Rehbrücker Autor Kurt Baller ist tot

Es war im Frühjahr 2020, als MAZ-Kulturredakteur Karim Saab Kurt Baller in Bergholz-Rehbrücke besuchte, um ihn zu porträtieren. Wochen später rief ihn Kurt Baller an und sagte: „Herr Saab, ich habe Krebs. Ich werde sterben. Sie haben so ein schönes Foto gemacht. Dieses Foto soll auf meinen Grabstein.“ In der Stimme war keine Traurigkeit. „Er wirkte so munter dabei“, erzählt Saab. Am Samstag ist Kurt Baller, Autor zahlreicher Bücher zur Ortsgeschichte von Potsdam und Bergholz-Rehbrücke, in einem Hospiz auf Hermannswerder gestorben. Er wurde 73 Jahre alt. „Wir haben einen guten Freund verloren“: „Wir haben einen guten Freund verloren, der trotz seiner Sehschwäche und anderer Beeinträchtigungen Lebensfreude ausgestrahlt und anderen mitgegeben hat“, sagt Wilfried Jahnke. Er gehört zu Nuthetals singenden Bauarbeitern, ein Sängerkreis, den Baller 2009 begründet hat. Der akribische Spurensucher war auch Sänger und Gitarrist, komponierte Lieder und dirigierte die Singegruppe der Rehbrücker Volkssolidarität. „Der Verlust ist groß für uns und für den ganzen Ort“, sagt Marlies Schramm, die mit der Singegruppe ihm im Oktober noch ein Ständchen zum 73. Geburtstag sang. Kurt Baller begründete auch den Nuthetaler Lyrikwettbewerb und den Oldie-Treff im Mehrgenerationenhaus. Die Gespräche mit der ältesten Generation, die immer in Gesang übergingen, waren für ihn genauso eine Fundgrube wie die Archive. Bevor er mit Gitarre Musik und Gesang in die Runde brachte, stellte er sein Aufnahmegerät an und hörte den Oldies zu, wenn sie von alten Zeiten sprachen. Dort bekam er Details aus der Ortsgeschichte zu hören, die vorher nirgendwo festgehalten waren. Er dokumentierte Familientragödien, die 1945 im Ort geschahen: Er recherchierte unter anderem auch die letzten Kriegstage 1945 in Bergholz-Rehbrücke, als im Ort reihenweise Familientragödien geschahen und dokumentierte das Schicksal des Rehbrücker Feuerwehrmannes Friedrich Treysse, der im April 1945 die Mühle in Flammen sah und losrannte, um sie zu löschen und Augenblicke später tot auf der Straße lag. Ein Rotarmist hatte ihn erschossen, weil er ihn wohl für einen feindlichen Soldaten hielt. Treysse trug eine Uniform – die Feuerwehruniform. Es ist ein großes Verdienst Kurt Ballers, solche Geschichten und Tragödien aus der Heimatgeschichte für die Nachwelt festgehalten zu haben. Lesen Sie auch: Geschichten, die noch keiner kennt Vor seinem Tod hatte er noch einen Wunsch: Er wollte, dass die singenden Bauarbeiter und die Frauen der Singegruppe der Rehbrücker Volkssolidarität zur Beisetzung an seinem Grab ein Lied singen. „Von uns hat er sich das Lied von den ’jungen Grauköpfen’ gewünscht. Er hat es selbst komponiert und geschrieben“, erzählt Wilfried Jahnke. Der Spurensucher hinterlässt in der Heimat eine Menge eigener Spuren: Seine letzte Ruhe findet Kurt Baller, der Spurensucher, der in seiner Heimat eine Menge eigener Spuren hinterlässt, am 25. November auf dem Bergholzer Friedhof. Lesen Sie auch: Kurt Baller ist blind, aber nicht für die Geschichte Die singenden Engel von Bergholz-Rehbrücke Rentnerbrigade gibt der Arbeit eine neue Note Von Jens Steglich