Havel Therme Werder: Test-Baden vor der Bad Eröffnung: Schwimmen, Sauna, Wellness, Rutsche

Sie sieht harmlos aus, aber sie hat es in sich. Drei Meter hoch und zwei Meter breit ist die fast kleinste Rutsche in Werders Havel-Therme. Minimalistischer ist nur die Elefantenrutsche im Kleinkindbecken nebenan. Über rauschendes Wasser und zwei Wellen, wobei erst die zweite richtig Geschwindigkeit gibt, düst man die Breitrutsche haltlos hinab und landet überraschend schnell mit ordentlich Wasser im Gesicht im Auffangbecken. Unser Fazit: Das macht auch Erwachsenen Spaß! MAZ durfte exklusiv anbaden und testen: Wer es aufregender mag, steigt in den nach der Havel benannten, 38 Meter langen Wildbach. Für ihn wurde eigens ein kleines Strömungsmodell gebaut, wie Thermen-Chef Andreas Schauer erzählt. „Eigentlich lebt so eine Rutsche ja vom Gefälle, bei der hier ist es der Wasserdruck“, sagt er. Anfangs geht es ohne Sicht durch eine Kurve direkt in ein breites tiefes Becken. Von dort aus schlängelt sich der Bach weiter und gibt zum Ende hin immer mehr Tempo. Zwei Millionen Liter Wasser strömen stündlich durch den Kanal. Ein Vorteil gegenüber der Röhren- und Reifenrutsche: Es gibt kein Ampelsystem, wodurch über 1000 Rutschvorgänge pro Stunde im Wildbach möglich sind. Im Moment ist das alles noch Theorie, denn die Havel-Therme durfte coronabedingt noch immer nicht eröffnen. Andreas Schauer hat die MAZ exklusiv für einen Test in die heiligen Hallen gelassen. Wir wollten wissen: Wie schwimmt, schwitzt, isst und trinkt es sich in dem neuen Bad am Zernsee? Eröffnung nach Ostern wahrscheinlich: Zugegeben: Es ist schon ein sehr besonderes Gefühl, den Fuß in das Thermenbecken zu tauchen. Als sich Andreas Schauer vor zweieinhalb Jahren als Bestbieter im Vergabeverfahren um das zuvor gescheiterte Bauprojekt vorgestellt hatte, saßen wir im gleichen Raum an einer grau-verputzten Wand. An Schwimmen oder Entspannen war in dem Rohbau damals nicht mal ansatzweise zu denken. Das, was er über die Pläne für die Zukunft der damals trostlosen Therme an diesem heißen Juni-Tag erzählt hatte, überstieg meine Vorstellungskraft. Heute plätschert hier das Wasser in die Rinnen, zaubern kunstvolle Leuchten aus Marokko Gemütlichkeit und reicht der Barkeeper Getränke in den Pool. Immer wieder lockt der einmalige Blick in die Weite auf den Zernsee. „Wahrscheinlich können wir nach Ostern eröffnen“, sagt Andreas Schauer. Die Therme werde voraussichtlich eine der letzten Freizeiteinrichtungen sein, die wieder Gäste empfangen dürfen, wenn der Corona-Inzidenzwert die Zielmarke 35 erreicht und unterschritten hat. Piniensauna mit Kaminfeuer: Sich in einer Badehalle zu infizieren, sei wesentlich unwahrscheinlicher als in einem Supermarkt oder beim Friseur. „Bei uns wird vier- bis achtmal mehr pro Stunde die Luft ausgetauscht als es für diese Räume vorgeschrieben ist. Von unten blasen wir frische Luft ein und saugen sie oben wieder ab, um die Halle zu entfeuchten. Sonst wären die Glasscheiben ständig beschlagen“, erklärt Andreas Schauer. In einer über 70 Grad heißen Sauna würde sich das Virus ohnehin schnell verabschieden. Nach drei Runden Schwimmen im mit Sanftsole gefüllten, 34 Grad warmen Becken geht es kurz raus in die Kälte, um in den Genuss der warmen Piniensauna zu kommen. Es riecht nach geöltem Holz, das Licht ist gedimmt und in der Mitte knistert ein kleines Feuer. Sie ist eine von 13 Saunen und Dampfbädern der Havel-Therme – jede hat ihr eigenes Motto. Wie lange ein Saunagang dauert, bestimme übrigens gerade bei Anfängern nicht die Sanduhr. „In der Sauna bekommen die Leute ein Körpergefühl, was viele ja verloren haben. Sie kommen also rein, die Wärme lässt den Puls zunächst steigen bis sie sich irgendwann entspannen. Sobald Blutdruck und Puls dann merklich in die Höhe gehen, sollten die Gäste lieber rausgehen. Das ist ganz individuell“, erklärt er. Der eigentliche Effekt des Saunierens liege ja ohnehin in der Abkühlphase. Sauna gebaut wie ein Theater: Saunameister und Leiter der Gästebetreuung, Aljoscha Burkhardt, stimmt zu und ergänzt: „Das ist wie beim Lauftraining.