Lebensretter: Ein Tag auf der Rettungswache in Treuenbrietzen

Alarm für den Johanniter-Rettungsdienst: Die Leitstelle in Brandenburg an der Havel meldet eine bewusstlose, vermutlich leblose Person im Treuenbrietzener Stadtgebiet. Die Meldeempfänger von René Ranneberg und Manuel Rohde piepsen unüberhörbar. Es ist ihr erster Einsatz an diesem Tag. Von null auf hundert einsatzbereit: Von null auf hundert sind sie einsatzbereit, egal ob sie gerade frühstücken, die Rettungswache reinigen oder nachts schlafen. Es dauert keine Minute, bis sie mit Blaulicht und Martinshorn davonfahren. Florian Horning holt noch schnell mit dem Notarztwagen im benachbarten Klinikum die Notärztin ab, bevor auch er zur Einsatzstelle aufbricht. Die MAZ darf für einen Tag die Mitarbeiter der Rettungswache in Treuenbrietzen begleiten. Am frühen Morgen um 7 Uhr beginnt ihre 24-Stunden-Schicht. Am Tag zuvor war einiges los. Die Kollegen fuhren fünf Einsätze, wie sie bei der morgendlichen Übergabe berichten. Sie geben Funkmelder und Telefone an ihre Nachfolger weiter. Patient verstirbt in der Nacht: Schon kann der erste Einsatz kommen und der lässt auch nicht lange auf sich warten. Das Team war gerade dabei, so wie jeden Morgen, die gesamte Beladung der Einsatzfahrzeuge zu überprüfen, als es einen Alarm gab. Der dauerte keine Stunde. Diesen Patienten konnten sie nicht mehr helfen. Auch das gehört dazu. „Er verstarb wohl schon in der Nacht“, sagt Manuel Rohde. Schnell können solche Einsätze aber auch mal länger als zwei Stunden dauern. „Es gibt Einsätze, die sich einbrennen, vor allem mit Kindern.“ Hier war der Mann schon älter und hatte Vorerkrankungen. Dennoch redet das Team vom Rettungsdienst viel über das Erlebte. Der Tod gehöre aber nun mal dazu. „Man darf es nicht zu nah an sich heranlassen.“ Jeder Mitarbeiter gehe hier anders damit um. Nicht direkt in die Augen sehen: Manuel Rohde versucht den verstorbenen Menschen nicht direkt in die Augen zu schauen und sich auch nur das anzusehen, was er wirklich sehen muss. Außerdem macht er das Fenster auf, damit die Seele nach draußen kann. Er bleibt nicht länger als nötig im Raum. In diesem Fall haben Rohde und sein Teamkollege noch die Herzfrequenz gemessen. Die Notärztin stellte den Totenschein aus. Oft muss sich der Rettungsdienst auch um die Angehörigen kümmern. „Im ersten Moment haben sie viel Arbeit. Der kritischste Moment ist zwischen Rettungsdienst und Bestatter, wenn sie allein zu Hause sind“, erzählt Manuel Rohde. Der Rettungsdienst kann in bestimmten Fällen geschulte Notfallsanitäter anfordern, die sich um die Hinterbliebenen kümmern. Zwischen 60 und 70 Medikamente: Weiter geht es mit der routinierten Arbeit auf der Rettungswache. Jeden Tag stehen wichtige Aufgaben an. „Wir führen zwischen 60 und 70 unterschiedliche Medikamente mit“, sagt Florian Horning. Der Notfallsanitäter kontrolliert akribisch alle Taschen und Geräte – vom Defibrillator bis hin zum Beatmungsgerät. „Das kann schnell eineinhalb Stunden in Anspruch nehmen.“ Im Gegensatz zum Rettungswagen rückt der Notarztwagen nie alleine aus. Sein Einsatzgebiet überschneidet sich mit Niemegk und Brück. Ansonsten bilden die Landesgrenze im Süden, die Kreisgrenze im Westen, Buchholz im Norden und Bad Belzig im Westen in der Regel die allgemeinen Grenzen. Wie viele Einsätze es am Tag geben wird, weiß vorher niemand so genau. Zwischen drei und sechs Einsätze: Die Johanniter teilt sich in Potsdam-Mittelmark die Rettungswachen mit dem Deutschen Roten Kreuz und Promedica. „Dabei darf es nicht länger als 15 Minuten dauern, bis wir an der Einsatzstelle sind“, sagt Ronny Olejniuk, Leiter der Rettungswache in Treuenbrietzen. Täglich gibt es durchschnittlich zwischen fünf und sechs Einsätze, manchmal aber auch gar keinen. Derzeit arbeiten 16 Mitarbeiter auf der Rettungswache in Treuenbrietzen. Etwa zehn Dienste leistet jeder einzelne im Monat. Für jeweils 24 Stunden leben sie auf engstem Raum zusammen. Sie essen gemeinsam, schauen Fernsehen oder ziehen sich in ihren Ruheraum zurück. Langweilig wird es aber nur selten, wie Manuel Rohde erzählt. Zu den täglichen Aufgaben gehören nämlich auch das Putzen, E-Mails beantworten oder die Wäsche sortieren. Ein Beruf nah den Menschen: Ihr Job ist ein Spagat zwischen Familie und Beruf und doch so wichtig. „Es geht um Menschenleben. Das darf man nie vergessen“, sagt René Ranneberg. Rettungs- und Notfallsanitäter sind ein harter Beruf, mit viel Abwechslung und nah an den Menschen. Es ist schon was Besonderes. „Man darf nie mit leerem Magen mit der Schicht anfangen“, so Manuel Rohde. „Man weiß nie was der Tag bringt.“ Rettungssanitäter sind für den Rettungsdienst und Krankentransport ausgebildete Personen. In der dreimonatigen Ausbildung werden die Grundlagen der Notfallmedizin und Techniken der Rettung schwer verletzter oder erkrankter Personen erlernt. Notfallsanitäter ist die höchste nicht akademische medizinische Qualifikation im Rettungsdienst. Die Ausbildung dauert im Schnitt drei Jahre. Der Rettungsassistent war in Deutschland der erste staatlich anerkannte Beruf im Rettungsdienst. Er wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2014 durch den Notfallsanitäter abgelöst. Die Ausbildung dauerte im Schnitt zwei Jahre. Die Nähe zu den Menschen hat aber auch seine Schattenseiten, gerade jetzt in der Corona-Pandemie. Die Mitarbeiter vom Rettungsdienst müssen sich schützen. In den letzten Wochen war es nicht immer einfach die dafür benötigte Ausrüstung zu bestellen. „Das war für uns eine große Herausforderung. Momentan bekommen wir aber alles gut hin“, sagt Ronny Olejniuk. Drei Einsätze in der Schicht: Im Einsatz gibt es für die Sanitäter weiterhin eine Maskenpflicht. Regelmäßig hat der Rettungsdienst mit Corona-Verdachtsfällen zu tun. Noch öfter ist das beim Krankentransport der Fall. Unabhängig davon bleiben Manuel Rohde und René Ranneberg und ihr Team vorsichtig. Sie fragen lieber einmal mehr nach typischen Symptomen und desinfizieren nach jedem Einsatz Hände und Geräte. An diesem Tag waren sie insgesamt zu drei Notfällen gefordert. Lesen Sie auch Johanniter-Unfall-Hilfe unterzeichnet Verträge für Kita und Hort in Niemegk und Schlalach Weite Wege für Beritschaftsärzte und Patienten im Hohen Fläming Potsdam-Mittelmark plant neue Rettungswache im Raum Wusterwitz Von Marcus J. Pfeiffer