Andreas Ruhle hat einmal das gesamte Krankenhaus Treuenbrietzen saniert

Er ist der Mann, der am Treuenbrietzener Krankenhaus jeden Winkel kennt. Außen wie innen und an Stellen, die für Mitarbeiter und Patienten meist verborgen bleiben. Das kann Andreas Ruhle ohne Übertreibung von sich behaupten. Hinter ihm liegen nun 47 Arbeitsjahre. 40 davon hat der 63-Jährige im Krankenhaus verbracht. Fast jede Ecke hat der seit 1998 als Chef-Techniker tätige Treuenbrietzener seither saniert im Kontakt mit Dutzenden Baufirmen und Planungsbüros. „Es waren wohl so an die 100 Millionen Euro, die wir hier verbaut haben – vor allem nach der Wende“, hat Andreas Ruhle bilanziert. Nachfolger langsam eingearbeitet: Nun geht der Meister für Heizungs- und Lüftungsbau, der später noch eine Qualifizierung als Brandschutzexperte folgen ließ, in den Ruhestand. Sein Nachfolger Thomas Adam wird seit zweieinhalb Jahren bereits Schritt für Schritt eingearbeitet in die komplexe Materie. Immerhin gehören Gebäude mit gut 55.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche zu den Kliniken des Johanniter-Fachkrankenhauses und seiner Tochtereinrichtungen. In der Spitze, als auch das Krankenhaus in Lehnin kurz mal zum Klinik-Verbund gehören sollte und zu Ruhles Aufgabengebiet zählte, war er der Chef von 50 Handwerkern. Heute gehören 17 Beschäftigte zum Team. Sie sind auch für die Pflege von 28 Hektar Grünflächen und Parkanlagen sowie den Winterdienst auf dem Gelände der Kliniken zuständig. In dem denkmalgeschützten Ensemble und dessen historischen Gebäuden, die ab 1913 errichtet wurden, treffen Historie und Moderne aufeinander. „Platikfenster gibt es hier in den Altbauten nicht und auch keine Photovoltaikanlage“, erzählt Andreas Ruhle. Umbauarbeiten und Erweiterungen laufen immer in Abstimmung mit Denkmalbehörden. Ruhige und verbindliche Art: „Etwas Wehmut ist schon dabei“, bekennt der Treuenbrietzener nun kurz vor seinem letzten Arbeitstag am Freitag. Die persönlichen Kontakte werden ihm fehlen. „Es war hier immer wie eine große Familie“, sagt Ruhle. Eine ganze Mappe voller Abschiedsgrüße aus dem Hause und von externen Partnern nimmt er als Erinnerung mit. Ruhle ist beliebt am Hause. Auf seine ruhige und verbindliche Art ist Verlass. Sein Wort zählt in allen Bereichen. Kein Jahr ohne Bauarbeiten: Leicht war es freilich nicht immer. Besonders nachdem das einstige Kreiskrankenhaus nach einigen Jahren Ungewissheit in den Wende-Wirren dann 1994 vom Johanniterorden übernommen worden war, verging kein Jahr ohne Bauarbeiten am Hause und drumherum. Und immer war Andreas Ruhle mittendrin. „Bis zu acht Bereiche müssen stets vorher die Pläne abstimmen“, sagt der scheidende Chef-Techniker. Ärzte, Pflege, Hygiene, Technik, Finanzen, Reinigung und viele mehr haben jeweils ihre eigenen Anforderungen. „Am Ende geht es immer nur mit einem Kompromiss und wenn alle mitziehen“, schildert Ruhle aus der Erfahrung der Jahrzehnte. Das gibt er allen neuen Kollegen mit: „Bevor nicht jeder informiert ist, kann nichts losgehen in solch einem komplexen Gebilde.