiger frequentiert werden. Bis es soweit ist, soll die Freie Schule ein Übergangsquartier beziehen. Dabei handelt es sich um die ehemalige Zahnarztpraxis von Regina Stein. Die Räume sind nach vertretbarem Umbauaufwand geeignet, jährlich eine siebente Klasse mit maximal zehn Schülern aufzunehmen. Spätestens nach dem dreijährigen Übergang wollen aber die Dorfgemeinschaft und der ebenfalls wachsende Naturkindergarten das Quartier beanspruchen. Von René Gaffron