Kirche Feldheim: Nach 80 Jahren klingen erstmals wieder zwei Glocken im Turm

Mehrfachen Grund zum Feiern gibt es am Sonntag in der Dorfkirche zu Feldheim. Nach gut 80 Jahren erklingen im Turm des Gotteshauses dann erstmals wieder zwei Glocken. Der festliche Gottesdienst zur Weihe einer neuen Glocke markiert zugleich den Abschluss der langen Sanierungsarbeiten an der Kirche. Sie waren an dem einst vom preußischen Hofbaumeister Karl Friedrich Schinkel (1781 - 1841) um 1828/29 errichteten Bau in den zurückliegenden 30 Jahren in mehreren Abschnitten erfolgt. Immer wenn Fördergelder zur Verfügung standen, wurde ein neuer Schritt gegangen. Los ging es um 1990 mit der Sicherung des Daches. Später konnten die Fassade mit schinkel-typischem Quaderputz und umlaufendem Sims sowie die Fenster saniert werden. Schon lange unter Denkmalschutz: In dem Gotteshaus, das seit Mitte der 1960er-Jahre unter Denkmalschutz steht, sind zudem die Bänke, der Altarbereich und die Emporen saniert worden. Mit dem Projekt zur autarken Versorgung des gesamten Dorfes mit Wärme und Strom aus örtlichen Quellen erhielt die Kirche – erstmals überhaupt in ihrer Geschichte – im Jahr 2010 einen Stromanschluss und Sitzheizungen. Heute läuft auch der Motor für den Blasebalg der Orgel elektrisch. Dass dieses Instrument überhaupt wieder erklingen kann, ist ebenfalls einem Förderprogramm und der Initiative des Kirchenrates zu danken. In den 60er-Jahren ist die Orgel außer Betrieb genommen worden, weil sie schlecht klang und nicht zu reparieren war. Um 2010 gelang es Experten dann doch. So konnte nach 50 Jahren das Harmonium endlich wieder abgelöst werden. Für das Glockenprojekt flossen gut 18.000 Euro aus der Stiftung Energiequelle. Mehr als 8000 Euro kamen vom Kirchenkreis Wittenberg, zu dem Feldheim gehört. Den Rest zu Gesamtsumme von 28.200 Euro brachte die Gemeinde selbst auf. Sie hatte für die diversen Schritte zur Kirchensanierung mitunter auch Spenden von Bürgern erhalten. Gegossen wurde die neue Bronzeglocke, die 60 Zentimeter Durchmesser hat und 120 Kilogramm wiegt, am 25. September in Deutschlands kleinster Glockengießerei in Brockscheid bei Trier. Läuten werden beide Glocken – angetrieben über einen Elektromotor – künftig täglich um 8 Uhr, 12 Uhr und 18 Uhr. „Wir hätte nie gedacht, dass wir uns nun als kleine Gemeinde auch wieder zwei Glocken leisten können“, sagt Joachim Schmidt, der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates. Gemeinsam mit Pfarrerin Ute Schollmeyer hat der Feldheimer das Projekt in den zurückliegende fünf Jahren Schritt für Schritt über mehrere Hürden zum Erfolg geführt. Finanzspritze aus Windkraft-Erlösen: Mit der Feldheimer Stiftung Energiequelle, die Erträge aus dem Windparkprojekt im energieautarken Dorf regelmäßig für verschiedene Zwecke im Ort ausschüttet, war der Grundstein für eine Finanzierung gelegt. Diese hätte sich die Gemeinde allein nie leisten können. Gut 28.000 Euro flossen in den Guss der neuen Bronzeglocke sowie den Umbau des Glockenstuhles. Er erhielt auf Empfehlung eines Glockenexperten nun auch ein Holzjoch. Die vorher gekröpfte Variante aus Eisen erwies sich als ungünstig. Glocke schwingt nun ganz anders: „Ich hätte nie gedacht, welchen Unterschied das beim Klang ausmacht, wenn die Glocke nun ganz anders schwingt“, erzählt Joachim Schmidt. „Am Computer konnten wir uns das vorab schon in einer Simulation anhören, das war interessant und spannend.“ Insgesamt hat die für die Fläming-Region besondere Schinkel-Kirche zu Feldheim eine spannende Historie. Ihr Vorgänger war in den Wirren der Napoleonischen Kriege, als französische Truppen bei Feldheim lagerten und das Dorf noch zu Sachsen gehörte, als Lager und Pferdestall genutzt worden. Wie das Dorf auch, fiel die Kirche beim Abzug der unterlegenen Truppen dann um 1814 einer Verwüstung und einem Brand zum Opfer. Wiederaufbau der Kirche dauerte lange: „Immer wieder scheiterten ab 1815 Anträge zum Wiederaufbau der Kirche an das Regierungspräsidium in Merseburg“, erzählt Joachim Schmidt nach Sichtung alter Unterlagen. Erst 1828, nun schon unter preußischer Regierung, gab es Holz vom Gut in Kropstädt. Gebaut wurde die neue Kirche nach dem kleinsten von vier Einheits-Typen, die Schinkel entworfen hatte für das ganze Land. Allerdings fehlten da noch die Bestuhlung sowie Glocken und Orgel. „So standen die Männer lange Jahre beim Gottesdienst und die Frauen saßen auf Holzklötzen“, erzählt Joachim Schmidt aus Überlieferungen. Erst 1877 stifteten Bauern des Dorfes Geld für den Innenausbau. 1865 waren schon zwei Glocken eingebaut worden. „Allerdings ohne Turm und einfach nur in den Dachboden montiert“, sagt Schmidt. Festakt unter Corona-Auflagen: Weil der Glockenklang aber so kaum zu hören war, wurde der Ruf nach einem Turm immer lauter. Auch dieser ließ jedoch auf sich warten. Erst 1934 wurde er achteckig und freistehend auf dem Dachboden mitten in das Kirchendach gesetzt. Eine der beiden Feldheimer Glocken fiel immer wieder Kriegswirren zum Opfer. Um 1917, im Ersten Weltkrieg, war sie eingeschmolzen worden. Die 1934 geweihte Nachfolgerin erfuhr vor Ende des Zweiten Weltkrieges um 1944 herum das gleiche Schicksal. „Darum sind wir so froh, dass wir fast 80 Jahre später nun endlich wieder zwei Glocken im Turm haben“, sagt Kirchenrat Joachim Schmidt. Der Festgottesdienst am Sonntag, ab 10 Uhr, findet unter Abstands-Regeln zur Corona-Vorsorge statt. „Weil wir in den Bänken und auf der Empore Reihen frei lassen, haben wir auch eine Übertragung mit Lautsprechern nach draußen und Sitzplätze auch im Freien vorbereitet“, sagt Joachim Schmidt. Von Thomas Wachs