Irgendwo in einem fiktiven Land. Die legitime Regierung wird gestürzt. Die Lage ist brenzlig. Ein deutscher Diplomat sitzt fest. Es besteht Gefahr für Leib und Leben. Eine Spezialeinheit des Heeres, die Divison Schnelle Kräfte (DKS), holt den Mann bei einer Luftlandeoperation aus dem Krisengebiet. Ein Szenario, das jeden treffen kann. Den Tourist im Urlaubsparadies, den Entwicklungshelfer in der Wüste, einen gestrandeten Minister am Ende der Welt.
Auf dem Truppenübungsplatz Lehnin haben am Mittwoch Heeresflieger, Fallschirmjäger und Angehörige des Kommandos Spezialkräfte (KSK) trainiert, wie deutsche Staatsbürger im Rahmen einer „robusten Evakuierung“ in Sicherheit gebracht werden. Das ist die Hauptaufgabe der Division, deren Stab sich im hessischen Stadtallendorf befindet. Bei der Übung in der Ortskampfanlage Rauhberg wurde von der Annahme ausgegangen, das mitten in einer Siedlung ein deutscher Konsul festsitzt – umgeben von feindlichen Kräften.
Alles beginnt wie in einem Vietnam-Film aus Hollywood. Die Hubschrauber sind noch nicht zu sehen, aber zu hören. Dann tauchen zwei Helikopter vom Typ NH 90 über der Waldkante auf. Während eine Maschine in der Luft sichert, landet der andere Hubschrauber die ersten Kommandosoldaten an. Die zweite Gruppe folgt Minuten später. Die Fallschirmjäger patrouillieren durch die erste Straße. Ihr Ziel ist ein Gasthaus, wo der deutsche Diplomat festsitzt. Ein Lautsprechertrupp beruhigt die Einheimischen: „Achtung, Achtung, hier spricht die deutsche Bundeswehr. In ihrem Dorf findet eine Militäroperation statt. Bleiben sie in ihren Häusern, für sie besteht keine Gefahr!“
Eingreifen und stabilisieren
Nach einem Fallschirmsprungeinsatz auf dem Flugplatz Stendal wurde dort eine sogenannte Forward Operating Base eingerichtet. Von Stendal aus flogen die Hubschrauber zum Übungseinsatz nach Lehnin.
Die Division Schnelle Kräfte (DSK) hat eine Sollstärke von 9500 deutschen und 2300 niederländischen Angehörigen. Der Stab sitzt in Stadtallendorf, Truppenteile gibt es in fünf Bundesländer.
Als Luftlandedivision besteht der Verband aus Eingreif- und Stabilisierungskräften. Den Kern bilden Transport- und Kampfhubschrauberregimenter, Luftlandeeinheiten und das Kommando Spezialkräfte (KSK)
Ohne Vorkommnisse finden die deutschen Fallschirmjäger den Konsul. Es geht zurück zum Hubschrauberlandeplatz. Plötzlich fallen Schüsse, „Angriff aus Uhrenladen. Schütze schießt mit G 36“ plärrt es aus einem Funkgerät. Ein Soldat ist am rechten Bein getroffen, Kameraden kümmern sich um ihn. Eine andere Gruppe geht zum Angriff über. Mit Sturmgewehren im Anschlag brechen Männer eine Tür auf. Zwei feindliche Schützen sterben im Kugelhagel.
Erst als die Ortschaft als feindfrei gemeldet wird, kann ein Sanitätshubschrauber landen, um den verletzten Soldaten aufzunehmen. Dann gehen auch die beiden NH 90 nieder. Der Kommandotrupp verschwindet so schnell, wie er gekommen war. Mit an Bord der unversehrt gebliebene Diplomat. Auf der Aussichtsplattform des „Postgebäudes“ blickt ein zufriedener Kommandeur seinen davon fliegenden Spezialkräften hinterher. „Diese anspruchsvolle Übung unter scharfem Schuss ist insgesamt gelungen. Details werden wir noch auswerten“, sagte Generalmajor Andreas Marlow als Fazit des Manövertages.
Realistisches Szenario
Das geübte Szenario hält der Befehlshaber sehr wohl für realistisch. Er verweist auf brenzlige Situationen in Libyen, dem Südsudan und in anderen krisengeschüttelten Regionen der Welt. Seine Einheit sehe er für künftige Aufgaben gut ausgerüstet, besser als andere Teile des Heeres, meinte Marlow. Die „Luftlandeoperation Hubschrauber“ in Lehnin war der Abschluss einer zweiwöchigen Übungsserie unter dem Namen „Schneller Adler“ zu der außerdem eine Evakuierung über See in Rostock und eine schnelle Luftrettung auf dem Flugplatz Stendal gehörten.
Von Frank Bürstenbinder