Kloster Lehnin ist die Tiny-House-Siedlung nicht geheuer

Wohnwagen runter, Mini-Häuser rauf. So einfach hatte sich Heiko Neupert (54) die Umwandlung des Lehniner Campingplatzes in Deutschlands größte Tiny-House-Siedlung vorgestellt. Doch daraus wird wohl nichts. Der aus Wildenbruch stammende Investor muss weit mehr Zeit und Geld aufbringen, um seine Idee am Klostersee umsetzen zu können. Alles soll auf den Prüfstand: Jetzt ist klar, dass Neupert für sein im Außenbereich und Landschaftsschutzgebiet gelegenes Vorhaben zunächst Baurecht schaffen muss. „Eine Genehmigungsfähigkeit sieht die Verwaltung nur im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens, in dem unter anderem Naturschutzbelange, Trink- und Abwasser sowie der Brandschutz geprüft werden müssen“, steht für Kloster Lehnins Bürgermeister Uwe Brückner fest. Im Lehniner Ortsbeirat, der am Montagabend tagte, sprach Udo Wernitz angesichts von Neuperts Vermarktungsstrategie von einem „Unding“. Die Anpreisung von Parzellen müsse sofort gestoppt werden. Sandra Leue warnte vor neuen Interessenkonflikten zwischen künftigen Bewohnern und dem Strandbad mit seinen Freizeitaktivitäten auf der gegenüberliegenden Seite des Klostersees. Peter Kamolz rief die Kommune zum Handeln auf, bevor der Investor Fakten schaffe. Im Vorfeld der Sitzung hatte sich der Ortsbeirat mit einem Katalog aus 26 Fragen zur Tiny-House-Siedlung an die Verwaltung gewandt, deren Antworten im Kern auf das nicht vorhandene Baurecht verwiesen. Mit Naturschutz verständigen: Von den grundsätzlichen Bedenken Kloster Lehnins weiß der neue Campingplatz-Eigentümer schon länger. Am 29. September kam es zu einem Treffen zwischen Neupert, der Gemeindeverwaltung und der Unteren Naturschutzbehörde. Dabei wurde dem Eigentümer klar gemacht, dass ein B-Plan zwingend erforderlich sei. Außerdem wurde dem Investor empfohlen, sich rechtzeitig mit der Naturschutzbehörde des Landkreises in Verbindung zu setzen. Wie jetzt bekannt wurde, besitzt der schon zu DDR-Zeiten existierende Campingplatz Lehnin lediglich einen Bestandsschutz. Dieser wäre bei einer Umnutzung sofort in Frage gestellt. Außerdem befindet sich ein sechs Meter breiter Uferstreifen im Besitz des Landes. In einer Lagezeichung für die Siedlung wird das Ufer aber bereits in Hundestrand, Steg, Sliprampe und Badestrand für Pächter ausgewiesen. Abschied von Lehnin: Langjährige Dauercamper, wie Lutz Bedemann aus Döllnitz im Saalekreis, berichten, dass Neupert in seinen bereits laufenden Vermarktungsgesprächen den Anschein erwecke, dass seinem Vorhaben nichts im Wege stehe. So werbe der Investor mit einem ganzjährigen Wohnen, dem Bau einer eigenen Kläranlage und Baumfällungen wegen eventueller Beschattungen. Bedemann, dessen Pachtvertrag nach 20 Jahren nicht verlängert wird, gehört zu den Campern, die nun Lehnin für immer verlassen. Für ihn seien Neuperts Pläne versteckter Wohnungsbau zum Schaden der Natur, beklagt sich der Camper in einem Brief an die Kloster Lehniner Gemeindevertreter. Heiko Neupert, der im September den Kaufvertrag für den Campingplatz unterschrieben hat, versteht die Aufregung dagegen nicht. „Tiny-Häuser stehen auf Rädern und sind straßenzugelassen, also nicht anders als Campingwagen. Daher sehe ich keinen Grund für einen Bebauungsplan. Bei der geplanten Kläranlage gibt es natürlich Abstimmungsbedarf. Ansonsten kann weiter die Sammelgrube genutzt werden.“ Er sei gerne bereit, seine Vorstellungen der gesamten Gemeindevertretung zu erläutern, sagte Neupert der MAZ auf Nachfrage. Das Interesse an der minimalistischen Wohnform auf einer Fläche ab 20 Quadratmeter sei jedenfalls riesengroß, meint der unverändert zuversichtliche Investor. Häuser aus eigener Produktion: Wenn es nach Neupert geht, sollen die ersten Tiny-Häuser im Frühjahr 2021 stehen. Für die Besiedlung hat der neue Eigentümer die in Frage kommende Fläche in 67 Parzellen geteilt, die zwischen 100 und 250 Quadratmeter groß sind. Der Investor verdient nicht nur an der Verpachtung, sondern bietet gleich seine eigenen rollenden Häuser an. Diese werden in seiner in Treuenbrietzen ansässigen Firma gebaut und sollen je nach Ausstattung und Größe 25 000 bis 100 000 Euro kosten. Der Lehniner Ortsbeirat rät Interessenten dagegen zur Zurückhaltung, so lange nicht alle baurechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Von Frank Bürstenbinder