In der Landwirtschaft wächst der Unmut über Bürokratie, Kontrollwahn, überzogenen Landschaftsschutz und Stillstand bei der Dorfentwicklung. Bei einem Treffen mit Bauern im Hohen Fläming musste sich Landrat Wolfgang Blasig (SPD) zahlreiche Beispiele für den Frust in der Branche anhören.
So beklagte Ellen Ortmann von der Produktivgenossenschaft Kranepuhl die Folgen des jahrelangen Düngeverbots auf den Belziger Landschaftswiesen. „Die Mutterkuhhaltung ist dort wegen der ausgehagerten Böden unmöglich geworden“, sagte die Leiterin der Tierproduktion. Im nicht weit entfernten Rädigke ärgert sich Fred Schulze von der Hoher Fläming e.G. über die Hürden für einen Stallneubau.
Wegen einer mitten durch das Betriebsgelände verlaufenden Grenze zu einem Landschaftsschutzgebiet kann der Ersatz für zwei alte DDR-Ställe nicht in der geplanten Größe ausfallen. Gutachten und Planungen haben dem Unternehmen schon rund 50 000 Euro gekostet. Dabei geht es nur um 2000 Quadratmeter, die aus dem LSG entlassen werden müssten.
Menschen sind unzufrieden
Rita Neumann, Ortsvorsteherin und Chefin des Gutes Schmerwitz, sieht die vor allem die Ortsteile von Wiesenburg in ihrer Entwicklung gebremst. „Junge Leute würden gerne zu uns ziehen. Aber es werden keine Bauplätze mehr ausgewiesen. Lücken in der Ortslage sind knapp geworden.“ Nicht nur die Menschen in den Dörfern, sondern auch die Behördenmitarbeiter seien unzufrieden mit immer neuen Einschränkungen, so Neumann.
Auch die Verwaltung in der ländlichen Region ist mit der Regulierungswut und der Bürokratie unglücklich. Für eine geplante Erweiterung des Industriegebietes Niemegk wurden schon 100.000 Euro ausgegeben. „Eine Genehmigung gibt es bis heute nicht“, monierte der Niemegker Amtsdirektor Thomas Hemmerling. Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Potsdam-Mittelmark, Jens Schreinicke, sprach sich dafür aus, die in den 1990er-Jahren gezogenen Grenzen der Landschaftsschutzgebiete neu zu bewerten. „Vieles ist damals am grünen Tisch entschieden worden. 25 Jahre später ist es an der Zeit, die Ausweisungen zu überdenken“, forderte Schreinicke.
Nicht allein auf der Welt
Landrat Blasig zeigte Verständnis für den Verdruss der Landwirte. „Wir kämpfen mit Ihnen um jede einzelne Fläche. Doch Landschaftsschutzgebiet ist Landschaftsschutzgebiet. Da gibt es für meine Mitarbeiter in den Genehmigungsbehörden keinen Ermessensspielraum. Außerdem ist die Kreisverwaltung nicht allein auf der Welt. Was nützt eine Baugenehmigung, die rechtlich angreifbar ist? Wir brauchen einen großen gesellschaftlichen Konsens, um Befreiungen von den Festsetzungen eines Schutzgebietes zu erreichen. Dafür können sich Verbände und Interessengruppen besser stark machen als eine Verwaltung“, sagte Blasig.
Kritik an Senftleben
Gar nichts hält der mittelmärkische Landrat von der Ankündigung des Brandenburger CDU-Vorsitzenden Ingo Senftleben. Danach will dieser im Falle eines Wahlsieges bei der Landtagswahl den gemeinsamen Landesentwicklungsplan mit Berlin aufkündigen. „Damit lösen wir nicht ein Problem im ländlichen Raum. Denn die Gesetze zu den Schutzgebieten und dem Baurecht gelten weiter“, gab Blasig zu bedenken. Er sieht auch die Kommunen in der Pflicht ihre Flächennutzungspläne zu aktualisieren und gegebenenfalls mit Bebauungsplänen zu untersetzen, um Neuansiedlungen anzuschieben. Vom Land fordert Blasig die Rückkehr zur früher üblichen Praxis, wonach die Landkreise in eigener Verantwortung Befreiungen von den Festsetzungen eines Schutzgebietes aussprechen können, sofern die Fläche nicht größer als fünf Hektar ist.
Von Frank Bürstenbinder