Kreistag Potsdam-Mittelmark: Kein Livestream aus den Sitzungen

Wer sich ein Bild von der Arbeit des Kreistages Potsdam-Mittelmark machen will, muss den Weg nach Bad Belzig auf sich nehmen. Denn die Sitzungen werden weiterhin nur offline abgehalten. Ein Antrag von Linken und Piraten, die sich für eine Internet-Übertragung der Sitzungen einsetzen, hat knapp die Mehrheit verfehlt. In namentlicher Abstimmung votierten am Donnerstagnachmittag je 20 Abgeordnete dafür und dagegen. Damit wurde die nötige Mehrheit ganz knapp verfehlt. Neun Politiker, zumeist aus der SPD-Fraktion, einschließlich Landrat Wolfgang Blasig (SPD), enthielten sich der Stimme. Appell von Piraten-Politikerin: Jeannette Paech, Piraten-Politikerin aus Teltow, plädierte dafür, die Möglichkeiten des digitalen Zeitalters zu nutzen, um die Politik näher an die Bürger zu bringen. Dazu gehört, dass die Mittelmärker barrierefrei und unabhängig von Zeit und Ort verfolgen können, wie eine für sie bedeutende Entscheidung gefällt wird. Denn vorgeschlagen war ferner, dass die Aufzeichnungen der Beratungen ein Jahr lang online archiviert und somit für jeden befristet abrufbar bleiben. Vor allem die CDU-Fraktion verwies darauf, dass sehr wahrscheinlich mit dem Filmen ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte einhergehe. „Wir sind ja nicht Berufspolitiker“, schickte Fraktionschef Martin Szymczack in seiner Gegenrede voraus. „Deshalb sollte ein Nein auch ohne Begründung akzeptiert werden.“ SPD-Mann Dietmar Otto zweifelte ebenfalls an der Umsetzung, noch dazu am regulären Tagungsort im Plenarsaal des historischen Landratsamtes. Dort ist es immer sehr eng für die 56 Abgeordneten. Furcht vor Enthüllung von Interna: Nicht auszuschließen sei laut Dietmar Otto, dass mit der Kameraführung sogar interne Absprachen nach außen dringen. „Auch wenn Schokolade verteilt oder ein Apfel verspeist wird, entstehen womöglich Bilder, die mit dem Anliegen nichts zu tun haben und ablenken“, ist der Stahnsdorfer überzeugt. „Alle Abgeordneten sind vom Wahlzettel bekannt, waren in der Zeitung abgebildet und verhalten sich eben so – das könnte im Sinne der Transparenz gezeigt werden“, befand dagegen Claudia Kimpfel (AfD). Bündnis 90/Die Grünen sprachen sich ebenfalls für den Live-Stream aus. „Zu teuer angesichts der vorhergesagten Produktionskosten von mehr als 100.000 Euro in vier Jahren“, erklärte Roland Büchner (Freie Wähler, Bauern und Bürger). Unvertretbare Kosten, findet auch die Union und will zumindest nicht dem Beispiel des Kreistages Oberhavel folgen. „Stinklangweilige Sitzung, so etwas will niemand sehen“, so das Urteil von Martin Sczymczak. Abgeordnete im Rekordtempo: Die Tagung in Bad Belzig wurde jedenfalls mit zwei Stunden Dauer unverhofft zum Kurzprogramm. Denn allein unter dem Tagesordnungspunkt Anfragen von Abgeordneten mussten mehr als 100 Punkte mit 600 Einzelfragen formell abgearbeitet werden. Das Präsidium hatte vorgearbeitet, thematisch statt chronologisch die Abarbeitung organisiert. Die Nachfragen der Parlamentarier hielten sich in Grenzen. Den Erfolg eingefahren haben dabei Michael Klenke (SPD) und Georg Hartmann (Bündnis 90/Die Grünen) als stellvertretende Vorsitzende des Gremiums. Die Chefin, Mirna Richel (CDU) aus Kleinmachnow, musste die Teilnahme an der Sitzung kurzfristig absagen. Hintergrund ist ein Corona-Fall im familiären Umfeld, wie es zur Begründung hieß. Von René Gaffron