Deswegen funktioniert die Toilette am Bahnhof seit über einem Jahr nicht

Seit Ende 2018 müssen die Werderaner und ihre Besucher auf die Toilette am Bahnhof verzichten. Denn seitdem ist sie nach Aussage der Verwaltung defekt. Und verfällt zusehends. Doch nicht der kümmerliche Zustand des futuristisch anmutenden Häuschens lenkt die Aufmerksamkeit der Vorbeilaufenden auf das WC. Es sind zwei Schilder, die die Stadtverwaltung links und rechts neben der Tür angebracht hat. Auf beiden steht derselbe Text: „Außer Betrieb. Die Firma Wall liefert uns leider keine Ersatzteile mehr. Bitte wenden Sie sich an die Firma Wall und die DB Service.“ Es ist ein Vermerk, der wie ein Vorwurf klingt. Hinter ihm steckt eine Geschichte, die die Bewohner und Besucher der Stadt seit einem Jahr um die Möglichkeit bringt, sich am Bahnhof zu erleichtern. Es begann vor mehr als 20 Jahren. Damals schlossen die Firma Wall, die Werbeflächen vermarktet und Stadtmöbel produziert und betreibt, der Deutschen Bahn sowie der Stadt Werder einen Vertrag zum Bau und Betrieb einer Toilette am Bahnhof. Die Deutsche Bahn erteilte den Auftrag und blieb Eigentümer des kleinen Häuschens. Wall war für den Betrieb verantwortlich. Die Stadt finanzierte diesen Aufwand. „Dieser Vertrag hat viele Jahre gut funktioniert“, sagt Henry Klix, Stadtsprecher von Werder. Betreiberfirma Wall kündigt Vertrag mit Stadt: Bis zum 31. Oktober 2018. Wall kündigte den Vertrag. Zuvor war das WC immer mal wieder defekt. Doch nun erklärte Wall: Wir können keine Ersatzteile mehr liefern. Die Toilette fiel damit laut Vertrag in die Verantwortung der Deutschen Bahn. Die Stadtverwaltung bemühte sich deshalb um einen Ansprechpartner dort. Den suchte sie sehr lange. Über ein Jahr später, am 7. November 2019, standen Bahn und Stadt in Kontakt. Wiederum über einen Monat später, am 12. Dezember, erteilte die Bahn der Stadt eine Genehmigung zum Rückbau ihrer Toilette und gab damit das Eigentum ab. Die Verwaltung bemühte sich um die Reparatur durch eine andere Firma. Doch auch die brauchte Ersatzteile, die nicht zu kriegen waren. Deswegen hat die Verwaltung nun lediglich eine Option: „Die Stadt beabsichtigt, die Wall-Toilette zurückzubauen und mit einem neuen Partner eine Vandalismus hemmende, behindertengerechte und teilweise selbstreinigende neue Toilette errichten zu lassen“, erläutert Henry Klix. „Dazu sind im Doppelhaushalt 2020/2021 die entsprechenden Weichen zu stellen.“ Ingo Krüger: „Blanker Hohn“: Einer, der die unendliche Geschichte der Bahnhofstoilette sehr gut kennt, ist der Stadtverordnete Ingo Krüger (Stadtmitgestalter/Ingo Krüger). Er wirft der Verwaltung vor, sich trotz gegensätzlicher Behauptungen lange nicht um die Toilette gekümmert zu haben. Deswegen wurde er selbst aktiv. Er befolgte den Rat der Toiletten-Notiz und wandte sich an die Deutsche Bahn und an die Firma Wall. „Ich halte diesen Hinweis, dass die Firma Wall der Stadt keine Ersatzteile mehr liefert, für blanken Hohn.“ In der Antwort von Wall an ihn schreibt ein Mitarbeiter nämlich: „Bei Übergabe und auch im Nachgang auf Anfrage haben wir unmissverständlich mitgeteilt, dass wir über keine Ersatzteile mehr verfügen, da dieses Modell nicht mehr gefertigt wird. Im Übrigen regeln die damaligen Verträge auch nicht, dass über die Vertragslaufzeit hinaus Ersatzteile vorgehalten werden müssen.“ Ingo Krüger dazu: „Warum erwähnt die Verwaltung denn überhaupt, dass sie von Wall keine Ersatzteile bekommt, obwohl Wall seit der Übergabe an die Stadt mit dem WC nichts mehr zu tun hat?“ Verwaltung reagiert nicht auf Anfragen: Er hatte eine erste Anfrage an die Stadt, wann die Toilette wieder benutzbar sein soll, Mitte November 2019 gestellt. „Darauf hatte die Verwaltung nicht reagiert. Ich hätte aber erwartet, dass ich spätestens mit der Genehmigung der Deutschen Bahn zum Rückbau des WCs, eine Antwort der Verwaltung bekomme.“ Er halte die Toilette am Bahnhof für kein „gutes Aushängeschild für Werder bei den Touristen“, schrieb Krüger in seiner Anfrage. „Werder ist kein Dorf. Es ist eine Stadt und hat einen Bahnhof, wo täglich viele Züge halten und viele Menschen ein- und aussteigen und warten. Und wenn die Menschen dort kein funktionierendes WC vorfinden, halte ich das für ein Armutszeugnis.“ Lesen Sie dazu auch: So will Glienicke sein Problem mangelnder öffentlicher Toiletten beheben Treuenbrietzen: Wenn ein WC den Blick auf die Stadt verdirbt Brandenburg/Havel: Nur drei Toiletten für 159 Schüler Von Annika Jensen

Werder - Deswegen funktioniert die Toilette am Bahnhof seit über einem Jahr nicht