Hufschmied aus Treuenbrietzen über seinen Beruf und der Mangel an Kollegen im Pferdeland Brandenburg

Bis zu 20 Pferde versorgt Hufschmied Mathias Stephan aus Treuenbrietzen zusammen mit seinem Kollegen Mirko Bergemann an jedem Tag. Vom Fläming aus fahren sie manchmal sogar die 73 Kilometer bis zur Pferdeklinik in Brielow. An diesem Januartag touren die beiden Männer mit ihrem Werkstatt-Transporter von Schlunkendorf nach Görzke, von Hof zu Hof. Arbeit haben sie genug. Der Grund: „Der Pferdemarkt ist schlecht versorgt mit Hufschmieden“, sagt Mathias Stephan. Es gebe mehr Pferde, die versorgt werden müssten, als Kapazitäten bei den Hufschmieden, sagt der 52-Jährige. „Ich könnte rund um die Uhr arbeiten und würde es trotzdem nicht schaffen.“ Stephan ist staatlich geprüfter Hufbeschlagsschmied und Vize-Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Berlin-Brandenburger Hufbeschlagsschmiede mit 36 Mitgliedern. „Wir haben hier einige an Hufschmieden in der Region, aber wir haben auch Hunderte an Pferden. Es könnten auf jeden Fall doppelt so viele Hufschmiede sein.“ Auskömmlicher und harter Beruf: Davon leben könne „man ganz gut, wenn man sein Handwerk versteht, aber es ist wirklich richtig harte Arbeit, man muss sich schon tief bücken für seinen Euro“. Mathias Stephan weiß, wovon der spricht. Seine Patienten sind nicht immer lammfromm. Sie fügten ihm schon schwere Verletzungen zu, einen Armbruch, gebrochene Finger, gebrochene Rippen. „Über Prellungen redet man gar nicht.“ Auch am Set bei den Dreharbeiten des Films „Ostwind“ gehörten die beiden Hufschmiede zum Team, das sich um die Pferde kümmerte. An diesem Tag sind Mathias Stephan und Mirko Bergemann bei Christa Schwenteit in Schlunkendorf. Seit 21 Jahren schon kommen die Hufschmiede alle fünf Wochen zu der Reiterin, längst duzt man sich. Vorne bekommen die Islandponys Eisen, hinten gehen sie „barfuß“, wie Christa Schwenteit sagt. 1800 Euro kostet die Besitzerin der Hufschmied im Jahr. „Es ist für mich wichtig, dass die Pferde keine Schmerzen haben beim Laufen.“ Alle paar Wochen kommt der Hufschmied: Die Wartezeit, bis ein Hufschmied kommt, kann mitunter lang sein. „Das kann dem Pferd richtig Schmerzen bereiten“, sagt Mathias Stephan. Alle fünf bis acht Wochen sollte der Hufschmied nach dem Pferd sehen. „Für viele sind acht Wochen schon zu lang, weil der Huf wächst, die Pferde sind dann nicht mehr in der Balance, können stolpern, sich verletzen, schon allein durch die Überlastung der Strukturen.“ Ein Pferd zu beschlagen mit einfachen glatten Hufeisen kostet 150 bis 200 Euro. Hohe Kosten für den Besitzer. „Ein Pferd muss man sich schon leisten können“, sagt dazu der Hufschmied. „Es gibt auch Halter, die sich ihre Pferde nicht wirklich leisten können. Das Geld für ein Pferd muss übrig sein, wenn das nicht der Fall ist, sollte man es lassen.“ Hufeisen aus dem 3-D-Drucker: Mathias Stephan geht mit seinem Mitarbeiter Mirko Bergemann auf die Weide hinter dem Hof, dort stehen im Schatten der Dorfkirche die fünf Islandponys. Drei von ihnen widmen sich die beiden Hufschmiede an diesem Tag. Pro Pferd rechnen sie mit einer Stunde Zeit. In ihrem Transporter haben sie alles dabei an Werkzeug und Gerätschaften, was nötig ist. Selbst orthopädische Hufeisen und solche aus einem 3-D-Drucker sind in den Regalen verstaut. Mathias Stephan ist seit 1991 Hufschmied und seit 1997 selbstständig. Wie wird man Hufschmied? „Das ist das große Problem: Man kann es als Lehre machen, Metallbauer, Fachrichtung Hufbeschlag“, berichtet der gebürtige Berliner. Daran schließe sich eine staatliche Prüfung an, die eine viermonatige Weiterbildung voraussetze. Auch über eine Erwachsenenweiterbildung nach einer mindestens dreijährigen abgeschlossenen Berufsausbildung ist das Handwerk zu erlernen. Darauf folgt ein zweijähriges sozialversicherungspflichtiges Praktikum in Vollzeit. Kritik an Ausbildungsregeln: Um auf diese Weise ausbilden zu können, „muss ich jemanden anstellen, der mich 10 Euro die Stunde kostet, der nichts kann. Im ersten Jahr stecke ich nur Geld rein, im zweiten Jahr arbeitet er kostendeckend. Wenn aber jemand nach einem halben Jahr keine Lust mehr hat, habe ich nur Geld reingebuttert.“ Diese Regelung sei semioptimal, sagt Stephan. Auch Mathias Stephan ist Reiter. „Ich bin aber unter dem Pferd deutlich besser als oben drauf.“ Hufschmied wurde der gelernte Elektroniker, weil das Pferd seiner Frau eine komplizierte Hufkrankheit hatte. „Wir hatten nur noch Probleme mit den Hufschmieden. Da dachte ich, das kann doch nicht so schwer sein, habe dann gemerkt, ist doch schwer, aber es trotzdem gemacht.“ Eine Qualmwolke steigt auf: Die Islandponys sind geduldig, wenn der Schmied jeden Huf nacheinander auf den Hufbock legt, mit einer überdimensionierten Nagelfeile das Horn abrundet und die Eisen löst. In einem Ofen werden die Eisen erhitzt und auf den Huf gehalten, dass es qualmt. Den Tieren tut das nicht weh. Sie bleiben gelassen stehen auch inmitten der Rauchwolke. Es riecht nach verbranntem Horn. Auf dem Huf zeichnen sich wie durch eine Schablone nun die Stellen ab, in die der Hufschmied anschließend beim Beschlagen die verkupferten Nägel hämmern kann. Es ist Millimeterarbeit. Die Männer tragen Schutzkleidung, schwere Lederschürzen und Spezialschuhe gegen Tritte der Tiere. Was ist das Schöne an dem Beruf? „Es ist einfach das, was ich machen möchte. Man muss viel Wissen haben über die Anatomie.“ Routine gebe es nicht, jedes Pferd sei anders. „Es ist einfach ein Glücksgefühl. Und ich würde diesen Beruf wieder ergreifen.“ Lesen Sie auch: Wie zwei Pferde für den Waldumbau arbeiten Wie sich eine Pferde-Bloggerin in Liebenwalde ein Paradies geschaffen hat Von Marion von Imhoff

Hammer, Huf und heißes Horn - „Routine gibt es nicht“: Unterwegs mit dem Treuenbrietzener Hufschmied Mathias Stephan