Kein Segelflug mehr: Was die Eröffnung des Großflughafens BER für den kleinen Flugplatz Saarmund bedeutet

Zwischenzeitlich hatte mancher nicht mehr daran geglaubt, der Großflughafen BER könnte irgendwann doch eröffnen. Jetzt ist es mit neun Jahren Verspätung passiert. Die Inbetriebnahme hat Auswirkungen auf den kleinen Flugplatz Saarmund, der sich im Schatten des Airports und in der Einflugschneise befindet – genau genommen unter ihr. Mit der Eröffnung des Hauptstadtflughafens liegt über dem Fliegerareal in Saarmund ein Deckel, wie es Klaus Britze ausdrückt, der Geschäftsführer der Flugplatz-Betriebsgesellschaft Saarmund mbH. Der Deckel beschränkt für Freizeitflieger die Flughöhe: Dieser Deckel beschränkt für Sport- und Freizeitflieger die Flughöhe, um sicherzustellen, dass sie den Linienflügen nicht ins Gehege kommen. Sie dürfen in dem Luftkorridor nicht mehr höher fliegen als 2500 Fuß, sagt Britze. Das sind gut 750 Meter. Für Motorflugzeuge kein Problem, aber für Segelflieger: „Die Piloten müssen sich jetzt an die neue Luftraumstruktur halten. Für Motor- und Ultraleichtflugzeuge ist das kein Problem, aber für Segelflugzeuge“, so der Geschäftsführer der Flugplatz-Betreibergesellschaft. „Segelflieger brauchen mehr Höhe für einen sinnvollen Segelflugbetrieb“, sagt er. Der Bau des Großflughafens in Schönefeld hat deshalb die Segelflieger aus Saarmund vertrieben. Die Segelflieger verabschiedeten sich nach Reinsdorf: Ohne Motor gewinnen sie ihre Energie aus der Höhe und nutzen die Thermik, um fliegen zu können. Sie brauchen zum Beispiel beim Landeanflug je nach Wetterbedingungen eine gewisse Höhe, um den Flugplatz als Zielort überhaupt zu erreichen. Lesen Sie auch: Harmonie in der Heide Der neue Luftkorridor, der die Höhe auf 2500 Fuß beschränkt, beginnt im Westen schon einige Kilometer vor Beelitz und im Süden kurz hinter Luckenwalde. Es ist nicht sicher, ob die kleinen Flieger bei Einhaltung der Höhe dann noch Saarmund erreichen. „Sie müssen es bis zum Flugplatz sicher schaffen, und nicht nur vielleicht. Das macht den ’Deckel’ für Segelflug unattraktiv“, sagt Britze. Die Segelflieger, die vor fast 100 Jahren die ersten Piloten in Saarmund waren, haben ihren angestammten Flugplatz schon vor einer Weile verlassen, nicht ahnend, dass die Eröffnung des BER dann noch länger auf sich warten ließ. „Sie haben sich 2016 nach Reinsdorf verabschiedet und fusionierten dort mit dem Verein Aero-Club Berlin“, erzählt Britze. Der Flugplatz Reinsdorf liegt weiter weg vom Großflughafen und bietet für motorlose Fluggeräte deshalb bessere Bedingungen. „Es ist ein ideeller Verlust“: Wirtschaftliche Folgen hatte der Verlust der Segelflugabteilung für den Flugplatz Saarmund laut Britze nicht. „Die Einnahmen kommen vor allem aus Vermietungen von Hallenplätzen. Der frei gewordene Raum war schnell wieder gefüllt von Motorflugzeugen und Ultraleichtflugzeugen“, sagt er. Britze spricht von einem ideellen Verlust. Unter dem Weggang der Segelflieger leide auch die Attraktivität des Flugplatzes für Besucher. „Der Segelflug ist für Zuschauer immer interessant“, sagt er. Motorflieger geraten schnell aus dem Blick. Segelflieger lassen sich länger beobachten, wenn sie über dem Flugplatz geräuschlos ihre Runden drehen. Am Anfang der fast 100-jährigen Flugplatzgeschichte stand ein Verbot: Mit den lautlosen Seglern verlor der Flugplatz die Abteilung, die vor fast 100 Jahren alles begründet hat. „Es war ursprünglich ein Segelflugplatz“, sagt Britze. Am Anfang stand ein Verbot. Nach dem Ersten Weltkrieg untersagte der Versailler Vertrag in Deutschland das Fliegen mit Motorflugzeugen, um dem Kriegsverlierer die Aufrüstung seiner Luftflotte unmöglich zu machen. Das Verbot sorgte für einen Boom in der Segelfliegerei: Das Verbot der Motorfliegerei sorgte allerdings für einen Boom in der Segelfliegerei. Segelflugplätze schossen wie Pilze aus dem Boden, einer davon entstand Anfang der 1920er Jahre südwestlich von Berlin am Saarmunder Berg. Das erste Flugzeug, das dort vom Berghang gegen den Wind in die Luft katapultiert wurde, soll 1923 ein Hanggleiter vom Typ SG-38 gewesen sein. Danach machten Generationen von Segelfliegern am Saarmunder Berg ihre ersten Flugversuche. Lesen Sie auch: Brand zerstört Saarmunder Flieger-Hütte Für den Flugplatz Saarmund und seine Besucher gibt es auch gute Nachrichten: Die Fliegerhütte, die im Januar 2020 durch einen Brand zerstört wurde, ist wieder aufgebaut worden. Die kleine Flugplatzgaststätte soll mit Beginn der Flugsaison im März wieder öffnen, sagte Klaus Britze, Geschäftsführer der Flugplatz-Gesellschaft. Der Flugplatz ist einen Quadratkilometer groß und wurde Anfang der 1920er Jahre gegründet. Zu DDR-Zeiten durften zwischen 1979 und 1989 schon einmal – damals aus „Sicherheitsgründen“ – keine Segeflieger starten. Grund war 1979 eine Republikflucht von Saarmund nach Westberlin im Segelflugzeug. Von Jens Steglich