Dieser Werderaner kämpft seit 15 Jahren gegen die Kampftrinker beim Baumblütenfest

Dass das Baumblütenfest abgeschafft wird, möchte wohl niemand in Werder. Auch Hinrich Schroeder-Hohenwarth möchte das nicht. Doch der 75-Jährige kämpft seit mehr als 15 Jahren dafür, dass es nicht mehr so gefeiert wird, wie es seit der Wende der Fall ist. „Die Basis meiner Bemühung ist die Zugänglichkeit auf der Insel“, sagt der ehemalige Anwalt, der mit seiner Frau seit 1998 selbst auf der Insel wohnt. „Kein freies Plätzchen auf der Insel“: „Das Missfallen der Inselbewohner ist besonders groß, weil die Insel eng bebaut ist“, sagt Schroeder-Hohenwarth. „Die Ausweitung der Fahrgeschäfte führte dazu, dass es auf der Insel kein freies Plätzchen mehr gibt und so alle Anwohner zu unfreiwilligen Teilnehmern des Baumblütenfestes werden.“ Die Vorgabe, dass ein Krankenwagen innerhalb von 15 Minuten einen Einsatzort auf der Insel erreicht, sei wegen dieses mangelnden Platzes schlicht nicht erfüllbar, so Schroeder-Hohenwarth. Dass ihm dieser Umstand große Sorgen bereitet, liegt nicht nur an Gesprächen, die er mit anderen betroffenen Bewohnern geführt hat. „Ich kenne niemanden auf der Insel, der dem Baumblütenfest mit Freude entgegensieht“, sagt er. Nein, Schroeder-Hohenwarth hat auch einen sehr persönlichen Grund, die Verwaltung seit Jahren hartnäckig darauf hinzuweisen, dass es nicht so weitergehen kann wie bisher. „Meine Frau ist gehbehindert. Wenn es zu einem Notfall kommen sollte, kommen wir hier nicht weg.“ Schließlich bestehe für die Dauer des Festes ein Fahrverbot für Pkw auf der Insel. Einer der ersten Briefe an die Verwaltung, zu jener Zeit noch unter der Leitung von Werner Große, schickte Schroeder-Hohenwarth 2004. Damals arbeitete er noch als Anwalt. „Auch darin steht schon genau das, worum es heute geht“, erzählt er. „Dass das Konzept des Festes geändert werden muss und auch die Forderung, dass die Bewohner dazu befragt werden müssen.“ Klage über „eingeschränkte Mobilität“: 2015 strengte er ein einstweiliges Anordnungsverfahren beim Verwaltungsgericht in Potsdam an. Ziel war es, das Baumblütenfest zu untersagen – wegen Freiheitsberaubung. Schroeder-Hohenwarths Begründung war die heute noch bestehende eingeschränkte Mobilität auf der Insel. Das Verwaltungsgericht wies die Anordnung des Werderaners ab. Die Richter begründeten ihre Entscheidung unter anderem damit, dass „eine ununterbrochene Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen nicht erforderlich“ sei. Doch jederzeit mit dem eigenen Auto wegzukommen, darum ging es Schroeder-Hohenwarth gar nicht. Er wollte schlicht, dass die medizinische Notfallversorgung sichergestellt ist. „Das hat das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss nicht gesehen“, klagt er. Kein Vergleich mit dem Oktoberfest: Das Grundproblem sei, dass das Baumblütenfest in einem bewohntem Gebiet stattfindet, so Schroeder-Hohenwarth. Das sei bei anderen Volksfesten derartiger Größe anders. „Nehmen wir das Münchner Oktoberfest. Das findet auf der Theresienwiese statt. Sorgfältig abgeschirmt, so dass das Fest möglichst wenig Beeinträchtigung für die Bevölkerung bedeutet.“ Dementsprechend gab der 75-Jährige in einem frühen Brief an die Verwaltung zu Bedenken, als die Option noch bestand, das Baumblütenfest in die Havelauen zu verlegen. Dazu kam es bekanntlich nicht. Und es ist freilich zu spät dafür. Dennoch ließe sich das Fest erträglicher für die Bewohner gestalten, glaubt Schroeder-Hohenwarth. Und damit meint er nicht nur die Inselbewohner. Es geht ihm um alle Bewohner, die unter dem Fest, wie es jetzt ist, leiden. Und auch um die ansässigen Gewerbetreibenden, die zu einem großen Teil ihre Geschäfte während des Festes schließen müssen. „Die kleinen Läden erleiden doch massive Einnahmeverluste“, sagt Schroeder-Hohenwarth. Seine Idee, um das Fest erträglicher zu gestalten: Zurück zu den Ursprüngen. Die Fahrgeschäfte runter von der Insel und ein Fest für Familien und Obstbauern auf die Beine stellen. Nach der Wende hat sich das Fest stark ausgedehnt. Ohne die Bürger sei das Fest, so wie es heute gefeiert wird, allerdings auch nicht möglich gewesen, so Schroeder-Hohenwarth. „Ihre Ruhe und Leidensbereitschaft haben diese Entwicklung erst möglich gemacht.“ Dass jetzt lauter denn je über das zukünftige Konzept des Festes diskutiert werde, liege, so vermutet Schroeder-Hohenwarth, daran, dass die CDU ihre Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung nach der vergangenen Kommunalwahl einbüßen musste. Viele Jahre hat die Partei bestimmen können, wie es zur Baumblüte läuft. Schroeder-Hohenwarth bezweifelt, dass nun ernsthaft den Bewohnern zugehört werden soll – trotz angekündigtem Bürgerbeteiligungsverfahren. Auf sämtliche Vorschläge und Bedenken um die Notfallversorgung für die Anwohner in all seinen Briefen habe die Verwaltung, sowohl unter Werner Große als auch unter Manuela Saß, nicht reagiert. Warnung vor Säufern und Dealern: Auch für seinen kürzlich verschickten Brief hat der 75-Jährige keine großen Hoffnungen. Darin stellt er die Frage, ob sich die Stadt wirklich mit einem Fest identifizieren möchte, das „glänzende Bedingungen für Kampftrinker und gewerbsmäßige Drogendealer“ bietet. Zudem stimmt ihn die Ankündigung der Verwaltung für eine Einwohnerversammlung pessimistisch. „Es wurden nie offizielle Einladungen verschickt. Die Bewohner haben von der Versammlung nur über die Presse erfahren“, sagt er. „Ich würde mir aber wünschen, dass wir direkt angesprochen werden. So hat man doch wieder nur das Gefühl, die Verwaltung redet nicht mit uns Bürgern.“ Lesen Sie dazu auch: Baumblütenfest: 2021 soll es weitergehen Keine Festvergabe: Veranstalter kritisiert die Stadt Werder Von Annika Jensen

Erleichtert über Absage - Dieser Werderaner kämpft seit 15 Jahren gegen die Kampftrinker beim Baumblütenfest