Endlich herrscht wirklich Bewegung auf der ehemaligen „Fläming-Sortieranlage“ am Ortsrand von Neuendorf bei Niemegk. Von dort rollen jetzt die seit mehr als 18 Jahren illegal lagernden Abfallberge in umgekehrter Richtung davon.
Im Auftrag des Brandenburgischen Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft sowie unter Aufsicht des Landesamtes für Umwelt sollen die riesigen Müllmengen sowie die maroden Gebäude auf dem Gelände des früheren Landwirtschaftsbetriebes nun verschwinden.
Im Schnitt rollen 20 Lastwagen pro Tag
Der offizielle Start für die insgesamt bis spätestens 2019 vorgesehenen drei Bauabschnitte ist erfolgt. „In circa zwei Wochen werden die ersten Lastwagen voller Müll davonrollen“, sagt Helge Dreger. Er ist Geschäftsführer der Entsorgungsfirma Becker und Armbrust aus Frankfurt an der Oder. Das Spezialunternehmen hat in einer europaweiten Ausschreibung den Zuschlag für das Großprojekt erhalten. „Im Schnitt werden dann circa 20 Laster pro Tag rollen“, sagt Dreger bei der Bauanlaufberatung mit Vertretern aller beteiligten Instanzen und der Kommune.
Über die Gemeinde Rabenstein/Fläming hinaus war die Anlage seit Jahren das größte Sorgenkind. Denn Auflagen der Behörden blieben erfolglos. Die Insolvenz der einstigen Betreiberfirma, dubiose Eigentumsübertragungen sowie im November und Dezember 2011 zwei jeweils über Tage anhaltende Brände in den unter freiem Himmel und in den baufälligen Hallen lagernden riesigen Müllbergen strapazierten die Nerven der rund 60 Dorfbewohner und der Lokalpolitiker im Amt Niemegk. Mit einfallsreichen Protesten und Hartnäckigkeit forderten sie die Landesbehörden über Jahre hinweg immer wieder zum Handeln auf. „Ich bin froh, dass es nun wirklich los geht“, sagt Siegfried Frenzel. „Es war zwischendurch schon anstrengend, immer am Thema dran zu bleiben“, so der Ortsvorsteher von Rädigke/Neuendorf. „Wir hoffen nun, dass wir ab 2019 dann hier mit der Begrünung beginnen können“, sagt Ralf Rafelt, der Bürgermeister der Gemeinde Rabenstein/Fläming.
Wechselnde Besitzer
Das Gelände des illegalen Müllagers bei Neuendorf war zu DDR-Zeiten Sitz eines Landwirtschaftsbetriebes. Er betrieb dort eine Kartoffelsortieranlage und Werkstätten.
Nach der Wende betrieb Andreas Beiler aus Beelitz dort in den 1990er-Jahren die „Fläming-Sortieranlage“. Er ließ Hallen und Freiflächen mit unsortierten Abfall vollkippen.
Auf dem Gelände lagert Abfall aller Fraktionen bis zu fünf Meter hoch: Bauschutt, Folien, Asbest Kunststoffe, Reifen, Pappe und anderes mehr.
Nach Insolvenz der Sortieranlage ruht der Betrieb seit circa 2002. Das Gelände ging später an die Firma Deutsche Gleisrückbau-GmbH über.
Zum Eigentümer gemacht wurde zwischenzeitlich auch Hartz-IV-Empfänger Maik Neufeld aus Halle/Saale.
Voriges Jahr erwarb die Gemeinde Rabenstein/Fläming das Gelände, um es renaturieren zu können.
Kriminelle Geschäftemacher hatten nach der politischen Wende bis 1999 auf der früheren Kartoffel-Sortieranlage in Neuendorf riesige Müllmengen angenommen. Lastwagen für Lastwagen waren Hallen und später auch die Freiflächen der 3,2 Hektar großen Anlage förmlich vollgestopft worden. Die Betreiber überzogen die genehmigten Annahmemengen deutlich. Sie haben den Müll nie sortiert oder gar ordnungsgemäß entsorgt. Das soll nun fachgerecht erfolgen. Teilweise werden die Abfälle vor Ort sortiert und je nach Inhalt auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen transportiert.
Rund 70 000 Tonnen – inklusive des Bauschutts vom Abriss der Gebäude – müssen nun auf Kosten des Landes Brandenburg abgefahren werden. Den Steuerzahler kostet dies nach ersten Schätzungen rund sechs Millionen Euro. „Bis März 2018 sollen die ersten beiden Bauabschnitte für rund drei Millionen Euro erledigt sein“, sagt Reiner Drewes. Der technische Referent des Landesamt für Umwelt ist für alle illegalen Abfalllager in Brandenburg zuständig.
In Sorge um unliebsame Überraschungen
Parallel erfolgt die Ausschreibung für den dritten Abschnitt mit den größten Müllbergen im Freien, der sich unmittelbar anschließen soll, so Drewes. Er hofft, „ohne Überraschungen und Nachträge“ auszukommen. „Durch die umfangreiche Voruntersuchungen denken wir jedoch, dass wir 99 Prozent aller Eventualitäten im Vertrag schon berücksichtigt haben“, so der Referatsleiter. „Doch weiß man bei solchen illegalen Lagern nie, was womöglich noch alles mit krimineller Energie in den Boden gebracht wurde“, sagt Reiner Drewes. „Wir übergeben am Ende der Entsorgung das bis zum Erdboden bereinigte Gelände an die Kommune“, sagt der Mitarbeiter des Umweltamtes. Betonflächen, Wege sowie Fundamente und Gruben bleiben dann noch im Boden.
Zuständig dafür wird dann die Gemeinde Rabenstein/Fläming. Sie hatte das Areal vom Geschäftsführer der Firma Deutsche Gleisrückbau-GmbH, dem es zuletzt wieder gehörte, zum symbolischen Preis von einem Euro erworben. Dies war die Voraussetzung dafür, dass das Land Fördergeld für die Entsorgung der Müllberge bereitstellt. Die Gemeinde möchte das Areal sodann renaturieren und dazu der Flächenagentur Brandenburg anbieten für Ausgleichs- und Ersatzpflanzungen.
Von Thomas Wachs