Coronakrise: Notentscheidungen in unaufschiebbaren Fällen

Wegen der Coronakrise mussten dieser Tage auch die Stadtverordnetenversammlung in Teltow sowie die Gemeindevertretersitzung in Schwielowsee entfallen. Dabei standen in der Einstein-Gemeinde zwei unaufschiebbare Beschlüsse auf der Tagesordnung. Zum einen ging es um die dringende Erweiterung der Grundschule „Albert Einstein“ in Caputh, zum anderen um die die vorzeitige Bewilligung und Auszahlung von Mitteln für den Baubereich. Geld für mehrere Bauvorhaben: Für die Erweiterung der Schule, die unter akuter Raumnot leidet, sollen noch in diesem Jahr die Planungen erfolgen. Die Bauarbeiten sind 2021 und 2022 vorgesehen. Das Geld für den Fachbereich Bauen wird gebraucht, um für die Lagerhalle der Feuerwehr in Geltow Nachforderungen der Bauaufsicht nachzukommen. Außerdem ist für mehrere Vorhaben der Eigenbeitrag bereitzustellen, ohne den es keine Fördermittel gibt. Das Parlament stimmt später zu: Für Ausnahmesituationen wie jetzt sieht die Brandenburger Kommunalverfassung im Paragraphen 58 die Möglichkeit einer so genannten Eilentscheidung des Bürgermeisters in Absprache mit dem Vorsitzenden des jeweiligen Kommunalparlamentes „zur Abwehr einer Gefahr oder eines erheblichen Nachteils für die Gemeinde“ vor. Schwielowsees Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) kündigt an, sie werde zu den genannten Beschlussvorlagen „definitiv Eilentscheidungen treffen“. Entsprechend der Kommunalverfassung müssen Eilentscheidungen auf der nächsten regulären Sitzung des Ortsparlamentes im Nachhinein genehmigt werden. Der Hauptverwaltungsbeamte kann eine Eilentscheidung treffen, wenn Angelegenheiten der Gemeindevertretung anstehen, deren Erledigung „nicht bis zu einer vereinfacht einberufenen Sitzung der Gemeindevertretung oder des Hauptausschusses aufgeschoben werden kann“. „Die Entscheidung ist dem zuständigen Organ in der nächsten Sitzung zur Genehmigung vorzulegen.“ „Das zuständige Organe kann die Eilentscheidung aufheben, soweit nicht schon Rechte Dritter durch die Ausführung der Entscheidung entstanden sind.“ In Werder haben die Stadtverordneten in kleinerer Runde den Haushalt für 2020/2021 beschlossen. In Teltow hatten sich die Mitglieder des Hauptausschusses zu einer informellen Telefonkonferenz verabredet. Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) hat noch keine Eilentscheidung ins Auge gefasst, will das aber prüfen. Stadtsprecher Jürgen Stich nannte als mögliche dringende Angelegenheiten Personalentscheidungen sowie Ausschreibungen und Auftragserteilungen. „Die Funktionsfähigkeit der Kommune muss erhalten bleiben“, sagt Stadtsprecher Stich. Kleine Sitzungen mit reichlich Abstand: Eine andere, bereits praktizierte Möglichkeit der demokratischen Abstimmung sind kleinere Zusammenkünfte der Vertretungen unter Berücksichtigung des Parteienproporz. Dabei muss allerdings der geforderte Abstand zwischen den Abgeordneten zum Schutz vor einer Infektionsgefahr gewährleistet bleiben. Beschlussempfehlungen per Unterschrift abzusegnen, ist nicht dagegen möglich. Auch der Landkreis geht diesen Weg: An diese eingeschränkten Möglichkeiten muss sich auch der Landkreis Potsdam-Mittelmark halten. Dort müssen am 8. April die Sitzung des Kreisausschusses und am 23. April die Tagung des Kreistages ausfallen. Landrat Wolfgang Blasig (SPD) wird im Einvernehmen mit der Vorsitzenden des Kreistages, Mirna Richel (CDU), Eilentscheidungen treffen. Nach Angaben von Kreissprecherin Andrea Metzler werden sie zum Beispiel das Kreisentwicklungsbudget betreffen. Es geht dabei um Geldzuweisungen für die Kommunen, vor allem, um dort geplante Baumaßnahmen umsetzen zu können. Angelegenheiten, die nicht der Gefahrenabwehr dienen, liegen erst mal auf Eis. In Schwielowsee war zum Beispiel die posthume Verleihung der Ehrenbürgerschaft an Gertrud Feiertag geplant. Die 1890 geborene Reformpädagogin war Gründerin des Jüdischen Kinder- und Landschulheims in Caputh. Es war 1931 eingeweiht worden. Beim Pogrom im November 1938 wurde das Haus von Nazis überfallen, die Bewohner wurden vertrieben. Großneffe stimmt Ehrenbürgerschaft zu: Gertrud Feiertag unterstützte dann in Berlin jüdische Hilfsorganisationen. Vor allem kümmerte sie sich um die Verschickung elternloser Kinder ins rettende Ausland. Sie selbst blieb in Deutschland. 1943 wurde sie in Auschwitz ermordet. Erst vor wenigen Tagen war die für die Ehrenbürgerschaft notwendige Einverständniserklärung des Großneffen in Schwielowsee eingetroffen. Der Beschluss über die posthume Verleihung des Ehrenbürgerrechts bedarf einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der gesetzlichen Anzahl der gewählten Gemeindevertreter. Trotzdem schon Kandidaten vorschlagen: In Teltow bleibt ebenfalls ein Beschluss zu Ehrungen liegen. Einmal jährlich sollen künftig engagierte Bürger und Gruppen mit dem Ehrenamtspreis der Stadt ausgezeichnet werden. Vorschläge werden bis zum 31. August entgegengenommen. Auch wenn der formelle Beschluss dazu noch aussteht, Gedanken über Bürger, die den Preis verdienen, können sich die Teltower trotzdem schon machen. Lesen Sie auch: Werder beschließt über seinen Haushalt 2020/21 Corona-Krise: Hauptausschuss übernimmt die Arbeit der Gemeindevertretung Sitzung oder nicht Sitzung? 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Politik in der Coronakrise - Eilentscheidungen regeln das Gemeindeleben