“ Vom Schlosser zum Technikchef: Am 19. Mai 1980 fing Ruhle nach dem Armeedienst an als Schlosser im Krankenhaus. Bald wurde er Meister und wiederholte diese Qualifizierung 1992 unter bundesdeutschen Standards. Knapp vier Jahre waren Ruhle und die Techniker kurz nach der Wende mal ausgegliedert, „aber immer weiter für das Heizhaus zuständig“. Dann holte Geschäftsführer Georg Menzel die Techniker zurück. Es begann der Baumarathon im Krankenhaus und für diverse neue Einrichtungen. Fast immer waren es Baustellen „am offenen Herzen“, wie Ruhle sagt. Denn auch wenn Bauarbeiter im Hause bohren, stemmen oder baggern, läuft nebenan immer der Klinikbetrieb weiter. „Da gab es schon mal Konflikte, wenn es ausgerechnet die Wand zum OP war, wo gerade operiert wurde“, erzählt Ruhle. Lesen Sie auch Johanniter-Tagesklinik zieht in ehemaligen Jugendtreff „Pogo“ in Bad Belzig um Krankenhaus Treuenbrietzen trickst große Hitze aus Treuenbrietzen - Hunderte Besucher auch unterm Krankenhaus Plötzlich bleibt Sauerstoff auf der Strecke: Gut erinnern kann er sich auch noch an kritische Momente. Etwa als beim Straßenbau für den Kreisverkehr an der B 1o2 der Lastzug mit den Lieferungen für die Sauerstofftanks der Klinikanlage nicht mehr passieren durfte. „Das hatte uns keiner vorher gesagt“, erinnert sich Ruhle. Also wurde improvisiert und der Transport konnte schließlich unter Polizeischutz die Baustelle passieren. Etwas länger durchatmen musste der Cheftechniker, als mitten beim Umbau des Hauses II unerwartet durch den Zuzug der Lungen-Chirurgie aus bis dahin geplanten zwei neuen OP-Sälen plötzlich drei werden sollten. „150 Bauarbeiter stoppten die Arbeit, nach ein paar Wochen Umplanung ging es dann weiter“, erinnert sich Andreas Ruhle noch gut an 2006. Ansonsten liefen die 40 Jahre ohne größere Havarien. „Etwas ist immer mal, aber größere Sachen gab es zum Glück kaum“, so Ruhle. Nur einmal als Feuerwehren aus dem halben Landkreis anrückten zum Chemiealarm wegen eines Fehlers in der Chlorgasanlage des Schwimmbeckens. Bald geht es von vorne los: Wenn demnächst nun der Um- und Ausbau des Hauses IV für die Klinik für Psychiatrie abgeschlossen ist, sind alle Bereiche des gesamten historischen Krankenhauses einmal saniert. „Dann geht es im Haus I aber schon wieder von vorne los“, erzählt Andreas Ruhle. 1998 war dieser Trakt der erste, der saniert wurde. „Nun haben sich Ansprüche an Technik und Komfort für Patienten geändert. Also wird weiter gebaut“, erzählt Andreas Ruhle. Nun aber ohne ihn. U-Bahn unter allen Häusern: Besonders stolz ist der scheidende Chef-Techniker auf seine U-Bahn für das gesamte Krankenhaus. Gut 800 Meter lang sind die nach und nach ausgebauten Gänge. Eine Person allein kann nun dort mit wechselnden Spezialwagen am Elektrokarren im Untergrund alle sechs Gebäude mit allem beliefern, was benötigt wird und später wieder weg muss. „Früher ging das alles bei Wind und Wetter über den Hof“, erzählt Ruhle. Für ihn ist nun Zeit für den Ruheststand. Mehr Zeit soll es geben für Motorradtouren, den Garten und vor allem für die Enkelkinder. Nur für die eine oder andere Führung hinter die Kulissen darf und will Andreas Ruhle dann noch in das Krankenhaus zurückkehren, das er fast 25 Jahre lang wohl in jedem Winkel mit umgebaut hat. Von Thomas Wachs