Immobilien: Investoren reißen Brücker NVA-Siedlung aus Dornröschenchlaf

Aus einem hässlichen Entlein zu einer schmucken Prinzessin entwickelt wird das Wohngebiet Brück-Ausbau. Dort laufen aktuell die Sanierungsarbeiten im zweiten großen Bauabschnitt auf Hochtouren. Immobilien-Kaufmann Helmut Roling aus Potsdam und sein Geschäftspartner, Rechtsanwalt Matthias Lenhardt aus Berlin, investieren dort insgesamt elf Millionen Euro in die komplette Modernisierung des früheren Wohngebietes für Beschäftigte des nahen Standortes der Nationalen Volksarmee der DDR. Spätestens bis zum Ende des kommenden Jahres sollen alle der insgesamt 240 Wohnungen in den neun Mehrfamilienhäusern saniert sein. Gut 14.500 Quadratmeter Wohnfläche bieten dann Platz für rund 600 Bewohner. Immer mehr neues Leben kehrt ein in die Siedlung, die seit der Wende im Dornröschenschlaf versunken war. Lange Jahre düstere Zukunft: Lange Jahre zeichnete sich keine positive Zukunft ab. „Der immer weitere Verfall ließ befürchten, dass am Ende nur noch der komplette Abriss als Option stehen könnte“, sagt der Brücker Amtsdirektor Marko Köhler am Mittwoch bei einem Besichtigungstermin. „Umso glücklicher sind wir, dass es mit den neuen Eigentümern nun verlässliche und konstruktive Investoren gibt.“ Sie planen für ihr nach eigenen Angaben „langfristig angelegtes Engagement“ altersgerechte und zum Teil barrierefreie Wohnungen, „die familienfreundlich sind und sich auch für eine Alters-Durchmischung der Generationen eignen“, erklärt Helmut Roling. Im Jahr 2016 hatten der Immobilien-Kaufmann und der Jurist die Wohnanlage erworben vom privaten Vorbesitzer. „Damals gab es hier vor allem Leerstand und lediglich 70 Mietparteien“, erinnert sich Roling. Am Anfang ganz niedrige Miete: Die Mietpreis pro Quadratmeter lagen da noch bei 3,30 bis 3,80 Euro. Heute liegen sie für die sanierten Quartiere bei bis zu 7,50 Euro. Die Nachfrage für den im Vergleich zur Hauptstadtregion um Berlin noch preiswerten Wohnraum sei groß. „Alle sanierten Wohnungen der Plattenbauten sind vermietet und für die folgenden gibt es schon Reservierungen“, erzählt Investor Helmut Roling. „Zuletzt ist hier wirklich sehr viel passiert“, sagt Mieterin Antje Neubert gegenüber der MAZ. Sie ist 2017 noch beim Vorbesitzer in einen der vier Plattenbauten gezogen, die damals noch unsaniert und im Zustand der 80er-Jahre waren. Inzwischen sind diese vier Blöcke alle fast vollständig saniert. „Wir sind zufrieden, haben eine preiswerte Wohnung mit Blick ins Grüne. Was will man mehr“, sagt Antje Neubert. Sie ist mit ihrem Partner aus Brück-Trebitz rausgezogen nach Brück- Ausbau. Alle mit Balkon oder Garten: Derzeit laufen in der Siedlung die Sanierungsarbeiten in 112 Wohnungen auf Hochtouren, die ursprünglich als erste 1960 und 1965 errichtet worden waren. Alle erhalten einen Balkon und teilweise fertig montierte Küchen. Für den aus Westfalen stammenden Mitbesitzer Helmut Roling, der seit 17 Jahren in Potsdam lebt, ist die Sanierung von Plattenbauten eine Premiere. „Bisher habe ich so an die 100 denkmalgeschützte Gebäude saniert“, erzählt der Investor. „Die Plattenbauten und die Siedlung hier in Brück haben aber durchaus ihre Berechtigung als effizienter Wohnraum mit guten Zuschnitten.“ Anfangs seien die Banken skeptisch gewesen, „ob sich diese Investitionen abseits der ländlichen Stadt mit viel Leerstand in den Plattenbauten überhaupt refinanzieren ließe“, berichtet Roling. Inzwischen häufen sich die Anfragen von Bewerbern, die eine Anbindung an die nahe Autobahn 9 sowie die Regionalbahnlinie 7 zwischen Berlin und Dessau schätzen. „Täglich haben wir Besichtigungen“, sagt Jakob Carlin, der vor Ort für die Wohnungsverwaltung zuständig ist. Kommune im Zugzwang: Matthias Schimanowski (Pro Brück), der ehrenamtliche Bürgermeister von Brück, lobt das Engagement und die Herangehensweise der Investoren. „Hier werden nicht nur die Wohnungen vernünftig saniert, sondern auch gleich das Umfeld mit.“ Das bringe auch die Kommune selbst „in Zugzwang, auch unsere Wohnungsbestände auf einen moderneren Standard zu bringen“, so Schimanowski. Amtsdirektor Marko Köhler spricht von „Wachstumsschmerzen“ durch den Druck auf die Infrastruktur der Stadt Brück, was die Kapazitäten von Schulen und Kindergärten angeht. „Zum Glück haben wir da mit dem neuen multifunktionalen Erweiterungsbau auf dem Schulcampus schon wichtige Schritte eingeleitet.“ Für bessere Busanbindungen der Siedlung zu den Bahnhöfen Brück und Borkheide soll noch gesorgt werden. Eigene Kita in Planung: Investor Helmut Roling indes denkt bereits darüber nach, auch diese Probleme zu lösen. Auf seinem Areal in Brück- Ausbau, könnte ein eigener Kindergarten mit 60 Plätzen geschaffen werden. Geplant sei zudem bereits, den ehemaligen Konsum des Wohngebietes zu einem kleinen Nahversorgungs-Stützpunkt auszubauen. „Eine Bäckerei mit Café sowie eine Begegnungsstätte und anderes mehr schweben uns vor“, erklärt Roling gegenüber der MAZ. Auch das Umfeld der Wohnanlage sein ihm und seinem Partner wichtig. Ein Spielplatz für 30.000 Euro ist bereits gebaut. Vorgesehen sind noch ein Mehrgenerationen-Spielplatz mit großem Schachfeld, Boule-Anlage und Sitzmöglichkeiten für Begegnungen der Mieter. Sie profitieren zudem direkt von umweltfreundlichen Investitionen in Photovoltaikanlagen und ein Blockheizkraftwerk, die über ein französisches Partner-Unternehmen realisiert werden. „So liegen die Heizkosten pro Quadratmeter lediglich bei 90 Cent“, erzählt Helmut Roling. Ein „besonderes Gefühl zum Wohlfühlen schaffen“ sollen zudem die Gärten für einige Mieter sowie 200 Obstbäume und „ein Naschgarten mit verschieden Beeren für alle“. Von Thomas Wachs