Wegen Kurzarbeit: Evangelische Kirchengemeinden in Finanznöten

Das Geld der evangelischen Kirchen in Potsdam-Mittelmark wird knapp. „Wir stellen uns auf Kürzungen ein“, bestätigt Matthias Stephan der MAZ. Der stellvertretende Superintendent im Evangelischen Kirchenkreis Mittelmark-Brandenburg hofft, dass die Finanznot nicht all zu drastisch wird. Kirchensteuer ist gesunken: Stephan geht davon aus, dass die Einschnitte erst im nächsten Jahr richtig zu spüren sein werden. Ein Hauptgrund ist die gesunkene Kirchensteuer. Die Corona-Pandemie hat viele Beschäftigte in die Kurzarbeit geschickt. Die Umsätze sind in vielen Branchen gesunken. Geringere Einkommen bedeuten auch, dass weniger Steuer für die Kirche gezahlt werden muss. Während die Evangelische Kirche Berlin, Brandenburg und schlesische Oberlausitz von rund 20 bis 35 Millionen Euro geringeren Kirchensteuereinnahmen in diesem Jahr ausgeht, ist das katholische Erzbistum noch nicht zu einer Einschätzung in der Lage, wie die Deutsche Presse Agentur berichtete. Man habe jetzt begonnen, den Haushalt für das kommende Jahr aufzustellen. Bislang keine Haushaltssperre: Das Erzbistum verfahre jedoch ohnehin schon seit Jahren bei seiner Haushaltsaufstellung sehr vorsichtig und „mit Augenmaß“. Maßnahmen wie beispielsweise eine Haushaltssperre, um mögliche Ausfälle bei den Kirchensteuern aufzufangen, seien im Erzbistum Berlin bislang nicht ergriffen worden. Ähnlich sieht es im Evangelischen Kirchenkreis Mittelmark-Brandenburg aus. Die Kirchensteuer in Deutschland ist die wichtigste Finanzquelle der Kirchen. Sie soll die kirchlichen Aufgaben wie Seelsorge, Bildung und Sozialwesen ermöglichen. Das Recht der Kirchen eine solche Steuer zu erheben, ist in der Verfassung verankert. Die Höhe der Kirchensteuer bemisst sich an der Einkommenssteuer. In den meisten Bundesländern beträgt der Kirchensteuersatz neun Prozent. Ausnahmen sind Bayern und Baden-Württemberg mit acht Prozent. Eingezogen wird die Kirchensteuer von den Finanzämtern der jeweiligen Länder, ausgenommen Bayern. Der Staat erhält in der Regel selbst drei Prozent der eingezogenen Summe. Im Jahr 2018 nahm die Katholische Kirche so 6,64 Milliarden Euro von ihren Mitgliedern ein, bei der Evangelischen Kirche waren es 5,79 Milliarden Euro. Bis 2060 sollen die Erträge aus der Kirchensteuer um die Hälfte sinken. Aufgrund der Corona-Pandemie rechnen die Kirchen in diesem Jahr mit einem Minus von 20 Prozent. „Unsere Kirchen sind in einem sehr guten Zustand. Größere Bauvorhaben stünden ohnehin nicht an“, sagt Matthias Stephan. Die Investitionen der vergangenen Jahre machten sich demnach jetzt bezahlt. Dennoch gibt es große und kleine Visionen für die Zukunft: Ein Kirchenkreiszentrum in Lehnin, die Restaurierung der Dorfkirche in Kuhlowitz und ein Umbau der Marienkirche in Bad Belzig stehen auf dem Plan. Kleine und große Visionen: Noch sei keines dieser Projekte gestoppt. Das hänge nämlich nicht nur von der Kirchensteuer ab, sondern von vielen Faktoren, darunter auch Fördergelder. „Uns ist bewusst, dass auch die knapp werden können“, sagt Stephan. Deshalb werde regelmäßig über das weitere Vorgehen gesprochen. Die nächste Kreissynode findet in drei Wochen statt. Neben der Kirchensteuer spielen auch die ausgefallenen Gottesdienste eine große Rolle. Jeden Sonntag nimmt die Evangelischen Landeskirche Berlin, Brandenburg und schlesische Oberlausitz schätzungsweise bis zu 30.000 Euro als Kollekte ein. Doch auch sie fiel weg. „Sie geht zu 100 Prozent an die Kirchengemeinde, hat aber eher einen ideellen als materiellen Wert“, so Matthias Stephan. Spenden schon immer wichtig: Wie wichtig Spenden für die Kirchen sind, zeigt das Beispiel der Orgel in Wiesenburg. Die letzten beiden trockenen Sommer haben dem 265 Jahren alten Musikinstrument stark zugesetzt. Das hat eine Reparatur an den Windladen und eine umfassende Neustimmung dringend notwendig gemacht – finanziert durch Spenden und einem großen Benefizkonzert. „Spenden waren für uns schon immer sehr wichtig und werden es wohl auch immer mehr“, sagt Pfarrer Stephan Schönfeld aus Wiesenburg. Das Engagement habe sich durch die Corona-Pandemie nicht groß verändert. Man überlege aber auch weiterhin genau, wofür man das Geld ausgibt. Die Orgel der Wiesenburger Marienkirche klingt jetzt so, wie sie seit einigen Jahren nicht mehr zu hören war. Orgelkonzert in Wiesenburg: Diesen glücklichen Umstand nimmt die evangelische Kirchengemeinde in Wiesenburg zum Anlass, das Instrument ausführlich und in all seinen unterschiedlichen Klangfarben am Samstag, 1. August, um 16 Uhr bei einem Orgelkonzert zu Gehör zu bringen. Dazu konnte der bekannte Organist und Hochschullehrer Klaus Eichhorn aus Berlin gewonnen werden. Von Marcus J. Pfeiffer