“ Der 35-Jährige verwöhnt die Gäste mit speziellen Aufgüssen und soll sie in der Event-Sauna zusätzlich ins Schwitzen bringen. Hinein geht es hier wie in ein Theater. Ausgestattet ist die achteckig gebaute Sauna mit Musikanlage, Nebelmaschine und sich bewegenden Lichtern. Glockentöne schallen laut durch den Raum und wir suchen uns schnell einen guten Platz auf der Tribüne. Aljoscha Burkhardt kehrt mit einem Handtuch bekleidet zurück und hält ein weiteres in den Händen. Die AC/DC-Klänge zu „Hells Bells“ nehmen Fahrt auf und der Saunameister wirbelt das Handtuch durch die Luft, bringt es förmlich über sich zum Stehen und fächert uns heiße Luft zu. Aufguss-Meisterschaften in der Therme: „Wir werden 2023 die Deutsche Aufgussmeisterschaften bei uns austragen“, sagt Andreas Schauer und blickt zufrieden auf das Schauspiel. Dabei treten Saunameister aus der ganzen Republik gegeneinander an – mit dem Ziel, ein unvergleichliches Schwitz-Erlebnis zu kreieren. Wer den rockigen Sound nicht mag, kann es übrigens auch ruhiger und besinnlicher zum Beispiel in Form von Duftreisen mit ätherischen Ölen und Klängen aus fernen Ländern haben. Die Themen der Aufgüsse werden den Gäste vorab angekündigt. Lesen Sie auch Vom Geisterbad zur Havel-Therme: Ein Besuch auf der Baustelle kurz vor der Fertigstellung Hitzige Debatte in der Therme: Badausschuss stimmt mehrheitlich für Corona-Hilfe Was wird neben die Havel-Therme in Werder gebaut Nach 15 Minuten Handtuch-Wirbeln kommt auch Aljoscha Burkhardt ins Schwitzen. „Wir haben vier bis acht Aufgüsse in einer Schicht, aber es gibt auch ruhigere und körperlich weniger anstrengende, etwa, wenn die Gäste nur ein Getränk wünschen, erzählt er. Insgesamt sind in der Havel-Therme 15 Saunameister beschäftigt. Entspannen können sich die Gäste nach dem Showaufguss in der oberen Etage der Event-Sauna bei einem Kaminfeuer, Snack, dem Blick auf das Wasser des Zernsees und wieder viel Gemütlichkeit. Liebe zum Detail: Badespaß und Schwitzen machen natürlich hungrig und durstig. Proben konnten die Köche schon während der Baustellen-Zeit, als sie die Arbeiter mittags und abends mit Essen versorgten. Bei uns kamen ein Steak mit Kartoffelspalten und ein Vital Salat mit Hähnchen auf den Tisch – und zwar so überzeugend, dass wir allein dafür zurückkommen würden. Wir halten fest: Es ist gemütlich, die Therme lebt von der Liebe zum Detail, nichts wird hier dem Zufall überlassen. Um das ganze Wellness-Programm mit Hamam und Massagen auszuprobieren, braucht es aber sicherlich mehr als einen Tag. Sobald die Corona-Lage den Betrieb erlaubt, wird die Havel-Therme täglich zwischen 9 und 24 Uhr geöffnet sein – freitags und samstags sogar bis 2 Uhr nachts. Der große Familienbereich neben dem Sportbecken mit zwei Sprungtürmen kam erst später hinzu. Geplant ist außerdem noch ein Sauna-Steg. Andreas Schauer hat seine Firma „Schauer & Co.“ 2007 gegründet. Seitdem baut und betreibt das Unternehmen Thermen in Deutschland und der Schweiz. Dazu zählen das Aquabasilea bei Basel, das Liquidrom in Berlin, das Solymar in Bad Mergentheim und die Saarland-Therme in Saarbrücken. Was kostet der Spaß? Für einen Tag Therme und Sauna zahlen Erwachsene in Werder 35 Euro, am Wochenende 2,50 Euro mehr. In der Belziger Steintherme kostet ein Tagesticket für Bade- und Saunawelt im Vergleich 31 Euro, in der Kristalltherme Ludwigsfelde kommt man auf 34,5o Euro. Wer am Wochenende mit Kind und Kegel im Sport- und Familienbad der Havel-Therme planschen will, zahlt für den ganzen Tag als Erwachsener 7,50 Euro und ermäßigt für pro Kind 6,50 Euro. Der Thermen-Tarif kann auch ohne Sauna gebucht werden und zudem sind 11er-Karten im Angebot. Von Luise Fröhlich